Rn 1

Die §§ 315 bis 319 setzen voraus, dass einer Vertragspartei (§§ 315, 316) oder einem Dritten (§§ 317 bis 319) vertraglich ein Recht zur Leistungsbestimmung eingeräumt worden ist. Das liegt nicht schon dann vor, wenn Einzelheiten der geschuldeten Leistung im Vertrag nicht geregelt sind, vielmehr kommen dann vorrangig und in der Praxis wohl überwiegend die folgenden Möglichkeiten in Betracht (vgl BGHZ 167, 139 für den Werkvertrag):

 

Rn 2

Die Parteien verlassen sich hinsichtlich der von ihnen nicht geregelten Punkte auf die gesetzliche Regelung. Das betrifft etwa Vorschriften über das Entgelt (wie §§ 612 II, 632 II, 653 II BGB, 354 II HGB), über Leistungszeit und -ort (§§ 269, 270) oder die Folgen von Leistungsstörungen. Dann gelten diese Vorschriften (s BGHZ 204, 172 Rz 20 zu § 153 VVG).

 

Rn 3

Lücken im Vertrag können oft durch (ergänzende) Auslegung geschlossen werden; diese hat Vorrang ggü den §§ 315 ff (stRspr, BGHZ 185, 166 mwN; BGH NJW 19, 2298; NJW-RR 20, 851 Rz 23). So kann bei üblicherweise entgeltlichen Alltagsgeschäften nach der Verkehrssitte davon ausgegangen werden, das Geschäft solle zu dem vom Anbieter auch sonst geforderten Preis gelten (s zur Gewerberaummiete BGH ZMR 15, 379 Rz 8). Zur Entgeltklausel in Sparkassen-AGB BGHZ 180, 257; zu Zinsänderungsklauseln BGHZ 185, 166. Die ergänzende Vertragsauslegung kann aber auch ergeben, dass einer Partei ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 zusteht (BGH WM 08, 1886, 1887 f; NJW 10, 1956 zur nachträglichen Bestimmung der Geltungsdauer von Telefonkarten). Bei Energielieferungsverträgen wird dies zugunsten des Versorgers nur unter engen Voraussetzungen angenommen (BGH NJW 14, 1877: Stromlieferungsvertrag). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt auch dann in Betracht, wenn das vertraglich vereinbarte Leistungsbestimmungsrecht unwirksam ist (BGH ZIP 15, 2226 Rz 66 ff; s § 315 Rn 7).

 

Rn 4

Möglich ist weiter, dass die Parteien einen für regelungsbedürftig gehaltenen Punkt versehentlich offen gelassen haben. Dann ist, wenn ergänzende Auslegung nicht hilft, der Vertrag nach § 154 im Zweifel nicht geschlossen. So können sich die Parteien konkludent darauf geeinigt haben, dass dem einen Teil ein Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich des Inhalts der Leistungspflichten zusteht (BGH MDR 15, 643 [BGH 23.04.2015 - VII ZR 131/13]).

 

Rn 5

Wenn nur zwischen wenigen Alternativen zu wählen ist, wird regelmäßig eine Wahlschuld nach den §§ 262 f vorliegen.

 

Rn 6

Auf untergeordnete Modalitäten der Leistung sind die §§ 315 ff idR unanwendbar (zB für die Stunde der Leistung, vgl MüKo/Würdinger § 315 Rz 35). Insoweit ist also der Schuldner frei.

 

Rn 7

Beim Bestimmungskauf nach § 375 HGB ist der Käufer zur Bestimmung nicht bloß berechtigt, sondern auch verpflichtet.

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