Zusammenfassung
Nimmt eine Gesellschaft ein Drittdarlehen auf, stellt häufig der Gesellschafter die Sicherheiten. Das kann in der Insolvenz der Gesellschaft dazu führen, dass der Gesellschafter auch für Rückzahlungen auf das Drittdarlehen haftet.
Hintergrund
Die Beklagte ist die alleinige Gesellschafterin der später insolventen E. GmbH (nachfolgend "Schuldnerin"). Der Schuldnerin wurde 2010 von Ihrer Bank ein Darlehen über mehrere Millionen Euro gewährt. Als Sicherheit wurden der Bank Grundschulden an sechs Grundstücken der Beklagten und an einem Grundstück der Schuldnerin eingeräumt. Zusätzlich wurden der Bank in unterschiedlichen Verträgen weitere Rechte zugesprochen, die die Rückführung des Darlehens sicherstellen sollten, u.a. verpflichtete sich die Beklagte dazu sämtliche Gewinne der Schuldnerin zu thesaurieren.
Nachdem die Schuldnerin im Oktober 2013 Insolvenzantrag stellte, wurde das Insolvenzverfahren am 01.01.2014 eröffnet. Dabei wurde im Jahr 2013 das Darlehen der Bank noch um etwa 1,5 Mio. EUR zurückgezahlt. Daneben verwertete die Bank die Grundschuld an dem Grundstück der Schuldnerin und erhielt einen Erlös von etwa 700 TEUR.
Der klagende Insolvenzverwalter verlangt nun von der Beklagten die Zahlung von etwa 2,2 Mio. EUR. Denn durch die Rückführung des Darlehens und durch die Verwertung des Grundstücks der Schuldnerin aufgrund der Grundschuld, sei die Beklagte insoweit von Ihrer gestellten Sicherheit frei geworden.
Das Urteil des BGHs vom 25.06.2020, Az. IX ZR 243/18
Der BGH gab der Klage statt und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz. Denn sofern ein Gesellschafter eine Sicherheit für ein Drittdarlehen stelle und das Darlehen im letzten Jahr vor Insolvenzantragsstellung zurückgezahlt werde, hafte der Gesellschafter für die Rückzahlung. Grund hierfür sei, dass der Gesellschafter von der Rückzahlung profitiere, da er insoweit von seiner Verpflichtung aus der Sicherheit befreit werde. Vorliegend gelte auch nichts anderes, weil der Bank vertragliche Sonderrechte eingeräumt wurden. Denn diese sicherten letztendlich nur ihre Rechte aus dem Darlehensvertrag, räumten der Bank aber keine gesellschafterähnliche Position ein.
Anmerkung
Der Entscheidung des BGHs lag ein Fall der sog. "Doppelbesicherung" zugrunde. Von einer Doppelbesicherung spricht man, wenn ein Dritter (z.B. eine Bank) der Gesellschaft ein Darlehen gewährt und die Rückzahlung des Darlehens sowohl durch die Gesellschaft als auch durch die Gesellschafter besichert wird. Gerät die Gesellschaft anschließend in die Insolvenz, sieht das Gesetz vor, dass ein Gesellschafter, der direkt ein Darlehen an die Gesellschaft gegeben und ein Gesellschafter, der "bloß" ein Drittdarlehen besichert hat, gleichzustellen sind. In beiden Fällen soll dem Gesellschafter nur eine sog. nachrangige Forderung zukommen, so dass eine Rückzahlung auf seine Forderungen erst erfolgt, wenn alle anderen Gesellschaftsgläubiger befriedigt wurden.
Diese Wertung wird auch für das letzte Jahr vor der Insolvenz angesetzt. Zahlt die Gesellschaft im letzten Jahr vor der Insolvenz noch ein Gesellschafterdarlehen (teilweise) zurück, kann der Insolvenzverwalter diese Zahlungen gegenüber dem Gesellschafter anfechten, mit der Folge, dass der Gesellschafter den Betrag zurückzahlen muss. Wurde das Darlehen von einer Bank ausgegeben und der Gesellschafter hat "lediglich" die Sicherheit gestellt, soll nichts anderes gelten. In diesem Fall hat der Gesellschafter ebenfalls den Betrag, den die Bank als Rückzahlung auf das Darlehen erhalten hat, an den Insolvenzverwalter "zurückzuzahlen". Denn der Gesellschafter hat von der Rückführung des Darlehens dahingehend profitiert, dass er in dieser Höhe mit seiner Sicherheit frei wurde. Dies gilt auch, wenn das Darlehen zurückgezahlt wurde, weil andere Sicherheiten, die die Gesellschaft selbst gestellt hatte, verwertet wurden. Denn nach der Wertung des Gesetzes steht zuerst der Gesellschafter vollumfänglich mit dem Betrag ein, den er bereit war entweder als Darlehen selbst zur Verfügung zu stellen oder durch eine Sicherheit abzudecken.
Dieses Ausfallrisiko sollte man als Gesellschafter daher bewusste einkalkulieren. Denn gerät die Gesellschaft in die Insolvenz, werden Sicherheiten, die die Gesellschaft selbst gestellt hat, nur nachrangig verwertet; zuerst ist vollumfänglich auf die Sicherheit des Gesellschafters zurückzugreifen. Verlangt daher die Bank dennoch zusätzlich die Stellung von Sicherheiten durch den Gesellschafter, ist zumindest auf eine betragsmäßige Begrenzung zu achten.