Gesetzestext
1Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurden und die von solchen Vorschriften dieses Gesetzes abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2187) geändert wurden, stehen der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. 2Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen.
A. Überblick.
Rn 1
§ 47 soll sicherstellen, dass die mWv 1.12.20 geänderten Bestimmungen idR auch in den Gemeinschaften gelten, in denen Wohnungseigentum vor dem 1.12.20 begründet worden ist (BRDrs 168/20, 95). Der Gesetzgeber sah diese Vorschrift als notwendig an, da viele Gemeinschaftsordnungen den Wortlaut des bei ihrer Errichtung geltenden Gesetzes wiederholen (BRDrs 168/20, 95). Die Wiederholung gesetzlicher Vorschriften in der Gemeinschaftsordnung habe idR nur die Lektüre des Gesetzes ersparen wollen (BRDrs. 168/20, 95). Ein weiterer Sinn und Zweck soll darin liegen, die Gestaltungsfreiheit, durch Vereinbarung etwas vom Gesetz Abweichendes zu bestimmen, sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft zu stärken (BRDrs 168/20, 95).
B. Tatbestandsvoraussetzungen.
Rn 2
Die Vereinbarung muss etwas bestimmen, dass von den WEG-Vorschriften abweicht, die erst durch das WEMoG geformt und/oder umgeformt wurden. Dies ist für solche Bestimmungen nicht der Fall, die im Gesetz zwar einen anderen Platz erhalten haben, inhaltlich aber unverändert geblieben sind. Nach den Materialien widmet sich § 47 va solchen Vereinbarungen, die den Wortlaut des bei ihrer Errichtung geltenden WEG wiederholen.
C. Rechtsfolgen.
I. Grundsatz.
Rn 3
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, sind solche Vereinbarungen, die vor dem 1.12.20 getroffen wurden, grds unbeachtlich.
II. Abweichender Wille.
Rn 4
Etwas anderes gilt, wenn sich ein Wille, weiterhin zu gelten, aus der Vereinbarung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt (BRDrs 168/20, 95). Dies ist der Fall, wenn sich im Wege der Auslegung aus der Vereinbarung der Wille ergibt, dass die Vereinbarung auch ggü künftigen Gesetzesänderungen Vorrang genießen sollte (BRDrs 168/20, 95). Dieser ›Versteinerungswille‹ muss sich nach einer Auslegung aus der Vereinbarung selbst ergeben (BRDrs 168/20, 95).
Rn 5
Für die Auslegung einer zum Inhalt des SonderE gemachten Vereinbarung gelten die allgemeinen Grundsätze. Maßgebend ist also der Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der WEigtümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind. Dabei müssen Abweichungen von der gesetzlichen Verteilung der Aufgaben, Kompetenzen und Kosten klar und eindeutig aus der Gemeinschaftsordnung hervorgehen (exemplarisch BGH ZMR 20, 862 Rz 6; 19, 625 Rz 7).
Rn 6
Bsp:
- § 24 IV 2 aF. Eine Vereinbarung, die die Ladungsfrist ggü § 24 IV 2 aF verlängert oder verkürzt hat, bleibt idR weiterhin anwendbar. Ordnet eine Vereinbarung an, die Einladung müsse 8 Tage vor der Versammlung zur Post gegeben werden, soll dies aber nicht gelten (AG Ludwigshafen ZMR 21, 525; zw).
- Eine Vereinbarung, die für Vollmachten die Schriftform anordnet, bleibt grds entgegen § 25 III anwendbar.
- § 25 III aF. Ordnet eine Vereinbarung an, dass die Versammlung beschlussfähig ist, ›wenn mehr als die Hälfte der Stimmen, gerechnet nach der Größe der Miteigentumsanteile, vertreten ist‹, soll diese Vereinbarung nicht anwendbar sein (AG Mettmann ZMR 21, 687). Ist eine Versammlung nur beschlussfähig, wenn 3 der 5 Wohnungen vertreten sind, soll auch diese Vereinbarung nicht anwendbar sein (AG Hamburg-St. Georg ZMR 21, 770; zw).
D. Prozessuales.
Rn 7
Behauptet ein WEigtümer, dass eine Vereinbarung, welche die Tatbestandsvoraussetzungen des § 47 erfüllt, für das Verhältnis der WEigtümer untereinander anwendbar ist, ist es nach § 47 S 2 an ihm, diese Behauptung darzulegen und im Streit zu beweisen (BRDrs 168/20, 95).