Leitsatz
Die Durchsetzungssperre für Eigenkapital ersetzende Darlehen endet erst in dem Zeitpunkt, in dem das Stammkapital der Gesellschaft nachhaltig wiederhergestellt ist, d.h. eine Darlehensrückzahlung aus freiem, die Stammkapitalziffer der GmbH übersteigendem Vermögen erfolgen kann.
Sachverhalt
Der Kläger war Gesellschafter der beklagten GmbH mit einem Geschäftsanteil von 200000 DM. Er veräußerte und übertrug diesen Anteil am 16.9.1994 je zur Hälfte an seine Mitgesellschafter. Als Gegenleistung traten ihm die Erwerber gegen die GmbH gerichtete Darlehensrückzahlungsansprüche von jeweils 50000 DM ab. Am selben Tage beteiligte sich der Kläger als stiller Gesellschafter an der GmbH mit einer Einlage von 200000 DM, die er durch Umwandlung eines Darlehens von 100000 DM, das er der GmbH früher gewährt hatte, sowie Umwandlung der ihm von den Mitgesellschaftern abgetretenen Darlehensrückzahlungsansprüche erbrachte. Mit der Klage verlangt der Kläger von der GmbH die Auszahlung des ihm nach Beendigung der stillen Gesellschaft noch zustehenden Abfindungsguthabens von unstreitig 85000 DM nebst Zinsen. Der BGH hob die verurteilende Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache zurück.
Entscheidung
Dem Zahlungsanspruch des Klägers können die Rechtsprechungsgrundsätze zu Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterleistungen entgegenstehen. Danach sind Darlehen oder ähnliche Leistungen, die ein Gesellschafter der sonst nicht mehr lebensfähigen GmbH anstelle von Eigenkapital gewährt oder belässt, wie gebundenes Stammkapital nach den §§ 30, 31 GmbHG zu behandeln, soweit sie verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdecken. Eigenkapital ersetzende Gesellschafterhilfen verlieren diese Eigenschaft weder dadurch, dass der Gesellschafter, der sie gewährt hat, aus der GmbH ausscheidet, noch dadurch, dass sie bei Gründung einer stillen Gesellschaft in Einlagen des stillen Gesellschafters umgewandelt und in die stille Gesellschaft eingebracht werden. In Anwendung dieser Grundsätze durften die Darlehen nicht zurückgezahlt und die auf die Darlehen geschuldeten Zinsen nicht entrichtet werden, wenn die GmbH bei Hingabe bzw. Stehenlassen der Darlehen in der Zeit bis zum Ausscheiden des Klägers aus der GmbH insolvenzreif oder kreditunwürdig war. Die Durchsetzungssperre entfällt erst, wenn die Rückzahlung aus freiem, die Stammkapitalziffer übersteigendem Gesellschaftsvermögen möglich ist. Insoweit hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Seine allein auf die Freigabe von Sicherheiten durch einen Teil der Kreditgeber der GmbH gestützte Annahme, die Darlehen hätten im Zeitpunkt der Freigabe keinen Eigenkapital ersetzenden Charakter mehr gehabt, genügt hierfür nicht.
Praxishinweis
Entsprechende Überprüfungen muss das OLG nachholen. Dabei ist anhand einer den Anforderungen des § 42 GmbHG entsprechenden Bilanz nach fortgeführten Buchwerten zu ermitteln, ob eine Unterbilanz besteht. Nur wenn und soweit das Vermögen der GmbH die Stammkapitalziffer um die Klageforderung übersteigt, ist die Klage begründet.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 19.9.2005, II ZR 229/03