Alexander C. Blankenstein
4.1 Vertretung durch den Verwalter
In 1. Linie wird die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter vertreten. Insoweit verleiht die Bestimmung des § 9b Abs. 1 WEG dem Verwalter eine für das Außenverhältnis unbeschränkte und unbeschränkbare Vertretungsmacht mit Ausnahme von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen. Der Verwaltungsbeirat ist zur Vertretung der Gemeinschaft nicht berechtigt. Dieser unterstützt und überwacht den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben. Ist ein Verwalter nicht vorhanden, vertreten die Wohnungseigentümer in ihrer Gesamtheit die Wohnungseigentümergemeinschaft.
4.2 Fehlender Verwalter
Ein Verwalter fehlt schlicht dann, wenn er nicht bestellt ist oder seine Amtszeit bzw. Bestelldauer abgelaufen ist. Ein Verwalter fehlt auch dann, wenn er von seinem Amt abberufen oder sein Bestellungsbeschluss für ungültig erklärt wurde. Vom Fehlen des Verwalters kann auch dann ausgegangen werden, wenn dieser etwa infolge langdauernder Erkrankung oder Strafhaft keine Verwaltertätigkeit entfalten kann. Eine lediglich kurzfristige Verhinderung genügt nicht.
4.3 Fehlende Vertretungsberechtigung
Dem Verwalter fehlt die Berechtigung zur Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dann, wenn ein konkreter Interessenkonflikt vorliegt, wie dies insbesondere im Fall eines Insichgeschäfts gemäß § 181 BGB der Fall sein kann oder er gerichtlich nach den allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausscheidet.
Regress gegen den Verwalter
Infolge fehlerhafter Beschlussdurchführung ist der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Schaden entstanden. Diesen möchte sie nun vom Verwalter ersetzt bekommen und entsprechend Klage erheben.
Da der Verwalter Vertretungsorgan der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist, müsste er als Vertreter der Gemeinschaft gegen sich selbst klagen. Dies ist allerdings nicht möglich. Auch bei Rechtsgeschäften mit dem Verwalter würde die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vom Verwalter vertreten werden. Hierin würde ein Verstoß gegen § 181 BGB liegen, der Insichgeschäfte des Vertreters mit sich selbst verbietet. Für diese Fälle muss die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer also durch einen anderen als den Verwalter vertreten werden.
Für diese Fälle sieht die Bestimmung des § 9b Abs. 2 WEG vor, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter vertritt. Den Wohnungseigentümern ist weiter die Kompetenz eingeräumt, einen anderen Wohnungseigentümer mit dieser Aufgabe durch Beschluss zu betrauen.
TOP XX: Bestellung eines Vertreters gegenüber dem Verwalter
Die Wohnungseigentümer bestellen Frau/Herrn ________________ zum Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: _____
Nein-Stimmen: _____
Enthaltungen: _____
Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:
______________
Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.
4.4 Vertretung durch die Wohnungseigentümer
Scheidet der Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus, weil ein Verwalter nicht bestellt ist, vertreten gemäß § 9b Abs. 2 WEG sämtliche Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Gesamtvertreter. Dies führt stets dann in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aktiv werden muss, also etwa Heizöl zu bestellen ist oder erforderliche Erhaltungsmaßnahmen zu beauftragen sind. Bei der gesetzlich angeordneten Gesamtvertretung bedarf es nämlich der Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer. Diese müssen nicht zwangsläufig gleichzeitig handeln, jedoch zumindest gleichgerichtet. Gleichfalls kann es allerdings ausreichen, wenn einer oder einzelne der Wohnungseigentümer handeln und die übrigen Wohnungseigentümer dieses Handeln durch Zustimmung genehmigen.
Derartige Schwierigkeiten konnten vor Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 noch durch eine Beschlussfassung auf Grundlage von § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG a. F. vermieden werden. Diese nicht mehr geltende Bestimmung hatte den Wohnungseigentümern die Möglichkeit eröffnet, durch Mehrheitsbeschluss einen oder mehrere Wohnungseigentümer zur Vertretung der Eigentümergemeinschaft zu ermächtigen. Diese Möglichkeit besteht nicht mehr. Der Gesetzgeber des WEMoG war der Auffassung, dass die Wohnungseigentümer einen Verwalter bestellen müssen, so sie eine Einzelperson als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wünschen.
Sollten Gemeinschaften von der Möglichkeit des § 27 Abs. 3 Satz 3 WEG a. F. Gebrauch gemacht haben, sind entsprechende Beschlüsse mit Inkrafttreten des WEMoG wirkungslos geworden, da insoweit keine Beschlusskompetenz mehr besteht.
Geht es um die Passivvertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere also die Entgegennahme von Willenserklärungen, genügt die Abgabe grundsätzlich gegenüber einem der Wohnungseigentümer. Sie gilt dann der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber als zugegangen. Der Wohnungseigentümer, der insoweit als Erklärungsempfänger ...