Die ROM-III-Verordnung sieht in Art. 5 die Möglichkeit vor, dass die Ehegatten das auf die Scheidung oder Trennung des Ehebandes anwendbare Recht wählen können. Laut den Erwägungsgründen Nr. 9 und Nr. 15 will die Verordnung die Bestimmung des Scheidungsstatuts durch die Rechtswahlmöglichkeit flexibler für die Parteien gestalten.
Die Rechtswahlmöglichkeit stellt gegenüber der bis zum 20.6.2012 geltenden kollisionsrechtlichen Rechtslage eine Neuerung dar. Art. 17 EGBGB a.F. gestattete keine unmittelbare Rechtswahl. Eine Rechtswahl hinsichtlich der persönlichen Ehewirkungen (Art. 14 Abs. 2, Abs. 3 EGBGB) konnte auf das Scheidungsstatut wegen der in Art. 17 Abs. 1 EGBGB a.F. enthaltenen Verweisung durchschlagen.
4.1.1 Wahlmöglichkeiten des Art. 5 Abs. 1 ROM-III-Verordnung
Die ROM-III-Verordnung stellt den Parteien vier abschließende und alternativ wählbare Anknüpfungskriterien zur freien Wahl. Die Rechtswahl genießt Vorrang vor der objektiven Anknüpfung des Art. 8 ROM-III-Verordnung.
Folgende wählbare Rechtsordnungen stehen zur Wahl:
- das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (lit. a):
- das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen beiden zum Zeitpunkt der Rechtswahl sich dort nach wie vor aufhält (lit. b);
- das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt (lit. c);
- das Recht des angerufenen Staates (lit d).
Wird das Recht eines nicht an der Verordnung teilnehmenden Mitglieds- oder eines Drittstaates gewählt, kann die Rechtswahl unwirksam sein, wenn die gewählte Rechtsordnung keine Rechtswahl zulässt.
Eine Rechtswahlvereinbarung muss nur von den Gerichten der Teilnehmerstaaten beachtet werden.
4.1.2 Problem: Doppel- und Mehrstaater
Die in Art. 5 Abs. 1 lit. c ROM-III-Verordnung vorgesehene Möglichkeit, enthält keine Regelung für Doppel- und Mehrstaater. Es stellt sich die Frage, ob ergänzend auf Art. 5 Abs. 1 EGBGB (sog. effektive Staatsangehörigkeit) zurückgegriffen werden kann. Der Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 EGBGB und insbesondere der Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1. 2 EGBGB (Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit) ist ausgeschlossen. Der für die Wählbarkeit eines Rechts erforderliche Bezug wird durch jede Staatsangehörigkeit hergestellt, auch wenn es sich nicht um die effektive handelt. Folglich kann jede Staatsangehörigkeit eines Ehegatten als Anknüpfungspunkt für die Wählbarkeit des betreffenden Rechts ausreichen. Die gleichwertige Berücksichtigung der Staatsangehörigkeiten gehört zu den in Erwägungsgrund Nr. 22 genannten allgemeinen Grundsätzen der EU, insbesondere dem Verbot der Diskriminierung aufgrund der Nationalität. Würde man die effektive Staatsangehörigkeit für ausschlaggebend halten, so müsste deshalb der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB normierte Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit als mit den allgemeinen Grundsätzen der EU nicht vereinbar entfallen.
4.1.3 Zeitpunkt der Rechtswahl
Die Ehegatten können eine Rechtswahl jederzeit, spätestens jedoch bis zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts treffen, Art. 5 Abs. 2 ROM-III-Verordnung. Die Anrufung des Gerichts bestimmt sich nach den Art. 16 Brüssel IIa-VO, vgl. Erwägungsgrund (13). Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Rechtswahlvereinbarung jederzeit geschlossen oder abgeändert werden. Ändern sich die Anknüpfungspunkte einer bereits getroffenen Rechtswahl, berührt dies nicht deren Wirksamkeit. Die Ehegatten haben aber die Möglichkeit, ihre Rechtswahl an die veränderten Umstände anzupassen.
Eine Rechtswahl während des laufenden gerichtlichen Verfahrens ist nach Art. 5 Abs. 3 ROM-III-Verordnung möglich, wenn die lex fori dies vorsieht. Der deutsche Gesetzgeber hat in Art. 46d Abs 2 EGBGB von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Danach kann eine Rechtswahl auch noch im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug getroffen werden, § 46d Abs. 2 EGBGB. § 127a BGB gilt entsprechend, sodass die notarielle Beurkundung durch die Aufnahme eines - die Rechtswahlvereinbarung enthaltenden - gerichtlichen Vergleiches in ein nach §§ 159 ff ZPO i.V.m. 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG errichtetes Protokoll ersetzt werden kann.
Die Wahl ausländischen Rechts kann dazu führen, dass das nach deutschem Recht gem. §§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB einzuhaltende Trennungsjahr, umgangen werden kann.
Bei der Wahl einer ausländischen Rechtsordnung ist Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EGBGB zu beachten, da der Versorgungsausgleich von Amts wegen nur durchzuführen ist, wenn deutsches Recht für die Scheidung anzuwenden ...