Leitsatz
Geschiedene Eltern einer am 24.8.1990 geborenen Tochter hatten zunächst die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam ausgeübt und sich auch über den Aufenthalt der Tochter geeinigt. Sie lebte zunächst in dem Haushalt ihrer Mutter.
In der Folgezeit gab es zunehmend Auseinandersetzungen zwischen den Eltern über den Aufenthalt der Tochter, die den Wunsch geäußert hatte, zukünftig bei ihrem Vater an einem anderen Ort wohnen und dort ihre Schulausbildung fortsetzen zu wollen. Eine Einigung hierüber konnte zwischen den Eltern nicht erzielt werden. Der Vater beantragte daraufhin, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter sowie die Entscheidungsbefugnis in schulischen Angelegenheiten und passrechtlichen Angelegenheiten zu übertragen. Ferner beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung insoweit.
Das erstinstanzliche Gericht erließ eine einstweilige Anordnung des von dem Vater beantragten Inhalts. Hiergegen wandte sich die Mutter mit der sofortigen Beschwerde, die lediglich insoweit Erfolg hatte, als die einstweilige Anordnung des erstinstanzlichen Gerichts insoweit aufgehoben wurde, als dem Vater dort auch die Entscheidungsbefugnis in passrechtlichen Angelegenheiten übertragen worden war.
Im Übrigen blieb die sofortige Beschwerde ohne Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die sofortige Beschwerde der Mutter nur insoweit für begründet, als sie sich dagegen wehrte, dass dem Vater auch die Entscheidungsbefugnis in Passangelegenheiten des Kindes übertragen worden war. Im Übrigen hielt es die sofortige Beschwerde für unbegründet.
Ein Regelungsbedürfnis für den Erlass der einstweiligen Anordnung ergebe sich bereits daraus, dass die Eltern sich nicht darüber einigen könnten, wo sich ihre gemeinsame Tochter zukünftig aufhalten solle. Bei seiner Entscheidung sei das FamG nicht an die ursprüngliche von den Kindeseltern übereinstimmend gewollte Aufenthaltsregelung gebunden. Diese in Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge ursprünglich gemeinsam getroffene einvernehmliche Regelung habe in diesem Fall keinen Bestand mehr.
Gem. § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB habe sich die zu treffende Entscheidung allein am Kindeswohl zu orientieren. Insoweit fehle es den Kindeseltern an einem Mindestmaß an Übereinstimmung bzw. Kooperationsbereitschaft, die es gestatten würde, beiden neben dem Sorgerecht im Übrigen auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht zur gemeinsamen Ausübung zu belassen.
Da auch die Frage des Schulbesuchs der Tochter unmittelbar mit der Frage, wo sie sich in nächster Zukunft aufhalten solle, verbunden sei, sei auch hierüber durch einstweilige Anordnung zu entscheiden.
Das OLG kam zu dem Ergebnis, es diene dem Kindeswohl am besten, wenn die Tochter zu ihrem Vater ziehe, um dort die von ihr beabsichtigte weitere Schulausbildung zu absolvieren.
Bei einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung habe das Gericht gerade auch den geäußerten Kindeswillen entscheidend mit zu berücksichtigen. Der von der Tochter eindeutig und wiederholt geäußerte Wille sei so bedeutsam, dass eine dem Kindeswillen entgegenstehende Entscheidung zum Nachteil des Wohles der Tochter gereichen würde.
Sie erscheine nicht so unreif, wie ihre Mutter sie schildere. Für ihre Entscheidung, zu ihrem Vater ziehen zu wollen, möge auch eine Rolle spielen, dass sie sich von ihrer Mutter zu sehr bevormundet fühle. Jugendliche im Alter der Tochter benötigten ihre Freiräume und das Gefühl, eigenverantwortlich handeln zu können.
Die Betreuungstätigkeit für eine Jugendliche im Alter der Tochter sei nur noch in eingeschränktem Maße erforderlich. Entscheidend werde sein, dass die Tochter zur Ruhe kommen könne und sich insgesamt verstanden fühle.
Dieses Verständnis finde sie derzeit bei ihrer Mutter nicht. Sie fühle sich bei ihrem Vater wohl und lehne eine Rückkehr zu ihrer Mutter strikt ab. Im Kindeswohlinteresse liege es daher allein, dass die Mutter zunächst dieses Willen akzeptiere und alles daran setze, dass ihre Tochter ohne Druck ihre Probleme lösen könne.
Die Befürchtung der Mutter, der Vater werde mit der Tochter und seiner übrigen Familie ins Ausland umziehen, könne dadurch entkräftet werden, dass das OLG keine Regelungsbedürfnis dafür sehe, dem Vater auch in Passangelegenheiten die alleinige Entscheidungsbefugnis zu übertragen. Zunächst sei es allein notwendig, im summarischen einstweiligen Anordnungsverfahren eine Regelung bezüglich des generellen Aufenthalts sowie des Schulbesuchs der Tochter zu treffen. Die Anordnung weiterer vorläufiger Regelungen sei nicht notwendig.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 26.09.2006, 4 UF 138/06