1 Leitsatz
Die Beschwer einer zur Auskunftserteilung verpflichteten Partei bemisst sich nach ihrem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen.
2 Normenkette
§§ 3, 511 ZPO
3 Das Problem
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K nimmt die B-GmbH auf erneute Abrechnung der Heizkosten für das Jahr 2015 entsprechend den Vorgaben des zwischen K und der Rechtsvorgängerin der B-GmbH geschlossenen Wärmelieferungsvertrags aus dem Jahr 1984 und auf Aushändigung der Rechnung in Anspruch.
K ist der Ansicht, die ihr unter dem 17.6.2016 erteilte Heizkostenabrechnung entspreche nicht den Vorgaben des Wärmelieferungsvertrags. Das LG gibt der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Berufung hält das KG Berlin für unzulässig. K sei nicht in Höhe von mehr als 600 EUR beschwert. Dagegen wendet sich K zum BGH.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Die Beschwer einer zur Auskunftserteilung verpflichteten Partei sei nach ihrem Interesse zu bemessen, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dafür sei grundsätzlich auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der Auskunft erfordere. Es komme darauf an, welcher Aufwand im konkreten Fall voraussichtlich anfalle bzw. – wenn der Beklagte die Auskunft (zur Abwehr der Zwangsvollstreckung oder nach Einlegung des Rechtsmittels) bereits erteilt habe – welcher Aufwand hierfür habe betrieben werden müssen.
Aus rechtlicher Sicht sei es nicht zu beanstanden, dass das KG Berlin bei der Bemessung der Beschwer nicht die von B angegebenen 22 Stunden, sondern lediglich 10 Stunden angesetzt habe. Der Aufwand zur Erfüllung des titulierten Anspruchs sei auch nicht deswegen höher ausgefallen, weil umfassende Prüfungen, Besprechungen und auch Rücksprachen mit dem Energieversorger erforderlich gewesen seien. Der insoweit angeführte Aufwand beziehe sich nicht ausschließlich auf die Erstellung einer neuen Abrechnung, sondern sei teilweise bereits im Zusammenhang mit der Erhebung von Einwendungen gegen den eingeklagten Anspruch entstanden.
5 Hinweis
Problemüberblick
Man unterscheidet vor allem den Gebührenstreitwert, den Zuständigkeitsstreitwert und den Rechtsmittelstreitwert. Im Fall geht es um den Rechtsmittelstreitwert. Dieser ist auch im Wohnungseigentumsrecht stets nach §§ 3ff. ZPO zu ermitteln.
Auskunft und Rechtsmittelstreitwert
Beim Rechtsmittelstreitwert ist zu unterscheiden, wer Rechtsmittelführer ist:
Ist die Klage auf Auskunft abgewiesen worden, entspricht der Rechtsmittel- dem Zuständigkeitsstreitwert. Dann ist zu ermitteln, welches wirtschaftliche Interesse die klagende Partei an der Erteilung der Auskunft hat.
Ist der Rechtsmittelführer zur Auskunft verurteilt worden, bestimmt sich der Wert nach seinem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist im Wesentlichen darauf abzustellen, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Erteilung der Auskunft erfordert und ob die verurteilte Partei ein schützenswertes Interesse daran hat, bestimmte Tatsachen vor dem Gegner geheim zu halten. Vor dem Urteil bereits entstandener Aufwand bleibt außer Betracht, auch wenn auf ihn zur Erfüllung der Auskunftsverpflichtung teilweise zurückgegriffen werden kann. Für die Wertbemessung bei der Erfüllung einer Auskunftspflicht durch die verurteilte Partei selbst sind grundsätzlich die Vorschriften des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) heranzuziehen. Personalkosten, die für die Auskunftserteilung für den Einsatz eigener Mitarbeiter anfallen, ebenso wie die eigenen Aufwendungen des Auskunftsverpflichteten, können nur nach Maßgabe der Stundensätze angesetzt werden, die Mitarbeiter nach dem JVEG als Zeugen in einem Zivilprozess erhalten würden. Ein höherer Stundensatz kommt nur in Betracht, wenn es sich um eine berufstypische Leistung handeln würde oder ein entsprechender Verdienstausfall vorläge. Muss sich die Partei bei der Auskunftserteilung und Rechnungslegung fremder Hilfe bedienen, ist auf die Kosten abzustellen, die die Einschaltung einer Hilfsperson verursacht. Diese Kosten entsprechen dem Wert des Beschwerdegegenstands und sind vom Gericht nach freiem Ermessen festzusetzen.
6 Entscheidung
BGH, Beschluss v. 5.10.2021, VIII ZB 83/20