Alexander C. Blankenstein
1.1 Definition
Wesen der Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu haben, eigenes Vermögen bilden zu können und im gerichtlichen Verfahren klagen und verklagt werden zu können. Rechtsfähig sind qua Gesetz nur natürliche Personen. Rechtsfähig sind jedoch auch die juristischen Personen – also insbesondere GmbH, AG und Verein –, wobei deren Rechtsfähigkeit allein auf der Anerkennung der Rechtsordnung beruht.
Soweit der BGH bezüglich der Wohnungseigentümergemeinschaft von einer Teilrechtsfähigkeit gesprochen und der Gesetzgeber diese Terminologie übernommen hatte, bedeutet dies nur, dass sich die Rechtsfähigkeit nicht auf das Eigentum am Gemeinschaftseigentum bezieht, sondern dieses den einzelnen Wohnungseigentümern als Mitgliedern einer Bruchteilsgemeinschaft zugeordnet ist. Innerhalb der ihr durch das Gesetz verliehenen Rechtsfähigkeit ist vielmehr auch die Wohnungseigentümergemeinschaft voll bzw. unbeschränkt rechtsfähig. Die Reichweite der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist insoweit in § 9a WEG geregelt und umfasst gemäß § 18 Abs. 1 WEG den Bereich der gesamten Verwaltung des Gemeinschaftseigentums. Wobei sich allerdings die Verwaltungskompetenz nicht allein auf bereits vorhandenes Gemeinschaftseigentum bezieht, sondern auch auf künftig seitens der Gemeinschaft erworbenes Gemeinschaftseigentum. Von vornherein keine Zuständigkeit besteht hingegen bezüglich des Sondereigentums.
Nach § 9a Abs. 1 Satz 3 WEG "firmiert" die Wohnungseigentümergemeinschaft unter der Bezeichnung "Wohnungseigentümergemeinschaft" oder "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer", gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks.
Richtige Bezeichnung
- "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Hauptstraße 14, 12345 Feldstadt" oder
- "Wohnungseigentümergemeinschaft Hauptstraße 14, 12345 Feldstadt" oder
- "GdWE Hauptstraße 14, 12345 Feldstadt"
1.2 Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit
Die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft beginnt mit dem Anlegen der Grundbücher. Zu diesem Zeitpunkt ist die Eigentümergemeinschaft nämlich nach § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG entstanden. Im praxisrelevanten Fall der Teilung nach § 8 WEG existiert die sog. "werdende Eigentümergemeinschaft" nicht mehr. Bis zum Inkrafttreten des WEMoG war diese entstanden, sobald aufgrund rechtswirksamen Erwerbsvertrags zugunsten des 1. Erwerbers eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen und auf diesen der Besitz der Sondereigentumseinheit übergegangen war und ein gültiger Erwerbsvertrag vorlag. Nunmehr gilt gemäß § 8 Abs. 3 WEG als Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern,
- wer einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat,
- dieser Anspruch durch Vormerkung im Grundbuch gesichert ist und
- dem Erwerber der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.
Die Fiktion als Eigentümer gilt dabei nur im Innenverhältnis, sodass der Erwerber nicht der Teilhaftung des § 9a Abs. 4 WEG gegenüber außenstehenden Dritten unterliegt.
Im weniger praxisrelevanten Fall der Begründung von Wohnungseigentum durch Vertrag nach § 3 WEG entsteht die Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähiger Verband ebenfalls sobald die Wohnungsgrundbücher angelegt sind, die vertragliche Teilung also grundbuchmäßig vollzogen ist.
Die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft endet mit der Beendigung der Gemeinschaft. Dies kann der Fall sein, wenn die Sondereigentumsrechte aufgehoben werden oder wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen, also alle Miteigentumsanteile derselben Person zustehen. Schließlich endet die Gemeinschaft gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 WEG auch dann, wenn das Wohnungseigentum aufgrund entsprechender Vereinbarung aufgehoben wird, weil das Gebäude ganz oder teilweise zerstört ist und eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht.
1.3 Überblick
Der BGH hatte bereits im Jahr 1980 die Komplexität des Wohnungseigentumsrechts beklagt. Durch die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft – zunächst seitens der Rechtsprechung und schließlich des Gesetzgebers – hat sich hieran nichts geändert. Waren zunächst auch neue Probleme entstanden, wurden diese in praxisrelevanter Hinsicht auch gelöst. Vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft existierte lediglich eine Gemeinschaft nach Bruchteilen, die nicht rechtsfähig war.
Diese Bruchteilsgemeinschaft besteht auch heute weiter neben der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Bruchteilsgemeinschaft besteht aus sämtlichen Wohnungseigentümern, die Eigentümer des Gemeinschaftseigentums nach Bruchteilen sind. Der Bruchteil entspricht dem Miteigentumsanteil des jeweiligen Wohnungseigentümers.
Von maßgeblicher Bedeutung für die Abgrenzung dieser beiden Rechtsbereiche ist § 10 Abs. 1 WEG. Hiernach bestimmt sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach den Vorschriften des Wohnungseige...