Leitsatz
In einem nach iranischem Recht durchgeführten Ehescheidungsverfahren vor einem deutschen Familiengericht verlangte die Ehefrau mit iranischer Staatsangehörigkeit die Zahlung einer Morgengabe. Es ging in dem Verfahren primär um die Qualifikation des Rechtsinstituts der Morgengabe.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im August 1999 als iranische Staatsbürger im Iran geheiratet. Der erste Ehemann der Klägerin war am 23.2.1998 verstorben. Aus dieser Ehe hatte sie zwei in Jahren 1984 und 1987 geborene Kinder. Unmittelbar vor der Eheschließung mit der Klägerin verpflichtete sich der Beklagte in einem notariellen Ehevertrag u.a. zur Zahlung einer Morgengabe von 1.200 Goldmünzen Bahar Azadi.
Auf Antrag des Ehemannes wurde das Scheidungsverfahren nach iranischem Recht vor einem hiesigen Familiengericht durchgeführt. In diesem Verfahren wurde nach Art. 17 Abs. 2 EGBGB auch der Versorgungsausgleich geregelt. Das erstinstanzliche Gericht hat in seiner Begründung ausgeführt, der Ehemann könne eine talaq-Scheidung verlangen. Diese widerspreche nicht dem ordre public, weil der Scheidungsantrag auch nach deutschem Recht begründet sei. Beide Parteien verzichteten auf Rechtsmittel und Anschlussrechtsmittel.
Mit ihrer zunächst als Verbundsache erhobenen Klage hat die Klägerin Zahlung einer Morgengabe begehrt. Das erstinstanzliche Gericht hat diesen Antrag abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Morgengabe sei wegen ihrer Nähe zum Unterhaltsrecht wie eine Unterhaltsvereinbarung auszulegen. Der Anspruch der Klägerin bestehe mangels Unterhaltsbedürftigkeit nicht. Im Übrigen sei der Beklagte nicht leistungsfähig. Ein Anspruch der Klägerin scheitere im Übrigen unabhängig von ihrer Unterhaltsbedürftigkeit am ordre public.
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.200 Goldmünzen Bahar Azadi zu Eigentum zu übergeben.
Ihr Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hielt die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für gegeben. Sie richte sich in Ehesachen mit iranischer Beteiligung mangels Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29.5.2000 ausschließlich nach deutschem Zivilprozessrecht.
In der Sache bejahte das OLG einen Anspruch der Klägerin auf die Hälfte der Morgengabe gem. Art. 1078 ff. des iranischen Zivilgesetzbuches i.V.m. dem Heiratsvertrag vom 15.8.1999.
Die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung der Morgengabe beurteile sich im vorliegenden Fall nach iranischem Recht. Tatsächlich sei die international-privatrechtliche Einordnung der Morgengabe (mahr) des islamischen Rechts in Rechtsprechung und Literatur umstritten, weil es im deutschen Recht kein unmittelbar passendes Gegenstück gebe. Teilweise werde sie unterhaltsrechtlich (KG v. 12.11.1979 - 3 WF 3982/79, FamRZ 1980, 470 f.; v. 11.9.1987 - 3 WF 5304/87, FamRZ 1988, 296; AG Hamburg IPPax 1983, 74; AG Kerpen FamRZ 1998, 1429; AG Kerpen FPR 2002, 315), teilweise güterrechtlich (OLG Bremen FamRZ 1988, 606 f., Soergel/Schurig, BGB, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB Rz. 35; Krüger FamRZ 1977 115; Siehr in Münch/Komm/Siehr/BGB, 3. Aufl. 1998, Art. 15 EGBGB Rz. 91; Wurmnest FamRZ 2005, 1878 ff.) qualifiziert. Vereinzelt werde sie sowohl unterhaltsrechtlich als auch güterrechtlich eingeordnet.
Nach einer zunehmend vertretenen Meinung sei die mahr der islamischen Rechte als allgemeine Ehewirkung einzuordnen. Ihr Schicksal richte sich, wenn sie bei Eheschließung nicht bezahlt worden sei, nach dem Ehewirkungsstatut und im Scheidungsfall dementsprechend nach dem Scheidungsstatut.
Im vorliegenden Fall könne die rechtliche Einordnung im Ergebnis offen bleiben, weil von ihr die Frage des anzuwendenden Rechts nicht abhänge. Unter jedem möglichen Gesichtspunkt sei iranisches Recht anzuwenden. Das OLG subsummierte die Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Morgengabe unter Art. 14 EGBGB.
Der Anspruch der Klägerin sei mit dem geschlechtlichen Vollzug der Ehe entstanden. Er könne nicht durch den von dem Beklagten erhobenen Vorwurf, die Klägerin lebe mit einem anderen Partner zusammen, entfallen. Die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung der Morgengabe ergebe sich aus dem von beiden Parteien unterzeichneten notariellen Ehevertrag vom 15.8.1999, gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken bestünden.
Der Klägerin stehe gem. Art. 147 iran. ZGB die Hälfte der in dem Ehevertrag vereinbarten Morgengabe zu, da die Ehe der Parteien in Form der mobarat-Scheidung geschieden worden sei, da beide Parteien die Scheidung der Ehe verlangt hätten, es an einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien über die Lösegeld fehle und das OLG nach den gesamten Umständen des Sach- und Streitstandes eine hälftige Teilung der vereinbarten Morgengabe für angemessen erachtete.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Urteil vom 23.03.2006, 21 UF 144/05