Dr. Axel Deutscher, Dr. iur. Thorsten Junker
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Zu trennen sind die Form und der Inhalt der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. |
2. |
Gem. § 79 Abs. 5 S. 1 entscheidet das OLG grds. durch Beschluss. |
3. |
§ 349 Abs. 2 und 3 StPO ist im Rechtsbeschwerdeverfahren über § 79 Abs. 3 entsprechend anwendbar. |
4. |
Das OLG kann durch Beschluss oder Urteil entscheiden. Es kann in der Sache selbst entscheiden oder das Urteil des AG aufheben und die Sache zurückverweisen. |
Rdn 2993
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Rechtsbeschwerde, Allgemeines, Rdn 2932 und → Rechtsmittel, Allgemeines, Rdn 3221.
Rdn 2994
1. Zu trennen sind die Form (vgl. Rdn 3003) und der Inhalt (vgl. Rdn 2996 ff.) der Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
Rdn 2995
2. Gem. § 79 Abs. 5 S. 1 entscheidet das OLG grds. durch Beschluss. Immer dann, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss nach § 72 richtet, ist ausschließlich eine Beschlussentscheidung des Beschwerdegerichts möglich. Wird dagegen ein Urteil angefochten, kann das Beschwerdegericht gem. § 79 Abs. 5 S. 2 nach seinem Ermessen auch nach Durchführung einer HV durch Urteil entscheiden. Für eine solche HV gelten die Vorschriften der §§ 350, 351 StPO entsprechend.
Rdn 2996
3. In der Praxis bedeutsam sind auch § 347 StPO und § 349 Abs. 2 und 3 StPO, die im Rechtsbeschwerdeverfahren über § 79 Abs. 3 entsprechend anwendbar sind (KK/Hadamitzky, § 79 Rn 150a; Rebmann/Roth/Herrmann, § 79 Rn 38). Nach dieser Vorschrift gestaltet sich der Verfahrensablauf nach der Einlegung der Rechtsbeschwerde wie folgt:
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Die Rechtsbeschwerdeschrift ist dem Gegner des Beschwerdeführers zuzustellen. Diesem steht es frei, binnen einer Woche eine Gegenerklärung einzureichen (§ 347 Abs. 1 S. 2 StPO). Sofern das Urteil von Seiten des Betroffenen wegen eines Verfahrensfehlers mit der Rechtsbeschwerde angefochten wurde, gibt die StA eine solche Gegenerklärung ab, wenn anzunehmen ist, dass dadurch die Prüfung der Rechtsbeschwerde erleichtert wird. |
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Die GStA, beantragt unter Anführung einer Begründung, die Rechtsbeschwerde durch Beschluss zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO). |
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Diese Begründung ist dem Beschwerdeführer zur Gegenäußerung mitzuteilen, die innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung erfolgen muss (§ 349 Abs. 3 StPO). |
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Nach Ablauf dieser 2-wöchigen Stellungnahmefrist entscheidet der Bußgeldsenat, ob die Rechtsbeschwerde gemäß dem Antrag der GStA durch Beschluss als "offensichtlich unbegründet" verworfen wird (zur Zulässigkeit der OU-Beschlüsse BVerfG, Beschl. v. 30.6.2014 – 2 BvR 792/11). |
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Ein solcher Beschluss setzt Einstimmigkeit voraus. Diese ist ohne Weiteres in den Fällen gegeben, in denen nach § 80a in der Besetzung mit einem Richter entschieden wird (hierzu → Rechtsbeschwerde, Zuständigkeit, Rdn 3190). Zudem bedarf der Beschluss keiner Begründung. Die OLG werden deshalb durch dieses Instrument der Beschlussverwerfung erheblich entlastet (vgl. ausführlich KK/Hadamitzky, § 79 Rn 150 ff.; Rebmann/Roth/Herrmann, § 79 Rn 38). |
Rdn 2997
4.a) Liegt ein Verfahrenshindernis oder ein durchgreifender Fehler auf dem Gebiet des Verfahrensrechts oder des sachlichen Rechts vor, ist die Rechtsbeschwerde begründet. Die amtsgerichtliche Entscheidung ist dann gem. § 79 Abs. 3 i.V.m. § 353 Abs. 1 StPO aufzuheben (zu den Gründen für die Fehlerhaftigkeit einer amtsrichterlichen Entscheidung → Rechtsbeschwerde, Sachrüge, Rdn 3054 und → Rechtsbeschwerde, Verfahrensrüge, Rdn 3077).
☆ Die Aufhebung erfolgt insoweit , wie der angefochtenen Entscheidung ein Rechtsfehler anhaftet. Betrifft der Rechtsfehler die gesamte Entscheidung, erfolgt eine vollständige Aufhebung. Sind nur Teile der Entscheidung rechtsfehlerhaft, erfolgt nur eine Teilaufhebung.Aufhebung erfolgt insoweit, wie der angefochtenen Entscheidung ein Rechtsfehler anhaftet. Betrifft der Rechtsfehler die gesamte Entscheidung, erfolgt eine vollständige Aufhebung. Sind nur Teile der Entscheidung rechtsfehlerhaft, erfolgt nur eine Teilaufhebung.
Rdn 2998
b) Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Entscheidung hat das Beschwerdegericht gem. § 79 Abs. 6 mehrere Entscheidungsmöglichkeiten:
Rdn 2999
aa) Abweichend von § 354 StPO kann das OLG stets in der Sache selbst entscheiden. Voraussetzung für eine eigene Sachentscheidung ist, dass der Amtsrichter vollständige und tragfähige Feststellungen zur Sache getroffen hat, auf denen die Rechtsbeschwerdeentscheidung aufbauen kann. Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn das amtsgerichtliche Urteil nahezu keine Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen enthält (BVerfG NJW 1995, 443).
Rdn 3000
Entscheidet das OLG in der Sache selbst, kann es jede Sachentscheidung treffen, die dem AG bei einer Zurückverweisung der Sache eröffnet wäre, z.B.:
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Änderung des Schuldspruchs (OLG Düsseldorf NZV 1994, 42; OLG Hamburg NStZ-RR 1999, 57, 59; OLG Hamm NStZ-RR 1999, 23), |
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Klarstellung des Schuldspruchs (OLG Zweibrücken NZV 1992, 460), |
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Ergänzung des Schuldspruchs um eine bisher fehlende Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit; OLG Köln zfs 2004, 88), |
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