Die Verordnung erfasst in ihrem sachlichen Anwendungsbereich nicht nur die "klassische" Scheidung, sondern auch die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes.
3.4.1 Bereichsausnahmen
Nach Art. 1 Abs. 2 ROM-III-Verordnung sind vom Anwendungsbereich der Verordnung folgende Regelungsgegenstände ausgeschlossen:
- die Rechts- und Handlungsfähigkeit natürlicher Personen (Art. 1 Abs. 2 lit. a);
- das Bestehen, die Gültigkeit oder die Anerkennung einer Ehe (Art. 1 Abs. 2 lit. b);
- die Ungültigerklärung einer Ehe (Art. 1 Abs. 2 lit. c);
- das Namensrecht der Ehegatten (Art. 1 Abs. 2 lit. d);
- die vermögenrechtlichen Folgen der Ehe (Art. 1 Abs. 2 lit. e);
- die elterliche Sorge (Art. 1 Abs. 2 lit. f);
- Unterhaltspflichten (Art. 1 Abs. 2 lit. g);
- Trusts- und Erbschaften (Art. 1 Abs. 2 lit. h).
Auch wenn sich das Bestehen einer Ehe als Vorfrage im Rahmen eines Trennungs- oder Scheidungsverfahrens stellt, wird keine Ausnahme von der Bereichsausnahme gemacht.
Die Bereichsausahmen decken sich – mit Ausnahme der Ungültigerklärung einer Ehe - mit dem sachlichen Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO, die die gerichtliche Zuständigkeit für Entscheidungen über die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, regelt. Hierdurch wird ein Einklang der beiden Verordnungen erzielt.
3.4.2 Gleichgeschlechtliche Ehe
In den Niederlanden, Belgien, Spanien, Portugal, Norwegen, Schweden, Finnland, Irland und Island wird die gleichgeschlechtliche Ehe rechtlich anerkannt. Umstritten und noch ungeklärt ist, ob die ROM-III-Verordnung auch gleichgeschlechtliche Ehen erfasst, da die Verordnung hierzu keinerlei Aussage trifft. Die gegenwärtig in Deutschland wohl h.M. lehnt die Einbeziehung der im Ausland geschlossenen gleichgeschlechtliche Ehen ab und beruft sich dabei auf den Erwägungsgrund Nr. 10 Abs. 1 Satz 1. Danach soll der sachliche Anwendungsbereich der Rom II-VO mit der sog. Brüssel II a-VO im Einklang stehen; diese sehe ebenfalls nur die verschiedengeschlechtliche Ehe erfasst. Das auf die "Scheidung" gleichgeschlechtlicher Ehen anwendbare Recht bestimmt sich nach dieser Ansicht analog Art. 17 Abs. 1 EGBGB.
Letztendlich wird der EuGH diese Qualifikationsfrage zu entscheiden haben.
3.4.3 Privatscheidungen
Privatscheidungen sind Scheidungen, die ohne konstitutive Wirkung eines Gerichts oder einer Behörde vollzogen werden. Beispiele sind, die Verstoßung der Frau nach islamischem Recht (talaq) oder Übergabe des Scheidungsbriefs vor den Rabbinern nach jüdischem Recht. Höchst umstritten ist, ob Privatscheidungen vom Anwendungsbereich der ROM-III-Verordnung überhaupt umfasst werden.
Bedeutsam ist die Frage der Anwendbarkeit einmal für den Fall, dass die Scheidung im Ausland erfolgt ist und über deren Wirksamkeit in Deutschland zu entscheiden ist (§ 107 FamFG), als auch für den Fall, in denen eine Privatscheidung in Deutschland durchgeführt werden soll. Im zweiten Fall greift Art. 17 Abs. 2 EGBGB ein. Danach sind Privatscheidungen im Inland wegen des staatlichen Scheidungsmonopols unwirksam.
Die Frage der Anwendbarkeit ist derzeit Gegenstand eines Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 267 AEUV beim EuGH. Gegenstand des Verfahrens bildet die gerichtliche Entscheidung über die Anerkennung einer in der Arabischen Republik Syrien von einem religiösen Gericht bestätigten Scheidung von Eheleuten in Deutschland, welche der Präsident des OLG München mit Verwaltungsentscheidung vom 5.11.2013 ausgesprochen hat. Das OLG München hatte das Vorabentscheidungsverfahren zunächst mit einer Entscheidung vom 2.6.2015 eingeleitet. Der EuGH hatte sich mit Beschluss vom 12.5.2015 jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen für offensichtlich unzuständig erklärt. Das OLG München hat das Verfahren am 29.6.2016 erneut dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Eine Entscheidung des EuGH ist hierzu noch nicht ergangen. Der Generalanwalt hat sich in seinem Schlussantrag vom 14.9.2017 gegen die Anwendbarkeit der Rom III- VO auf Privatscheidungen ausgesprochen. In der Regel folgt der EuGH den Schlussanträgen der Generalanwälte. Sollte der EuGH die Anwendbarkeit verneinen, so wird in der Literatur eine Analoge Anwendung der ROM-III-Verordnung aus dem nationalen Recht heraus befürwortet.