A. Allgemeines zum WEG-Verfahrensrecht.

I. Überblick.

 

Rn 1

Liegt eine WEG-Streitigkeit iSv § 43 II Nr 1 bis Nr 3 vor, bestimmt das WEG keine Besonderheiten. Anzuwenden sind ZPO und GVG. Etwas anderes gilt für die Beschl-Klagen iSv §§ 43 II Nr 4, 44 I. Für diese sind neben ZPO und GVG §§ 44 II–IV zu beachten. § 45 ist nur auf Anfechtungsklagen anwendbar.

II. § 15a EGZPO.

 

Rn 2

Soweit ein Land von § 15a I 1 EGZPO Gebrauch gemacht hat, ist in § 43 II unterfallenden Verfahren vor einer Klageerhebung nach Maßgabe des jeweiligen Landesgesetzes ggf ein Einigungsversuch zu durchlaufen (AG Düsseldorf ZWE 11, 142). Für Anfechtungsklagen kommt ein obligatorisches Einigungsverfahren nach § 15a I Nr 1 EGZPO nicht in Betracht, da diese gem § 45 S 1 binnen einer gesetzlichen Frist zu erheben sind. § 15a I 1 Nr 2 EGZPO ist unter WEigtümern –zB wegen Geräuschen – nicht anwendbar (LG Frankfurt aM ZMR 19, 717; 18, 619; aA LG Dortmund NJW-RR 17, 1292 Rz 3).

III. Vorschalt- oder Güteverfahren.

 

Rn 3

Die WEigtümer können außer bei Anfechtungsverfahren (LG München I ZMR 12, 815; AG Merseburg ZMR 08, 747, 748) als Prozesshindernis ein ›Vorschalt- oder Güteverfahren‹ vereinbaren (Frankf NZM 08, 290). Das Verfahren ist auch dann durchzuführen, wenn die WEigtümer mit dem Gegenstand befasst waren. Wird ungeachtet eines Vorschaltverfahrens Klage erhoben, ist diese so lange unzulässig, wie das Verfahren nicht durchgeführt (und erfolglos geblieben) ist (LG Frankf NZM 08, 290 [OLG Celle 13.11.2007 - 2 W 117/07]); § 1031 ZPO gilt nicht.

IV. Schiedsvereinbarungen.

 

Rn 4

WEigtümer können bei geeigneter Schiedsklausel grds für sämtliche Verfahren nach §§ 1025 ff ZPO eine Schiedsvereinbarung schließen, auch für § 44 I 1 (LG München I ZMR 11, 166). Ein Schiedsverfahren nach § 43 II Nr 3 bedarf idR der Zustimmung des Verw.

B. Zuständigkeitsstreitigkeiten; Zuständigkeitsbestimmung.

 

Rn 5

Es ist Sache des Präsidiums eines AG, wie es die Richtergeschäftsaufgaben hinsichtlich der WEG-Sachen verteilt und ob es eine spezielle Sachgebietszuständigkeit vorsieht. Wenn die Zuständigkeit für eine gegen mehrere Streitgenossen gerichtete Klage auseinanderfällt, kann eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 I Nr 3 ZPO getroffen werden (BGH NZM 14, 669 [BGH 03.07.2014 - V ZB 26/14] Rz 5; NJW-RR 11, 589 [BGH 09.12.2010 - V ZB 190/10] Rz 13). Ob an dem örtlich zuständigen AG die Abteilung für WEG-Sachen zuständig ist, ist eine gerichtsinterne Frage der Geschäftsverteilung (Karlsr ZMR 14, 232).

C. Einstweiliger Rechtsschutz (§§ 916 ff ZPO).

I. Allgemeines.

 

Rn 6

Wie in jedem anderen der ZPO unterworfenen Verfahren kommt auch in WEG-Streitigkeiten iSv § 43 II einstweiliger Rechtsschutz nach §§ 916 ff ZPO in Betracht (BGH NJW 14, 1447 [BGH 21.02.2014 - V ZR 164/13] Rz 19; 11, 3025 Rz 11). Antragsgegner/Beklagte können neben der GdW einzelne oder sämtliche WEigtümer oder der Verw sein. Örtlich zuständig ist das Gericht der Hauptsache, §§ 919, 937, 943 ZPO. Eine Besonderheit sind die kollidierenden Gerichtsstände nach § 43 II und § 919 ZPO. Die Kollision ist zugunsten von § 919 ZPO aufzulösen.

II. Arrest.

 

Rn 7

In WEG-Streitigkeiten kommt ein Arrest va gegen einen Hausgeld iwS schuldenden WEigtümer in Betracht (s.a. Hambg WuM 99, 598). Die Voraussetzungen für § 917 ZPO werden idR nicht vorliegen.

III. Einstweilige Verfügungen.

 

Rn 8

Wie auch sonst, bedarf es eines Verfügungsanspruchs und -grundes. Verfügungsanspruch kann jeder auf individuelle Leistung – jedoch nicht auf eine Geldzahlung – gerichtete Anspruch sein, zB Ansprüche auf Herausgabe, Duldungen, Unterlassungen und Vornahme von Handlungen. Ferner die Notwendigkeit einer Regelung zur Abwehr von Nachteilen. Zu sichernder Anspruch ist idR der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung nach § 18 II; in Betracht kommen aber auch zB § 14 I Nr 1, II Nr 1 oder § 1004 BGB. Grds überwiegt wegen § 23 IV 2 das Vollziehungs- das Aussetzungsinteresse (LG Frankfurt aM ZWE 21, 50 Rz 9; LG Itzehoe ZMR 17, 581; LG München ZWE 17, 234).

 

Rn 9

Bsp: Baustopp (LG Hamburg ZMR 15, 43; AG München ZMR 10, 999), vorläufige Aufhebung der Bindungswirkung eines Beschl (LG Frankfurt aM ZWE 21, 50 Rz 9; LG München ZWE 17, 234; Hamburg ZMR 15, 43), vorläufige Bestellung eines Verw (BGH NJW 14, 1447 Rz 19; 11, 3025 Rz 11; § 26 Rn 23), Herausgabe von Verwaltungsunterlagen (LG Itzehoe ZMR 15, 54; AG Kelheim ZMR 08, 82, 83) oder einer Eigentümerliste (LG Stuttgart ZMR 09, 77), Verbot zur Durchführung (LG München I MietRB 17, 356) und/oder Leitung einer Versammlung (AG Recklinghausen IMR 12, 297; AG Hamburg ZMR 10, 477).

D. Rechtsmittel.

I. Grundsätze.

1. Streitigkeiten nach § 43 II.

 

Rn 10

In Streitigkeiten nach § 43 II ist nach § 72 II 1 GVG grds das für den Sitz des OLG zuständige LG gemeinsames Berufungs- und Beschwerdegericht für den Bezirk des OLG, in dem das AG seinen Sitz hat. Ob die in § 72 II GVG vorgesehene Zuständigkeitskonzentration eintritt, richtet sich allein danach, ob es sich um eine Streitigkeit iSv § 43 II handelt (BGH NZM 16, 168 Rz 10). Das nach § 72 II GVG zuständige Gericht ist grds auch bei subjektiver (BGH ZMR 14, 995 Rz 5) und objektiver Klagehäufung (BGH ZfIR 20, 319) zuständig. Dies gilt auch für ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf – bspw eine Berufung bei einem Urt nach § 767 ZPO (BGH ZMR 09, 544) – in Zwangsvollstreckungsverfahren gegen einen in einem Verfahren nach § 43 II ergangenen Titel (B...

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