I. Allgemeines.

 

Rn 6

§ 19 I Fall 2 gibt eine Beschl-Kompetenz, über eine ordnungsmäßige Benutzung des gemE und des SonderE einen Benutzungsbeschl zu fassen. Insoweit gelten Rn 2 und Rn 3 entspr. Ferner besteht die Möglichkeit zu Benutzungsvereinbarungen (dazu § 10 Rn 8 ff). Kommt es bei der Willensbildung zu Mängeln oder findet eine notwendige Willensbildung nicht statt, so haftet die GdW auf Schadenersatz (§ 18 Rn 20 ff). Ferner kann auf einen Benutzungsbeschl geklagt werden (§ 18 Rn 31)

II. Tatbestandsvoraussetzungen.

 

Rn 7

Es muss sich um einen Beschl zur Benutzung des gemE oder des SonderE handeln. Eine Beschl-Kompetenz besteht nicht, wenn die entspr Benutzung bereits abschließend durch eine Vereinbarung oder ein Gesetz geregelt ist. Ein Benutzungsbeschl, der eine nach einer Vereinbarung zulässige Benutzung einengen oder ändern wollte (›vereinbarungsändernder Beschl‹), wäre nichtig (BGH NJW 04, 937 [BGH 22.01.2004 - V ZB 51/03] unter III 2 c) aa) (1); 00, 3500 unter III. 2. a). § 19 I Fall 2 gibt daher zB keine Beschl-Kompetenz, eine Vermietung von Räumen, die im SonderE stehen, zu verbieten (BGH NJW 10, 3093 [BGH 15.01.2010 - V ZR 72/09] Rz 11). Dies soll auch dann gelten, wenn ein Beschl auf einer Öffnungsklausel beruht (BGH NJW 19, 2083 [BGH 12.04.2019 - V ZR 112/18] Rz 17). Ein Beschl, der eine vereinbarte Benutzungsbestimmung ergänzt oder konkretisiert, ist hingegen möglich (Ddorf NZM 05, 345). Ist die Sache bislang nur Gegenstand eines anderen Beschl gewesen, steht dieser einer erneuten Beschl-Fassung nicht entgegen. Es sind nach hM aber die Grundsätze des Zweitbeschl zu beachten (Vor §§ 23–25 Rn 10).

 

Rn 8

Fehlt es einem Benutzungsbeschl an der Ordnungsmäßigkeit, kann er auf eine fristgemäße Anfechtung hin für ungültig erklärt werden. Wird die Anfechtungs- oder Begründungsfrist verpasst, erwächst er aber in Bestandskraft, selbst wenn er rechtswidrig ist.

III. Rechtsfolgen.

1. Überblick.

 

Rn 9

Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, haben die WEigtümer die Möglichkeit, zur Benutzung des gemE und zur Benutzung des SonderE einen Beschl zu fassen. Bei der Beschl-Fassung entscheidet nach § 25 I die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, soweit nichts anderes vereinbart ist (Hamm NZM 09, 163 [OLG Hamm 19.08.2008 - 15 Wx 89/08]). Der Beschl muss eine ordnungsmäßige Benutzung bestimmen. Ordnungsmäßig ist eine Benutzung, die § 14 gestattet und die nicht gegen gesetzliche Vorschriften oder Vereinbarungen verstößt (s.a. BGH NZM 15, 595 [BGH 08.05.2015 - V ZR 163/14] Rz 14).

 

Rn 10

Was gilt, ist anhand der konkreten Umstände unter Berücksichtigung der Beschaffenheit und Zweckbestimmung des gemE und/oder des SonderE bei Beachtung des Gebots der allgemeinen Rücksichtnahme (Vor §§ 1–49 Rn 16) in Abwägung der allseitigen Interessen zu ermitteln (BGH NZM 15, 595 [BGH 08.05.2015 - V ZR 163/14] Rz 14; NJW 98, 3713, 3715 [BGH 10.09.1998 - V ZB 11/98]).

 

Rn 11

Ein Beschl, der eine nach § 14 zulässige Benutzung dauerhaft beschränkt (zB dauerhafter Gebrauchs- oder Benutzungsentzug), ist nichtig (LG Lüneburg ZMR 20, 881; s.a. BGH ZMR 22, 60 Rz 21). § 19 I Fall 2 gibt zB keine Beschl-Kompetenz, nicht störende Tiere oder die Vermietung zu verbieten (BGH NJW 10, 3093 [BGH 15.01.2010 - V ZR 72/09] Rz 11; Celle NZM 05, 184). Ferner darf der wesentliche Eigentumsinhalt, zB ggf das Recht auf eine Parabolantenne (BGHZ 157, 322 = ZMR 04, 438), nicht eingeschränkt werden (BGH ZMR 04, 438; 95, 416; s.a. Vor §§ 1–49 Rn 22). Fraglich, nach hM aber möglich ist der Beschl, im gemE stehende Flächen oder Räume zu vermieten (§ 16 Rn 6). IÜ gilt Rn 5 entspr.

2. Beispiele.

 

Rn 12

Eine ›ABC-Liste‹ zu Benutzungsbeschl ist gefährlich. Dass in einer bestimmten WE-Anlage ein Benutzungsbeschl sich iErg als ordnungsmäßig erwiesen hat, kann allenfalls eine indizielle Bedeutung haben. Ordnungsmäßigkeit ist immer nur für eine konkrete Situation prüfbar. Mit diesem Vorbehalt:

 

Rn 13

  • Abschließen von Türen. Möglich ist ein Beschl, ob und wie lange die Hauseingangstür abgeschlossen wird – soweit der Brandschutz beachtet wird (Frankf NZM 09, 440 [BGH 12.02.2009 - IX ZB 112/06]; LG Frankfurt aM WuM 15, 452 [LG Frankfurt am Main 12.05.2015 - 2-13 S 127/12]).
  • Beheizung. Ein Beschl zur Heizperiode und zu den zur Verfügung zu stellenden Temperaturen oder einer Nachtabsenkung ist möglich (BayObLG WuM 93, 291, 292 [BayObLG 26.02.1993 - 2 Z BR 117/92]), beruht aber jew auf § 19 I Fall 1. Nach hM kann ferner eine Beheizungspflicht zur Abwendung von Schäden beschlossen werden (BGH NJW 11, 2958 [BGH 08.07.2011 - V ZR 176/10] Rz 18).
  • Fassade. Ein Beschl, ob und wie die Fassade gebraucht werden darf, zB in Bezug auf Blumenkästen (BayObLG ZMR 01, 819), Fahnen, Katzennetz (BayObLG FGPrax 03, 123), Meinungsäußerungen (AG Erfurt NZM 11, 319), Schilder, Transparente, Werbung (Frankf Rpfleger 82, 64).
  • Hausverbot. Ein Beschl, dass Dritte das gemE nicht oder nur zu bestimmten Zeiten gebrauchen dürfen, ist grds möglich (BGH NJW 06, 1054 [BGH 20.01.2006 - V ZR 134/05] Rz 7). Das Hausverbot muss beachten, dass der Dritte ggf das SonderE erreichen will. Auch für dieses kann allerdings grd...

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