I. Grundlegende Umgestaltung der WE-Anlage.
Rn 44
Das Gesetz definiert nicht, was unter einer grundlegenden Umgestaltung zu verstehen ist. In den Materialien heißt es, dies sei im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden (BRDrs 168/20, 72; s.a. LG Köln v. 26.1.23 – 29 S 136/22). Ferner finden sich dort mehrere Ecksteine. Bezugspunkt für die Frage, ob eine grundlegende Umgestaltung vorliegt, soll die gesamte WE-Anlage sein. Ferner wird die Ansicht geäußert, eine grundlegende Umgestaltung sei nur im Ausnahmefall anzunehmen (BRDrs 168/20, 72). Außerdem wird ausgeführt, der Begriff der grundlegenden Umgestaltung sei enger zu verstehen als der Begriff der Eigenartsänderung iSv § 22 II aF. ZT heißt es § 20 IV habe ›Ausnahmecharakter‹, was bei der Auslegung im Einzelfall zu berücksichtigen sei (LG München I v. 22.09.2022 – 36 S 613/22 WEG). Nach hier vertretener Ansicht sollten für die Antwort auf die Frage, ob eine grundlegende Umgestaltung einer WE-Anlage vorliegt, 2 Prüfsteine maßgeblich sein. Einerseits, ob durch eine bauliche Veränderung das charakteristische Aussehen einer WE-Anlage maßgeblich umgestaltet wird (s.a. LG München I NZM 23, 164). Und andererseits, ob durch eine bauliche Veränderung die bisherige typische Nutzung der WE-Anlage aufgegeben wird, soweit sich diese feststellen lässt. Keine grundlegende Umgestaltung ist bspw der Abriss von Schornsteinen (AG Hamburg ZWE 22, 377 Rz 21).
II. Unbillige Benachteiligung.
Rn 45
Ein WEigtümer wird ggü anderen WEigtümern unbillig benachteiligt, wenn die beabsichtigte bauliche Veränderung für ihn zu einem beachtenswerten Nachteil führt. So liegt es, wenn einem WEigtümer Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteile ausgeglichen werden (BRDrs 168/20, 72; s.a. BGH NJW-RR 18, 1165 [BGH 20.07.2018 - V ZR 56/17] Rz 29). Die bauliche Veränderung muss ferner zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung führen, indem die Nachteile einem oder mehreren WEigtümern in größerem Umfang zugemutet werden als den übrigen WEigtümern (BRDrs 168/20, 72; s.a. BGH NJW 11, 1220 [BGH 02.03.2011 - VIII ZR 164/10] Rz 13). Keine Benachteiligung liegt vor, wenn ein WEigtümer mit den Nachteilen, die er durch eine bauliche Veränderung erfährt, einverstanden ist. Der Begriff ›einverstanden‹ ist wie in § 20 III zu verstehen (Rn 39).
Rn 46
Bsp: Ein WEigtümer erfährt durch eine bauliche Veränderung negative Immissionen, zB den Entzug von Licht, eine erhöhte Einsehbarkeit, bspw durch einen Personenaufzug, oder echte Immissionen, zB Gerüche, Geräusche, zB durch einen Personenaufzug. Im Einzelfall kann eine bauliche Veränderung, etwa eine Lademöglichkeit oder ein Personenaufzug, einem WEigtümer den Zugang zu seinem SonderE, sei es seine Wohnung, sei es sein Stellplatz, erschweren. Ferner kann es unbillig sein, keinen Zugang zu einem Schornstein zu haben (aA AG Hamburg ZMR 22, 660); iÜ besteht ein Anspruch auf Beibehaltung des gemE. Eine unbillige Benachteiligung kann grds nicht in der bloßen Veränderung des optischen Gesamteindrucks liegen (BRDrs 168/20, 73).
III. Verstöße.
Rn 47
§ 20 IV beschränkt nicht die durch § 20 I eingeräumte Beschl-Kompetenz (BRDrs 168/20, 73). Ein Beschl, der gegen § 20 IV verstößt, ist daher nicht nichtig (BRDrs 168/20, 73), kann aber für ungültig erklärt werden.