Leitsatz
Der Vater eines minderjährigen Kindes beantragte die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich. Der Kindesmutter war das Sorgerecht entzogen und Vormundschaft angeordnet worden. Das Kind lebte seit März 2001 in einer Pflegefamilie. Der Kindesvater und Antragsteller sowie dessen Eltern pflegten ständig Kontakt mit dem Kind.
Der Kindesvater hat beantragt, die Vormundschaft aufzuheben und ihm die elterliche Sorge für das Kind zu übertragen. Das FamG hat diese Anträge zurückgewiesen und den Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie angeordnet. Außerdem hat es Regelungen zum Umgangsrecht des Antragstellers mit dem Kind getroffen.
Mit seiner fristgerecht erhobenen Beschwerde wandte sich der Kindesvater gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Übertragung des Sorgerechts.
Sein Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg. Das OLG übertrug die elterliche Sorge auf den Vater und ordnete den Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie an.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hatte sich im Beschwerdeverfahren nur mit der Frage der Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater zu befassen, weil die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts nur insoweit angefochten worden war.
Nach mündlicher Verhandlung und der Anhörung des Kindes unter Würdigung des Gutachtens des Sachverständigen sowie der Stellungnahmen sämtlicher Beteiligter kam das OLG zu dem Ergebnis, dass die elterliche Sorge für das Kind auf den Vater zu übertragen, zugleich aber der Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern anzuordnen sei.
Das OLG bezog sich in seiner Entscheidung auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen, der zu dem Ergebnis gelangt war, dass auf längere Sicht ein Wechsel des Kindes in die Obhut des Vaters und die Rückkehr in die väterliche Familie ermöglicht werden solle, wobei es allerdings einer behutsamen Vorbereitung bedürfe. Der Sachverständige habe sowohl dem Antragsteller wie auch seinen Eltern eine grundsätzliche Erziehungseignung attestiert, zugleich aber Vorbehalte hinsichtlich der Stabilität der persönlichen Lebenssituation des Vaters geltend gemacht und vor allem Bedenken dahingehend geäußert, dass er sich bislang noch nicht hinreichend mit den besonderen Schwierigkeiten auseinandergesetzt habe, die mit einem Aufenthaltswechsel des Kindes verbunden seien.
Nach den aus der Sicht des OLG überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen erscheine es dem Kindeswohl dienlich, dem Vater die elterliche Sorge zu übertragen. Angesichts der zuletzt deutlich schlechter gewordenen Beziehung zwischen dem Kindesvater und den Pflegeeltern und den damit einhergehenden Belastungen der Umgangskontakte sah das OLG nur die von ihm veranlasste Möglichkeit, um die verhärteten Fronten aufzubrechen und den auf längere Sicht wünschenswerten Wechsel des Kindes in die Obhut des Vaters mit Nachdruck zu fördern.
In seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass es nicht die jahrelangen Erziehungs- und Betreuungsleistungen der Pflegeeltern verkenne, in deren Familie das betroffene Kind wie ein leibliches Kind integriert worden sei. Es stehe außer Frage, dass die Pflegeeltern die ersten Bezugspersonen des Kindes seien, das seit mehr als sechs Jahren in der Familie lebe und hier seine Prägung und Entwicklung zu einer eigenen Persönlichkeit erfahren habe. Es bestehe eine feste emotionale Bindung des Kindes zu seinen Pflegeeltern und zu seinen "Geschwistern". Dies habe sich auch aus der persönlichen Anhörung deutlich ergeben.
Dies ändere allerdings nichts daran, dass sich die Pflegeeltern mit dem für sie schmerzlichen Gedanken vertraut machen müssten, dass das Kind auf Dauer nicht in ihrer Familie werde bleiben können. Dass sie bislang von einer anderen Perspektive ausgegangen seien, stehe dem nicht entgegen, da insoweit die Belange der Pflegeeltern hinter dem des Kindeswohls zurücktreten müssten. Ein sofortiger Wechsel des Kindes in die Obhut des leiblichen Vaters komme nicht in Betracht. Der Sachverständige habe überzeugend ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung auch nachdrücklich bestätigt, dass und warum mit einem sofortigen Obhutswechsel ein besonderes Risiko für das Wohlergehen des Kindes verbunden wäre.
Von einer zeitlichen Begrenzung der Verbleibensanordnung sei abzusehen, weil noch nicht verlässlich beurteilt werden könne, wann eine Gefährdungssituation bei einem Obhutswechsel für das Kind nicht mehr bestehe.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 10.10.2007, 14 UF 103/07