Leitsatz
Mehrere im Gebiet der früheren DDR gelegene Grundstücke waren im Jahre 1962 vor dem Tod der jeweiligen Erblasser enteignet worden. Die Erblasser verstarben in den Jahren 1965 und 1977.
Die Ehe der Parteien wurde 1984 geschlossen. Die Grundstücke wurden nach dem Vermögensgesetz im Jahre 1994 auf den Beklagten gegen Rückzahlung des früher bereits erlangten Lastenausgleichs zurückübertragen. Der Stichtag für den Zugewinn lag im November 1993. Kernproblem des Falles war die Frage, ob die nach der Wiedervereinigung eingetretene Wertsteigerung dem Zugewinnausgleich unterliegt.
Sachverhalt
Die im Jahre 1984 geschlossene Ehe der Parteien wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 27.5.1994 geschieden. Der Ehescheidungsantrag wurde am 10.11.1993 zugestellt. Die Ehefrau begehrte Zugewinnausgleich. Zwischen den Parteien war streitig, ob sich das Anfangsvermögen des Ehemannes gem. § 1374 Abs. 2 BGB um den Wert mehrerer restituierter Grundstücke in den neuen Bundesländern erhöht. Hintergrund dessen war Folgender:
Der Beklagte hatte seinen am 22.5.1965 verstorbenen Vater zu 3/8 und seine am 16.3.1977 verstorbene Tante zu 10/48 beerbt. Der Vater war Eigentümer eines Grundstücks in D. Die Tante war Eigentümerin dreier in D. und M. gelegener Grundstücke. Alle vier Grundstücke wurden 1962 - also vor dem Tod der Erblasser - entschädigungslos enteignet. Aufgrund des Vermögensgesetzes wurden ein Grundstück im Jahre 1992 und die übrigen Grundstücke 1994/1995 auf die Erbengemeinschaft nach dem Vater und der Tante rückübertragen.
Der auf den Beklagten entfallende anteilige Wert der rückübertragenen Grundstücke betrug bei Inkrafttreten des Vermögensgesetzes als dem für den Rückübertragungsanspruch maßgebenden Zeitpunkt 845.041,67 DM. Hieraus ergab sich bezogen auf den Endstichtag nach den Berechnungen des Berufungsgerichts ein indexierter Wert von 943.594,92 DM.
Das aus einem Sparvermögen stammende Anfangsvermögen des Beklagten betrug - ohne den etwaigen nach § 1374 Abs. 2 BGB zu berücksichtigenden Zuerwerb der Grundstücke - 103.237,00 DM, indexiert nach den Berechnungen des Berufungsgerichts somit 125.898,78 DM.
Das Endvermögen des Beklagten betrug nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einschließlich des anteiligen Wertes der restituierten Grundstücke 1.004.473,55 DM.
Die Ehefrau hatte in der Ehe keinen Zugewinn erzielt.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen, da das Anfangsvermögen des Beklagten sein Endvermögen übersteige und sich somit ein Zugewinn nicht ergebe. Das OLG hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen, soweit die Klage wegen eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich i.H.v. 224.604,07 EUR abgewiesen worden war. In dieser Höhe verfolgte die Klägerin mit der Revision ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidung
Das OLG hatte gem. § 1374 Abs. 2 BGB die Einbeziehung der Werte der anteiligen Ansprüche auf Rückübertragung der enteigneten Grundstücke in das Anfangsvermögen des Ehemannes vorgenommen.
Der BGH hielt diese Vorgehensweise für falsch.
Es komme lediglich auf das Vermögen zu Beginn des Güterstandes an. Zu diesem Zeitpunkt - im Jahre 1984 - sei völlig offen gewesen, ob und unter welchen Voraussetzungen es jemals zu einer Wiedervereinigung mit weitreichenden Vermögensfolgen kommen werde. Der Wert sei damals Null gewesen. Der Rückerwerb enteigneten Vermögens sei hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Realisierung völlig ungewiss gewesen. Ein wirtschaftlich verwertbares Anrecht habe aufgrund der politischen Verhältnisse nicht vorgelegen. Eine realisierbare Vermögensposition habe der Beklagte insoweit erst mit Inkrafttreten des Vermögensgesetzes am 29.9.1990 erlangt (vgl. zum Ganzen BGH v. 28.1.2004 - XII ZR 221/01, BGHZ 157, 379, 384 f. = MDR 2004, 811 = BGHReport 2004, 816 m. Anm. Kogel = FamRZ 2004, 781, 782). Der sich aus dem Vermögensgesetz ergebende Rückübertragungsanspruch sei unmittelbar und originär in der Person des Beklagten entstanden. Nach dem Vermögensgesetz werde nicht etwa die alte Eigentumslage ex tunc hergestellt. Das Eigentum werde vielmehr mit Wirkung ex nunc neu begründet. Es liege lediglich eine formale Anknüpfung an die Erbfolge vor.
Die Richtigkeit dieses Ergebnisses folge auch aus dem Vergleich mit Sachverhalten, in denen ein Ehegatte ein Grundstück in der ehemaligen DDR geerbt habe, sodann enteignet worden sei und später - nach Eintritt des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft - das Eigentum aufgrund des Vermögensgesetzes zurückerlangt habe. Auch in einem solchen Fall könne das rückübertragene Grundstück - weil es bei Beginn des Güterstandes nicht mehr zum Vermögen des enteigneten Ehegatten gehört habe, dessen Anfangsvermögen nicht zugerechnet werden mit der Folge, dass der andere Ehegatte über den Zugewinnausgleich an der Rückgabe dieses Grundstücks partizipiere (BGH v. 28.1.2004 - XII ZR 221/01, BGH 157, 379 = MDR 2004, 811 = BGHReport 2004, 816 m. Anm. Kogel = FamRZ 2004, 781).
Diese Rechtsfolge müsse erst recht gelten, wenn schon der Rechtsvorgänger ...