1 Leitsatz
Im Rahmen der Vollstreckung des Rechnungslegungsanspruchs kommt es nicht auf die materielle Richtigkeit an.
2 Normenkette
§ 888 ZPO
3 Das Problem
Verwalter S ist verurteilt, Rechnung zu legen. S legt daraufhin auch eine Rechnung vor. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer G hält diese Rechnungslegung aber für unzureichend und beantragt daher, gegen S ein Zwangsgeld festzusetzen.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! S habe die Pflicht, Rechnung zu legen, erfüllt. Entscheidend sei nämlich nicht die materielle Rechtslage, sondern ausschließlich dasjenige, was der Vollstreckungstitel zum Inhalt und Umfang der Rechnungslegungspflicht vorgebe. Es müssten danach – rein formal betrachtet und unabhängig von ihrer Richtigkeit – zu sämtlichen Einzelheiten, über die der Urteilsausspruch einen Schuldner zu Angaben verpflichtet, Auskünfte vorhanden sein. So sei es aber im Fall. Denn S habe über die Entwicklung der Erhaltungsrücklage in der Zeit vom 1.5.2015 bis zum 30.4.2018 formal ordnungsmäßig Rechnung gelegt. S habe ferner Erklärungen zum Verbleib sämtlicher für die Erhaltungsrücklage bestimmter Gelder abgegeben. Ob die Angaben des S richtig seien, sei für § 888 ZPO unerheblich.
5 Hinweis
Im neuen Recht wäre es nicht anders! Auch dort schuldet der ausgeschiedene Verwalter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 666 BGB mit Beendigung seines Amtes "Rechenschaft". Legt er nach einer Verurteilung Rechnung, kann man im Rahmen der Zwangsvollstreckung dann darüber streiten, ob der titulierte Auskunftsanspruch erfüllt worden ist. Hier stellt sich das Problem, welche Anforderungen man an die Erfüllungshandlung stellen kann, ohne das formalisierte Vollstreckungsverfahren durch materiell-rechtliche Prüfungen zu überlasten. Für die Entscheidung, ob der titulierte Anspruch erfüllt ist, ist insoweit auf den Inhalt des Vollstreckungstitels abzustellen. Die Erfüllung eines Rechnungslegungsanspruchs setzt danach eine nach Maßgabe von Urteilstenor und -gründen formal vollständige Rechnungslegung voraus. Es müssen – rein formal betrachtet und grundsätzlich unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit der erteilten Auskünfte – zu sämtlichen Einzelheiten, über die der Urteilsausspruch den Schuldner zu Angaben verpflichtet, Auskünfte vorhanden sein, wobei zur Auslegung des Vollstreckungstitels über den Umfang der geschuldeten Rechnungslegung die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind. Bei Auskunftsansprüchen spielt es für die Beurteilung der Frage, ob die Angaben des Schuldners dem gegen ihn ergangenen Titel genügen, hingegen keine Rolle, ob die Angaben richtig oder umfassend sind. Zweifeln in dieser Richtung muss – schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit – im Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nachgegangen werden. Eine Auskunft ist erst dann unzureichend, wenn sie "nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vornherein unglaubhaft" ist (BGH, Urteil v. 17.5.2001, I ZR 291/98). Allein der Verdacht, der Verwalter könne bewusst oder unbewusst seine Erinnerungsfähigkeit unterdrückt haben, rechtfertigte es freilich noch nicht, dessen Erklärung von vornherein als unglaubhaft und damit als nicht abgegeben anzusehen (BGH, Urteil v. 17.5.2001, I ZR 291/98).
6 Entscheidung
LG Dortmund, Beschluss v. 7.6.2021, 9 T 126/21