a) Grundsatz.
Rn 17
Die WEigtümer können eine Vereinbarung durch eine andere (BGH ZMR 18, 681 Rz 13), nicht aber durch einen Beschl ändern (BGH NZM 09, 866 Rz 7; BGHZ 145, 158 = ZMR 00, 771); etwas anderes gilt im Falle einer Öffnungsklausel (§ 23 Rn 1) und nach §§ 12 IV 1, 16 II 2. Der Beschl, der auf einer vereinbarten Öffnungsklausel beruht, muss für die Bindung eines Sondernachfolgers nach § 5 IV 1 Fall 2 eingetragen werden. Der teilende Eigentümer kann eine Vereinbarung durch eine weitere einseitige Verfügung und deren Eintragung in das Grundbuch ändern, solange er noch Eigentümer aller Wohnungseigentumsrechte ist und für einen Erwerber nicht die Voraussetzungen des § 8 III gegeben sind (vgl BGH ZMR 18, 681 Rz 13; NZM 17, 607 Rz 14).
b) Vollmachten.
Rn 18
Die WEigtümer können einem Einzelnen, idR dem Bauträger (BGH NJW 20, 610 [BGH 20.09.2019 - V ZR 218/18] Rz 29), aber auch einem WEigtümer, dessen Wohnungseigentumsrecht ein SNR zugewiesen ist, das Recht einräumen, Vereinbarungen zu ändern. Diese Vollmacht kann Teil der Gemeinschaftsordnung und verdinglicht sein (§ 8 Rn 7). Ist sie eine Klausel im Bauträgervertrag, ist sie nach §§ 307 I, 308 Nr 4 BGB unwirksam, wenn: dem Besteller nach ihr zusätzliche Verpflichtungen auferlegt werden können, SNRe geändert werden dürfen oder der Gebrauch des gemE mehr als unwesentlich beeinträchtigt werden darf. Außerdem soll eine Überwachung durch den Notar vorgesehen werden müssen (BGH NJW 20, 610 [BGH 20.09.2019 - V ZR 218/18] Rz 29). Es hat sich noch keine einheitliche Linie zu den an einen triftigen Grund zu stellenden Anforderungen für eine Änderungsvollmacht gebildet (vgl. Riecke/Schmid/Riecke/Vogel, WEG, 5. Aufl., Anhang zu § 8 Rz 26).
c) Erzwingung (§ 10 II).
aa) Vorrang der Auslegung.
Rn 19
Eine (ggf ergänzende) Auslegung (allg § 157 BGB Rn 15 ff) hat nach hM Vorrang vor einer Anpassung gem § 10 II (BGH ZMR 19, 518 Rz 8; NZM 16, 727 Rz 18).
bb) Anwendungsbereich.
Rn 20
§ 10 II bezweckt es, unbillige Härten zu beseitigen (BGH ZMR 18, 242 Rz 11; ZMR 16, 713 Rz 11). Nach § 10 II kann verlangt werden: eine vom Gesetz abweichende schuldrechtliche Vereinbarung oder die Anpassung einer bestehenden schuldrechtlichen Vereinbarung (BGH ZMR 12, 793 Rz 8), als Ultima Ratio auch die Änderung oder Aufhebung eines SNRs (BGH ZMR 19, 518 Rz 11; 18, 681 Rz 16), bspw., wenn die entsprechende Fläche oder der Raum zwingend benötigt werden, um unabwendbaren behördlichen Auflagen nachzukommen, und idR nur gegen Zahlung einer Entschädigung (BGH ZMR 18, 681 Rz 16). Dadurch sollen unbillige Härten bei dem die Änderung verlangenden WEigtümer beseitigt werden (BGH ZMR 16, 713 Rz 11; NJW 10, 3296 Rz 19). § 10 II erfasst keine bloße Einzelfallregelung (BGH NZM 10, 205 [BGH 15.01.2010 - V ZR 114/09] Rz 19; zw); besteht eine Beschl-Kompetenz (§ 23 Rn 25 ff), ggf nach § 23 I, ist diese vorrangig (BGH ZMR 11, 485; 10, 778). Etwa eine Klage auf Änderung des Umlageschlüssels für die Betriebskosten ist auf §§ 18 II, 44 I 2 zu stützen (BGH ZMR 11, 485). Die (ggf ergänzende) Auslegung einer Vereinbarung (dazu Rn 19) hat Vorrang vor einer Anpassung (BGH ZMR 16, 713 Rz 18). Eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen (§ 8 Rn 8) kann nicht verlangt werden (BGH ZMR 19, 518 Rz 11; ZMR 18, 681 Rz 16). Analog kann ein Anspruch auf Zustimmung zur Eintragung der Abänderung in das Grundbuch verlangt werden, wenn man, was streitig ist, die Entsch nach § 10 II nicht unter § 10 III aE subsumiert. Hat ein WEigtümer einen Anspruch auf eine Vereinbarung, so kommt in Betracht, dass er dafür eine Ausgleichszahlung leisten muss (BGH MietRB 17, 163).
cc) Tatbestandsvoraussetzungen.
(1) Unbilligkeit.
Rn 21
Eine Vereinbarung oder deren Änderung kann verlangt werden, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unbillig erscheint. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH V ZR 69/21 Rz 44; ZMR 19, 518 Rz 26), insb der Rechte und Interessen der anderen WEigtümer (BGH V ZR 69/21 Rz 44; ZMR 10, 542 Rz 31). Abzuwägen sind ua: Gleichbehandlung der WEigtümer (Vor §§ 23–25 Rn 7), Sachgerechtigkeit der Regelung, Veränderung der der Regelung zu Grunde liegenden maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, deren Vorhersehbarkeit, die Risikoverteilung bei unerwarteten Entwicklungen und das Vertrauen in den Bestand der Vereinbarung (LG Nürnberg-Fürth ZWE 10, 145, 147). Die Gründe der anderen WEigtümer müssen über das rein formale Interesse an der Einhaltung der Vereinbarung/des Gesetzes hinausgehen (BGH ZMR 19, 518 Rz 20). Bei der Abwägung ist zu beachten, ob eine Regelung bei Erwerb des Wohnungseigentums erkennbar war (BGH NJW 10, 2129 Rz 31 = ZMR 10, 542). Die Annahme von Unbilligkeit soll allerdings nicht voraussetzen, dass sich tatsächliche oder rechtliche Umstände nachträglich verändert haben (BGH ZMR 19, 518 Rz 14). Unbilligkeit ist zB angenommen worden, wenn eine Vereinbarung den Gebrauch und die Nutzung eines Raums ausschließt, die nach der baulichen Ausstattung des Raums aber möglich ist, und wenn ferner objektive Umstände dafür sprechen, dass dem betroffenen WEigtümer dieser Gebrauch/diese Nutzung eröffnet werden sollte (...