Rdn 3379

 

Literaturhinweise:

Cierniak/Niehaus, Rechtsbeschwerde und Zulassungsantrag im Ordnungswidrigkeitenverfahren, DAR 2020, 69

Fromm, Neuigkeiten zur Vorsatzverurteilungen bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, DAR 2022, 410

Goldkamp, Wahllichtbildvorlage und Wahlgegenüberstellung im Verkehrsrecht, NZV 2019, 217

Huckenbeck/Krumm, Täteridentifizierung durch Lichtbilder in der verkehrsrechtlichen Praxis, NZV 2017, 453

Theune, Polizeibeamte als Berufszeugen in Strafverfahren, StV 2020, 321

s. auch die Hinw. bei → Rotlichtverstoß, Allgemeines, Rdn 3322 und → Geschwindigkeitsüberschreitung, Urteil, Allgemeines, Rdn 2179.

 

Rdn 3380

1. Ist der Mandant wegen eines Rotlichtverstoßes verurteilt worden, muss sich der Verteidiger mit dem amtsgerichtlichen Urteil auseinandersetzen und prüfen, ob die getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Verurteilung wegen des Rotlichtverstoßes tragen. Es ist eine besondere Aufgabe des Verteidigers, auf "Schwach- bzw. Angriffspunkte" im tatrichterlichen Urteil des AG zu achten. Diese muss er dann im Rahmen der Rechtsbeschwerde geltend machen (→ Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Rdn 2932 m.w.N.).

 

☆ Der Verteidiger sollte es sich zur Gewohnheit machen, auf alle – zumindest potenziellen – Fehler in einem tatrichterlichen Urteil, die er entdeckt hat, hinzuweisen . Dann können diese Fehler von der GStA und auch beim OLG nicht übersehen und das Urteil muss (auch) in der Richtung geprüft werden.potenziellen – Fehler in einem tatrichterlichen Urteil, die er entdeckt hat, hinzuweisen. Dann können diese Fehler von der GStA und auch beim OLG nicht übersehen und das Urteil muss (auch) in der Richtung geprüft werden.

 

Rdn 3381

2.a) Die Ausführungen bei den das Urteil wegen eines Rotlichtverstoßes betreffenden Stichwörtern beschäftigen sich mit der Frage, ob vom AG im Hinblick auf den Schuldspruch ausreichende tatsächliche Feststellungen für eine Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes getroffen worden sind. Diese sind – je nach dem angewendeten Messverfahren – unterschiedlich. Sie unterscheiden sich zudem auch danach, ob es sich um einen sog. einfachen/allgemeinen Rotlichtverstoß handelt (→ Rotlichtverstoß, Urteil, allgemeiner Rotlichtverstoß, Rdn 3370) oder um einen sog. qualifizierten Rotlichtverstoß (→ Rotlichtverstoß, Urteil, qualifizierter Rotlichtverstoß, Rdn 3398; vgl. a. Krumm NJW 2016, 380 u. DAR 2022, 288, sowie Busch/Krenberger DAR 2015, 48). Die Ausführungen bei diesen Stichworten befassen sich nicht mit den Rechtsfolgen Fahrverbot und Geldbuße. Dazu wird verwiesen auf → Fahrverbot, Allgemeines, Rdn 1493 und → Fahrverbot, qualifizierter Rotlichtverstoß, Rdn 1694 m.w.N. sowie → Geldbuße, Allgemeines, Rdn 1829 m.w.N.

 

☆ Die Ausführungen bei → Geschwindigkeitsüberschreitung, Urteil, allgemeine Feststellungen , Rdn 2163 , die die unabhängig vom Messverfahren geltenden Anforderungen an das tatrichterliche Urteil darstellen, gelten i.Ü. im Wesentlichen für den Rotlichtverstoß entsprechend . Das gilt auch für → Urteil, Allgemeine Feststellungen , Rdn 3739 .Geschwindigkeitsüberschreitung, Urteil, allgemeine Feststellungen, Rdn 2163, die die unabhängig vom Messverfahren geltenden Anforderungen an das tatrichterliche Urteil darstellen, gelten i.Ü. im Wesentlichen für den Rotlichtverstoß entsprechend. Das gilt auch für → Urteil, Allgemeine Feststellungen, Rdn 3739.

Wird später die Rechtsbeschwerde wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, erwachsen die tatrichterlichen Feststellungen zu der Dauer der Rotphase im Rahmen einer Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes als sog. doppelrelevante Tatsachen in Rechtskraft und sind damit ggf. für das weitere Verfahren, insbesondere für die Frage, ob die Voraussetzungen eines Regelfahrverbots gem. lfd. Nr. 132.3 BKat vorliegen, bindend (so KG, Beschl. v. 12.4.2017 – 3 Ws (B) 31/17, NZV 2017, 340 m. Anm. Krenberger = VRS 131, 175; Beschl. v. 1.7.2021 – 3 Ws (B) 167/21, NZV 2021, 589; → Fahrverbot, qualifizierter Rotlichtverstoß, Rdn 1694).

 

Rdn 3382

b) Umstr. ist in der Rechtsprechung der OLG, ob der Tatrichter die dem Betroffenen vorgeworfene Rotlichtzeit dem in Augenschein genommenen, aber nicht verlesenen Teil des von dem Verkehrsverstoß gefertigten Radarfotos entnehmen kann, wenn darauf ordnungsgemäß i.S.d. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen worden ist. Zum Teil wird das in der Rspr. der OLG (vgl. KG NStZ-RR 2016, 27 = VRS 129, 155 = NZV 2016, 293; OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.9.2018 – 6 Rb 16 Ss 469/18, StRR 10/2018, 4 [Ls.]) ausnahmsweise als zulässig angesehen. Die überwiegende Meinung verweist jedoch darauf, dass es sich insoweit nicht um Abbildungen handelt. Auf diese könne also im Urteil nicht nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO verwiesen werden (vgl. für Messprotokolle/Eichscheine BayObLG, Beschl. v. 31.1.2022 – 202 ObOWi 106/22, zfs 2022, 349; OLG Bamberg zfs 2015, 49; Beschl. v. 7.8.2017 – 3 Ss OWi 996/17, NStZ-RR 2018, 89 [Ls.]; Beschl. v. 7.3.2018 – 3 Ss OWi 284/18, DAR 2018, 279; OLG Brandenburg DAR 2005, 97 = StraFo 2005, 120; OLG Düsseldorf VA 2...

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