Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Ausgeschiedener Eigentümer besitzt keine Abrechnungs-Ansprüche mehr
Ansprüche auf Abrechnung und Auszahlung etwaiger Guthaben gehen auf dessen Rechtsnachfolger über
Keine nachträglichen Abrechnungspflichten gegenüber ausgeschiedenen Eigentümern
Zweckgebundenes Verwaltungsvermögen der Mitglieder einer Gemeinschaft
Normenkette
§ 28 Abs. 3, 5 WEG, § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG
Kommentar
1. Ein aus der Gemeinschaft durch Veräußerung ausgeschiedener Eigentümer kann Miteigentümer nicht mehr auf erstrebte Verwaltungsmaßnahmen durch ersetzende gerichtliche Entscheidungen (hier: Abrechnung von ihm einbezahlter Wohngeldvorauszahlungsansprüche und Auszahlung etwaiger Guthaben) in Anspruch nehmen. Für ein solches Verpflichtungsverfahren gegen Miteigentümer und zugleich den Verwalter als ausführendes Organ muss ein Rechtsschutzinteresse bei gerichtlicher Geltendmachung bestehen. Dieses kann entfallen, wenn ein antragstellender Wohnungseigentümer zwischenzeitlich sein Wohnungseigentum veräußert und der Rechtsnachfolger kein Interesse an der Weiterverfolgung solcher Ansprüche hat (vgl. BayObLG, WE 95, 63; Bärmann/Pick/Merle, § 43 Rn. 95); ein solches Interesse des Rechtsnachfolgers war vorliegend nicht ersichtlich.
2. Solche und sonstige nachwirkenden Ansprüche auf Abrechnung einbezahlter Beitragsvorschüsse bestehen für einen ausgeschiedenen Eigentümer nach dem Finanzsystem der Gemeinschaft und deren Rechnungswesen nicht; die Wohnungseigentümer untereinander haben allein während der Dauer ihrer Mitgliedschaft in der Gemeinschaft Anspruch auf jährliche Abrechnung von Wohngeldvorauszahlungen und auch Auszahlung von Abrechnungsüberschüssen bzw. auf Nachzahlung von Fehlbeträgen. Hier hat der Verwalter als ausführendes Organ die Abrechnung vorzubereiten und der Versammlung zur Beschlussfassung vorzulegen ( § 28 Abs. 3 WEG), damit die Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis (der Gemeinschaft) festgelegt werden ( § 28 Abs. 5 WEG).
3. Ein solcher Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung von Guthaben geht mit dem Ausscheiden eines Wohnungseigentümers auf dessen Nachfolger über und kann damit folgerichtig auch nicht mehr von dem ausgeschiedenen, früheren Eigentümer geltend gemacht werden. Außerhalb der jährlichen Gesamtabrechnung einer Gemeinschaft im Innenverhältnis kann es keine weiteren nachträglichen Abrechnungspflichten gegenüber einem oder mehreren ausgeschiedenen Wohnungseigentümern geben, weder für die Gemeinschaft noch für den Verwalter.
4. Recht und Pflicht zur Abrechnung einbezahlter und ausgegebener Gelder folgen aus der Mitgliedschaft am Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft. Mit dem Übergang dieses Verwaltungsvermögens einschließlich der offenen Forderungen geht auch die Abrechnungskompetenz auf den Wohnungsnachfolger über; somit verliert der ausgeschiedene Eigentümer seinen Abrechnungsanspruch gegen die Gemeinschaft; darin liegt auch keine "Enteignung", weil das Verwaltungsvermögen insgesamt zweckgebunden ist und auch nicht anteilig herausverlangt werden kann.
Der Vorschusscharakter der Wohngeldvorauszahlungen steht dem Rechtsverlust des ausgeschiedenen Eigentümers nicht entgegen; mit seinen Einzahlungen in die Gemeinschaftskasse hat er sein Alleinbestimmungsrecht über die einbezahlten Gelder bereits verloren; geblieben ist ihm nur der Anspruch auf Abrechnung und Ausgleich während seiner Mitgliedschaft, jedoch nicht mehr danach. Die (untechnische) "Gegenleistung" für die Beitragsvorschüsse war die faktische Erwartung, dass er wegen der Verwaltungsschulden nicht mehr von Drittgläubigern (Außengläubigern) der Gemeinschaft als Gesamtschuldner in voller Höhe in Anspruch genommen wird, weil der Verwalter ausreichende Mittel in der Gemeinschaftskasse hat.
5. Keine außergerichtliche Kostenerstattung in III. Instanz bei Geschäftswert II. (in Änderung) und III. Instanz von DM 2000,-.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 31.01.2000, 24 W 7323/98)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Dieses Entscheidungsergebnis erscheint mir zutreffend, dokumentiert allerdings erneut die viele Jahre von Prof. Bärmann kritisch herausgestellte Inkonsequenz, dass Vermögensvorteile und auch -rechte (einschließlich etwaiger Guthabensansprüche aus nachfolgenden Abrechnungen) auf einen Rechtsnachfolger übergehen, demgegenüber Schulden (Nachzahlungsverbindlichkeiten) nach abweichender herrschender Rechtsmeinung grds. nicht. Der BGH ist bekanntlich in seinen Grundsatzentscheidungen von 1994, 1995 und 1999 sogar davon ausgegangen, dass einem Rechtsnachfolger nicht Wohngeldvorauszahlungsschulden des Voreigentümers zum abgelaufenen Geschäftsjahr in einer nachfolgend saldierten und beschlussgenehmigten Abrechnung angelastet werden können, sondern der Rechtsnachfolger zum Zeitpunkt einer Abrechnungsgenehmigung zeitlich nach erfolgtem Eigentumswechsel allein und generell nur für die etwa verbleibende sog. Abrechnungsspitze belastet werden kann (und zwar auch ohne Beschlussanfechtungszwang insoweit bei - unberechtigterweise - voller, sa...