1. Formale und materielle.

 

Rn 6

Zu unterscheiden sind formale (Bsp: Ladungsmängel, Mängel bei Durchführung der Eigentümerversammlung usw) und materielle Mängel (Bsp: Verstoß gegen öffentliches Recht). Beide können zur Anfechtbarkeit (§§ 44, 45) und/oder zur Nichtigkeit führen, va nach §§ 134, 138, 242 BGB. Ein formaler Beschl-Mangel führt idR nicht zur Nichtigkeit (BGH ZMR 12, 972 = NJW 12, 3232 Rz 21; NJW 11, 3237 Rz 33 = ZMR 11, 809; AG Mettmann ZMR 21, 687; aA AG Hannover ZMR 21, 686) und ist irrelevant, wenn feststeht, dass er sich auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat (BGH ZMR 21, 405 Rz 6; LG Frankfurt aM ZWE 22, 454 Rz 21; LG München I ZWE 20, 349 Rz 22). Anders verhält es sich bei schwerwiegenden Eingriffen in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte (Vor §§ 1–49 Rn 21), die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines WEigtümers in gravierender Weise ausgehebelt wird (BGH ZMR 21, 402 Rz 14; 20, 673 Rz 18; NJW 11, 679 Rz 10 = ZMR 11, 397; LG Frankfurt aM ZWE 22, 454 Rz 22) oder wenn die Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes systematisch missachtet werden. Bsp: Wiederholte Einladungen von einem dazu nicht ermächtigten und auch sonst nicht befugten WEigtümer (BGH ZMR 21, 402 Rz 14). Anders soll es bei Beschl sein, die auf einer ›Ein-Mann-Versammlung‹ gefasst worden sind, auf der die Wohnungseigentümer nur die Möglichkeit hatten, sich vom Verwalter vertreten zu lassen (LG Frankfurt aM v 2.2.23 – 2-13 S 60/22). S ferner § 24 Rn 13.

2. Weitere.

 

Rn 7

Ein Beschl ist ferner mangelhaft und nicht ordnungsmäßig, wenn er:

  • Unter Ermessensfehlern leidet (dazu Elzer ZMR 06, 85 ff).
  • Intransparent ist (BGH ZMR 18, 1024 = NZM 18, 905 Rz 17; NJW 12, 603 Rz 12 = ZMR 12, 213).
  • Das Gleichbehandlungsgebot verletzt (BGH ZMR 13, 288 = NZM 13, 195 Rz 19; NJW 10, 3308 Rz 12). Der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, vergleichbare Sachverhalte im Verhältnis der WEigtümer grds gleich zu behandeln, und verbietet eine willkürliche, sachlich nicht gerechtfertigte unterschiedliche Behandlung (BGH NZG 08, 783 [BGH 21.07.2008 - II ZR 39/07] Rz 10, 18 und 20; NJW 92, 892, 895/896). Verstößt ein Beschl gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, ist er anfechtbar, aber nicht nichtig. Einen Anspruch auf ›Gleichheit im Unrecht‹ gibt es nicht.
  • Widersprüchlich (perplex) oder zu unbestimmt (Riecke ZMR 18, 173 ff) und damit inhaltlich unklar ist (BGH ZMR 16, 638 = NZM 16, 553 Rz 9; NJW 14, 2861 Rz 25; LG Berlin ZMR 21, 918). Ein Beschl ist ›bestimmt‹, wenn er aus sich heraus genau, klar, eindeutig und widerspruchsfrei erkennen lässt, was gilt (BGH NJW 16, 2177 Rz 39 = ZMR 16, 476). Bestimmtheit fehlt, wenn ein Beschl keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält. Damit ein Beschl ›bestimmt‹ ist, muss er so ausführlich wie nötig beschreiben, was gelten soll. Er muss – ggf durch Verweisung: zur näheren Erläuterung kann auf Urkunden oder Schriftstücke Bezug genommen werden (BGH ZMR 16, 638 = NZM 16, 553 Rz 9), sofern das in Bezug genommene Dokument zweifelsfrei bestimmt ist (BGH ZMR 16, 638 = NZM 16, 553 Rz 10) – sein Regelungsproblem (den Anlass seiner Entstehung) vollständig lösen. Außerdem muss er so formuliert werden, dass er in sich nicht widersprüchlich ist. Ergibt eine Auslegung (noch) einen Beschl-Inhalt, ist der Beschl ggf anfechtbar (Hambg ZMR 08, 225, 226). Fehlt es auch nach einer Auslegung an der erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit, wird ein Beschl als nichtig angesehen (Hambg ZMR 08, 225, 226; LG Hamburg ZWE 11, 284).

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