I. Überblick.

 

Rn 14

§ 19 II bestimmt, in welchen Bereichen für das ›ob‹ einer Maßnahme kein Ermessen besteht. Es besteht keine Kompetenz, diese Ansprüche wegzubeschließen. Ein Beschl, der § 19 II verletzt, hindert den Anspruch nicht. Dieser Bereich ist nicht abschließend. In weiteren Fällen sind jew die widerstreitenden Interessen abzuwägen. Für das ›wie‹ besteht hingegen ein Ermessen. Auch dieses kann sich im Einzelfall auf null reduzieren.

 

Rn 15

IdR haben die WEigtümer allerdings ein weites Ermessen, zB welche Inhalte sie einer Hausordnung mit welchen Grenzen geben (Rn 16 ff), wie sie eine Erhaltungsmaßnahme ausführen lassen (Rn 20 ff), welche Höhe die Erhaltungsrücklage haben soll (Rn 39 ff) oder wie sie angelegt wird, oder welchen Umlageschlüssel sie wählen (§ 16 Rn 51).

II. Hausordnung (§ 19 II Nr 1).

1. Begriff und Inhalt.

 

Rn 16

Hausordnung ist die Verkörperung sämtlicher hausbezogener Benutzungs- und Verwaltungsregelungen für das gemE und das jeweilige SonderE (BayObLG ZMR 04, 924; Schlesw ZMR 02, 865, 869).

 

Rn 17

Für das, was Gegenstand der Hausordnung ist und welche Regelungen getroffen werden, besteht weites Ermessen (Frankf ZMR 09, 860). Zu einigen Beispielen s Rn 13. Tätige Mithilfe, zB Abfallbehältnisse bereitzustellen, Gartenpflegearbeiten durchzuführen, Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten durchzuführen oder Hauswartdienste zu leisten, kann nicht beschlossen werden (§ 23 Rn 26). Die WEigtümer können auch nicht beschließen, wer von ihnen zur Sicherung der Verkehrspflichten verpflichtet ist (BGH NJW 12, 1724 [BGH 09.03.2012 - V ZR 161/11] Rz 12).

2. Entstehung und Änderung.

 

Rn 18

Eine Hausordnung kann vereinbart, aber auch beschlossen werden. Ferner kann der Verw ermächtigt sein, die Hausordnung zu bestimmen. Die jeweilige Änderungsmöglichkeit bemisst sich an der Rechtsqualität der Entstehung. Vereinbarungen bedürfen einer Änderungsvereinbarung. Ist die Vereinbarung Teil der Gemeinschaftsordnung (Vor §§ 1–49 Rn 8), ist sie nach hM allerdings idR durch Beschl änderbar (BayObLG ZMR 02, 64; Frankf ZMR 91, 113; zw). Hat der Verw die Hausordnung nach § 317 BGB bestimmt, liegt hierin eine Vereinbarung, die nur durch Vereinbarung geändert werden kann (str). Fehlt eine Hausordnung oder ist sie unvollständig, kann – nach Befassung der WEigtümer – nach § 44 I 2 eine Hausordnung auch vom Gericht aufgestellt, abgeändert oder ergänzt werden (Hamm NJW 69, 884; passim BGH ZMR 99, 41, 44).

3. Mieter.

 

Rn 19

Mieter sind der Hausordnung unterworfen (§ 13 Rn 6 und § 535 BGB Rn 174).

III. Erhaltungsmaßnahmen (§ 19 II Nr 2).

1. Überblick und Begriff.

 

Rn 20

Die Erhaltung des gemE ist nach § 18 I eine auf der GdW ruhende Pflicht. Bestehen Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt, muss nicht abwartet werden, bis konkrete Schäden größeren Ausmaßes tatsächlich eingetreten sind (BayObLG NJW-RR 96, 1166). Kommt die GdW ihrer Verpflichtung nach § 19 II Nr 2 nicht nach, besitzt ein dadurch einen Schaden erleidender WEigtümer einen Schadenersatzanspruch (s.a. BGH NJW 12, 2955 [BGH 13.07.2012 - V ZR 94/11] Rz 9). Auch eine modernisierende Erhaltung, also eine nicht unerhebliche Reparatur oder die Abwendung eines erheblichen anstehenden Schadens, bei der über die Reparatur eines Mangels hinaus das gemeinschaftliche Eigentum iSv § 555b Nr 1 bis Nr 5 BGB durch eine technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung verändert wird (LG Itzehoe ZWE 18, 178 Rz 11) und die Erhaltungs- die Modernisierungskosten überwiegen, ist eine Erhaltungsmaßnahme (sehr str). Für diese ist § 16 II 1 der gesetzliche Umlageschlüsse und ist § 15 Nr 1 anwendbar.

2. Erstmalige ordnungsmäßige Herstellung des gemE.

a) Überblick.

 

Rn 21

Maßnahmen, die zur erstmaligen ordnungsmäßigen Herstellung des gemE erforderlich sind, sind eine Erhaltungsmaßnahme (BGH NZM 18, 794 [BGH 20.07.2018 - V ZR 56/17] Rz 11; 18, 611 Rz 10). Unter den Begriff fallen:

  • Die Korrektur einer planwidrigen Errichtung (BGH NZM 18, 794 [BGH 20.07.2018 - V ZR 56/17] Rz 11/12; NJW-RR 17, 1042 [BGH 23.06.2017 - V ZR 102/16] Rz 7).
  • Jede Maßnahme, die einen anfänglichen Baumangel am gemE ausgleicht, der vom geschuldeten Bau-Soll abweicht (BGH NZM 18, 611 [BGH 04.05.2018 - V ZR 203/17] Rz 10 und Rz 18).
  • Öffentlich-rechtlich (etwa bau- oder energierechtlich) vorgeschriebene bauliche Veränderungen (BGH NZM 18, 794 [BGH 20.07.2018 - V ZR 56/17] Rz 13; 18, 611 Rz 21). Die Anforderungen können Teil eines Gesetzes sein, Gegenstand eines Verwaltungsaktes (zB zur Herstellung eines zweiten Rettungsweges), einer Allgemeinverfügung oder eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, der nicht zu verhindern war.
  • Die Schaffung eines Zuganges zu einem öffentlichen Weg über das gemeinschaftliche Grundstück (BGH NJW 06, 3426 [BGH 07.07.2006 - V ZR 159/05] Rz 13).
  • Die Vollendung eines steckengebliebenen Baus (§ 22).
  • Die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Anforderungen in Bezug auf das gemE (BGH NZM 18, 611 Rz 21; ZMR 18, 681 Rz 25). Die Anforderungen können Teil eines Gesetzes sein, Gegenstand eines Verwaltungsaktes, einer Allgemeinverfügung oder eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, der nicht zu verhindern war.
 

Rn 22

Jeder WEigtümer kann auf eigene Kosten eine erstmalige ordnungsmäßige Herstellung/Erstellung des gemE selbst leisten oder leisten lassen...

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