1. Allgemeines: Notwendigkeit einer Beschl-Kompetenz.

 

Rn 24

§ 23 IV setzt voraus, dass überhaupt durch Beschl entschieden werden darf (BGHZ 145, 158, 163 = ZMR 00, 771). Es bedarf also stets einer Beschl-Kompetenz. Gesetzliche Beschl-Kompetenz folgt nach hM aus: §§ 9b II, 12 I, IV 1, 16 II 2, 17 I, 19 I, 20 I, 21 IV 1, V 1, 23 I 2, III 2, 24 III, V, VIII 2, 26 I, 27 II, 28 I 1, II 1, III und 29 I 1. Gewillkürte Beschl-Kompetenz kann aus § 23 I folgen (dazu Rn 1).

2. Fehlende Beschl-Kompetenz.

a) Überblick.

 

Rn 25

Ist eine Angelegenheit weder durch das WEG noch durch Vereinbarung (Rn 1) der Beschl-Fassung unterworfen, fehlt es an einer Beschl-Kompetenz (BGH ZMR 19, 516 Rz 5). Ein dennoch gefasster Beschl ist nichtig (BGH ZMR 19, 516 Rz 5; ZMR 18, 242 Rz 6).

b) Beispiele für fehlende Beschl-Kompetenz.

 

Rn 26

  • Abnahme des gemE: s BGH ZMR 16, 711 Rz 37.
  • Anspruchsbegründung und -vernichtung: VGw besteht keine Beschl-Kompetenz, eine persönliche Leistungspflicht eines WEigtümers (BGH NJW 14, 2861 Rz 5 = ZMR 14, 996; ZMR 12, 646 = NJW 12, 1724 Rz 11; ZMR 10, 378 = NZM 10, 285 Rz 10) oder eines Dritten, zB des Mieters (LG Dresden ZWE 13, 97), zu begründen. VGw besteht ferner keine Beschl-Kompetenz, Ansprüche iSv § 194 BGB zu vernichten (Ddorf ZMR 06, 459).
  • Auslegung von Vereinbarungen: s LG München I, ZMR 12, 582.
  • Belastungsverbot: Es besteht keine Beschl-Kompetenz, einem WEigtümer die Erhaltungspflicht/-last für das gemE zu übertragen (Vor §§ 1–49 Rn 17; Belastungsverbot). Nach Ansicht des BGH gilt das auch dann, wenn die Entscheidung auf einer Öffnungsklausel beruht (BGH ZMR 16, 713 Rz 17; NJW 15, 549 Rz 16). Als Beschränkung der materiellen Beschl-Kompetenz schließt das Belastungsverbot den Anspruch nach § 10 II nicht aus (BGH ZMR 16, 713 = NZM 16, 727 Rz 16).
  • Benutzung: VGw besteht keine Beschl-Kompetenz, eine nach einer Vereinbarung zulässige Benutzung einzuengen oder zu entziehen (Ddorf ZMR 03, 861, 862).
  • Gesetzes-/Vereinbarungsänderung:

    • Soll im Wege des Beschl vom Gesetz abgewichen oder eine Vereinbarung geändert werden und soll die so abgeänderte gesetzliche oder vereinbarte Bestimmung Grundlage weiterer Angelegenheiten sein, ist ein Beschl nichtig (BGHZ 157, 322 = ZMR 04, 438), soweit nicht §§ 12 IV 1, 16 II 2 greifen oder eine Vereinbarung nach § 23 I besteht (BGH NZM 09, 866 [BGH 25.09.2009 - V ZR 33/09] Rz 7). Wenn die WEigtümer keine Öffnungsklausel (Rn 1) vereinbart haben, eine Maßnahme die Benutzung bzw. die Verwaltung nach § 19 I oder eine bauliche Veränderung (§ 20) betrifft und nicht ordnungsmäßig (§ 18 II) ist, ist ein dennoch gefasster Beschl allerdings nur ordnungswidrig, aber nicht nichtig.
    • Auch dann, wenn das dispositive Gesetz oder eine Vereinbarung im Einzelfall falsch angewandt wird und ein Beschl also gegen das Gesetz oder eine Vereinbarung verstößt, die Maßnahme aber keine Regelung bezweckt, die Grundlage mehrerer Entscheidungen oder Legitimation mehrfachen Handelns ist, ist ein Beschl ordnungswidrig, aber nicht nichtig (BGH ZMR 18, 1022 Rz 15).
  • Haftung: VGw besteht keine Beschl-Kompetenz, die Haftung für Rückstände eines Rechtsvorgängers zu begründen (BGH NJW 12, 2796 Rz 11 = ZMR 12, 642; NJW-RR 12, 217 Rz 11).
  • Jahresabrechnung: VGw besteht keine Beschl-Kompetenz, bereits geschuldete Hausgeldansprüche erneut zu begründen (BGH NJW 13, 1003 Rz 13 = ZMR 13, 291; NJW 12, 2796 Rz 13 = ZMR 12, 642).
  • Künftige Verwaltungspraxis: Es besteht eine Beschl-Kompetenz, eine erst künftige Verwaltungspraxis zu klären (BGH V ZR 69/21 Rz 15/Rz 17). Ein Beschluss bietet gegenüber einer Feststellungsklage den Vorteil, dass sich die GdW positionieren kann, ohne das Ergebnis eines unter Umständen langwierigen und aufwändigen Gerichtsverfahrens zu einer für die Verwaltungspraxis bedeutsamen Frage abwarten zu müssen.
  • Rauchwarnmelder: Die Durchführung des Einbaus von Rauchwarnmeldern, aber auch deren regelmäßige Kontrolle und Wartung (BGH ZMR 19, 291 = MDR 19, 216 Rz 9) kann nach bislang hM in Ausführung der Pflicht der GdW nach § 9a II Fall 2 beschlossen werden, wenn Landesrecht – wie idR – jew eine eigentumsbezogene Einbaupflicht für Wohnungseigentum vorsieht (BGH ZMR 19, 291 Rz 7; ZMR 13, 642 Rz 7). Dies gilt nach hM unabhängig davon, ob sich die Pflicht an die GdW, an sämtliche WEigtümer oder an den einzelnen WEigtümer richtet (BGH ZMR 13, 642 Rz 8). Dies bedeutet, dass die GdW die Einbaupflicht erfüllen muss, die WEigtümer aber nach § 19 I beschließen müssen, auf welche Art und Weise, durch wen und mit welchen finanziellen Mitteln. Die WEigtümer können bei Bestehen einer entspr landesrechtlichen Pflicht den zwingenden Einbau und die Wartung von Rauchwarnmeldern in allen Wohnungen auch dann beschließen, wenn dadurch Wohnungen einbezogen werden, in denen WEigtümer bereits Rauchwarnmelder angebracht haben (BGH ZMR 19, 291 = MDR 19, 216 Rz 15).
  • Rechtsschöpfung: VGw besteht keine Beschl-Kompetenz, sich einmalig gesetzlich nicht vorgesehene Rechte zu verschaffen.
  • SNR: VGw besteht keine Beschl-Kompetenz, ein SNR zu begründen (§ 16 Rz 19) oder dieses auszuhöhlen.
  • SonderE: VGw besteht keine Beschl-Kompetenz, in die Verwaltung des SonderE einzugreifen (BGH NZM 22,...

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