Leitsatz
In der Gebäudeversicherung ergibt eine ergänzende Vertragsauslegung einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat.
Normenkette
§ 67 VVG, § 82 VVG
Sachverhalt
Die Kl. machte als Gebäudeversicherer Rückgriffsansprüche gegen die Bekl. geltend. Der VN, der Eigentümer des Gebäudes ist, vermietete eine Wohnung des versicherten Gebäudes an die Streitkräfte der USA. Diese überließen die Wohnung der Familie M. als Mitglied der US-Streitkräfte. In dem Mietvertrag hieß es u.a.: "Die monatliche Miete beträgt 1.300 DM. Die nachstehend aufgeführten Betriebskosten sind in der Miete enthalten". Nach dem Mietvertrag verpflichtete sich der Mieter, die Kosten für die laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks, namentlich die Grundsteuer, die Versicherung gegen Feuer, Sturm und Leitungswasser … zu übernehmen.
In der Wohnung der Familie M. war ein Brand ausgebrochen. Zu dieser Zeit hielt sich lediglich der 13-jährige Sohn der Familie in der Wohnung auf. Die Kl. leistete an den VN 206.261 DM. Diesen Betrag verlangte sie im Weg des Regresses von der Bekl., der Bundesrepublik Deutschland, in Prozessstandsschaft für die Vereinigten Staaten von Amerika.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht (BG) hat ihr dem Grunde nach stattgegeben. Die Revision der Bekl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidung
1. Der BGH ging zunächst auf die Ausführungen des BG ein, wonach die Kl. gegen die Bekl. dem Grunde nach einen Anspruch habe aus übergegangenem Recht auf Ersatz der Brandschäden gem. § 67 Abs. 1 VVG in Verbindung mit positiver Vertragsverletzung des Mietvertrags und § 276 Abs. 1 BGB, § 278 BGB, § 535 ff. BGB, § 549 Abs. 3 BGB. Bei Mietverträgen, mit denen sich der Mieter anteilig an den Brandversicherungskosten als Nebenkosten zur Miete beteilige, bestehe eine stillschweigende Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das gelte auch bei individuell ausgehandelten Mietverträgen mit öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Mieter. Damit hafte die Bekl. lediglich für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit der Erfüllungsgehilfen, also der Familie M. (§ 278 BGB).
Den Beweis für ein solches Verschulden habe die Kl. erbracht, soweit er ihr nach den Regeln der Beweislastverteilung oblegen habe. Im Anwendungsbereich der Schadenersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung gelte bezüglich des Verschuldens § 548 BGB mit § 282 BGB analog. Allerdings werde die Anwendbarkeit des § 282 BGB bei Ansprüchen aus positiver Vertragsverletzung dahingehend modifiziert, dass die Beweislastverteilung nach Gefahren- und Verantwortungsbereichen vorgenommen werde. Wenn der Vermieter den Nachweis erbringe, dass die Schadensursache aus dem Verantwortungsbereich des Mieters hervorgegangen sei, dann müsse sich der Mieter hinsichtlich des Verschuldens entlasten. Hier müsse also der Mieter solche Tatsachen beweisen, nach denen Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auszuschließen seien.
Der Kl. habe durch Sachverständigengutachten den Beweis geführt, dass die Schadensursache allein und ausschließlich dem Gefahren-, Obhuts- oder Verantwortungsbereich der Mieter entstamme… Die Bekl. habe bezüglich des Verhaltens der Mieter nichts zu ihrer Entlastung vorgetragen.
2. Mit der Auffassung, bei Mietverträgen, mit denen sich der Mieter anteilig an den Brandversicherungskosten als Nebenkosten zur Miete beteilige, bestehe eine stillschweigende Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit - so der BGH - befinde sich das BG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGHZ 131, 288 = VersR 1996, 320).
a) Nach ihr sei der Wohnungsmieter nicht in der Gebäudefeuerversicherung des Wohnungseigentümers mitversichert, sondern "Dritter" i.S.v. § 67 Abs. 1 S. 1 VVG, sodass insoweit nach dieser Vorschrift der Übergang eines gegen ihn gerichteten Schadenersatzanspruchs des Wohnungseigentümers auf den Versicherer nicht ausgeschlossen sei. Aus der Verpflichtung des Wohnungsmieters zur Zahlung der (anteiligen) Kosten für die Feuerversicherung ergebe sich aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung eine stillschweigende Beschränkung der Haftung des Mieters für die Verursachung von Brandschäden auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
b) Die Rechtsprechung sei - weniger im Ergebnis als in der Begründung - auf unterschiedliche Kritik gestoßen, weil die Lösung des Problems auf der haftungsrechtlichen anstatt auf der versicherungsrechtlichen Ebene gefunden worden sei. Vor allem sei nicht überzeugend, dass der konkludente Haftungsverzicht des Vermieters und damit der Schutz des Mieters davon abhängen solle, dass der Vermieter seine Kalkulation offen lege und den Mieter erkennbar mit der anteiligen Prämie für die Feuerversicherung belaste (vgl. Armbrüster NJW 1997, 177; kritisch auch Ihne r+s 1999, 89, der einen stillschweigenden Haftungsverzicht des Vermieters dann verneine, wenn der Mieter eine Haftpflichtversicherung abgeschlosse...