Markus Piuk, Carmen Lupsan
1. Anteilsübertragung unter Lebenden
a) Voraussetzungen
Rz. 72
Gemäß Art. 202 GesG können Geschäftsanteile rechtsgeschäftlich übertragen werden. Da die Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine geschlossene Zahl von Gesellschaftern bzw. einen "persönlichen Einschlag" hat, ist die Übertragung von Geschäftsanteilen weitaus restriktiver geregelt als etwa jene von Aktien. Geschäftsanteile sind gesetzlich vinkuliert und können an einen (gesellschaftsfremden) Dritten rechtsgeschäftlich nur mit Zustimmung der Generalversammlung übertragen werden. Von der Vinkulierung ausgenommen sind Übertragungen im Kreise der Gesellschafter, Übertragungen im Erbwege (sofern der Gründungsakt nicht ausdrücklich eine Vinkulierung für diesen Fall bestimmt) sowie im Falle der Verwertung eines rechtsgeschäftlichen Pfandrechts an diesen (wohl aber bei der Begründung des Pfandrechts).
Rz. 73
Für die rechtsgeschäftliche Übertragung unter Lebenden ist ein Vertrag in Form einer privaten Urkunde erforderlich. Da die Übertragung von Geschäftsanteilen die Änderung des Gründungsakts im Hinblick auf die Gesellschafterstruktur auslöst, ist auch der Gründungsakt zu ändern. Der neue Gesellschafter muss erklären, dass er die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Stellung als Gesellschafter erfüllt. Die Übertragung von Geschäftsanteilen muss im Gesellschafterregister der Gesellschaft und ins Handelsregister eingetragen werden (Art. 203 Abs. 1 GesG). Gegenüber Dritten ist die Übertragung erst ab dem Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister wirksam (Art. 203 Abs. 2 GesG).
b) Verfügungsbeschränkungen
Rz. 74
Mit Ausnahme der Vinkulierung sieht das Gesetz keine Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich der Übertragung von Geschäftsanteilen vor. Die Gesellschafter können im Gründungsakt vereinbaren, dass den Gesellschaftern ein Vorkaufsrecht zusteht, falls ein Gesellschafter Geschäftsanteile an einen Dritten zu veräußern beabsichtigt. Durch den Gründungsakt kann auch vereinbart werden, dass die Veräußerung von Geschäftsanteilen (an andere Gesellschafter oder an Dritte) untersagt ist.
c) Zustimmungserfordernis (Vinkulierung)
Rz. 75
Die Übertragung von Geschäftsanteilen zwischen den Gesellschaftern ist frei, da der geschlossene Charakter der Gesellschaft dadurch nicht beeinträchtigt wird. Eine solche Übertragung bedarf daher keiner Zustimmung seitens der Generalversammlung. Beabsichtigt ein Gesellschafter hingegen die Veräußerung seiner Geschäftsanteile an einen (gesellschaftsfremden) Dritten, ist eine Zustimmung durch Beschluss der Gesellschafter, die mindestens ¾ des Stammkapitals vertreten, erforderlich (Art. 202 Abs. 2 GesG). Es wird teilweise die Ansicht vertreten, wonach die Geschäftsanteile des übertragungswilligen Gesellschafters in diese ¾ des Stammkapitals nicht einzuschließen sind, weil sich ein Gesellschafter in Fragen, in denen er ein persönliches, vom Gesellschaftsinteresse verschiedenes Interesse hat, seiner Stimme in der Generalversammlung zu enthalten hat. Wird die für die Übertragung ggf. erforderliche Zustimmung der Gesellschafter nicht erteilt, kann der übertragungswillige Gesellschafter entweder einen anderen Käufer finden, dem die Zustimmung der anderen Gesellschafter erteilt wird, oder in der Gesellschaft verbleiben oder aus der Gesellschaft austreten.
Rz. 76
Im Fall der Veräußerung von Geschäftsanteilen an Dritte wird das Handelsregister den Beschluss der Gesellschafter (vgl. Rdn 75) von Amts wegen an die Nationale Finanzbehörde sowie an alle Finanzämter übermitteln.
2. Vererbung von Gesellschaftsanteilen
Rz. 77
Geschäftsanteile sind vererblich. Werden Geschäftsanteile durch Vererbung übertragen, haben die anderen Gesellschafter kein Zustimmungsrecht. Ein Zustimmungserfordernis kann allerdings im Gründungsakt vereinbart werden. Mit dem Zeitpunkt der Einantwortung der Erbschaft werden die jeweiligen Erben Gesellschafter der Gesellschaft. Die Zustimmung der übrigen Gesellschafter bezieht sich, sofern im Gründungsakt vorgesehen, nicht auf die Anerkennung der Stellung der Erben als Gesellschafter, sondern auf die Nichtfortführung der Gesellschaft mit dem Erben als Gesellschafter. Wird dem Erben keine Zustimmung seitens der übrigen Gesellschafter erteilt, ist die Gesellschaft verpflichtet, dem Erben den Wert der Geschäftsanteile gemäß dem letzten genehmigten Jahresabschluss abzulösen (Art. 202 Abs. 3 GesG) und eine entsprechende Reduzierung des Stammkapitals zu veranlassen.
Rz. 78
Wird aufgrund der Zahl der Erben die gesetzlich zulässige Höchstanzahl der Gesellschafter einer Gesellschaft (d.h. 50) überschritten, haben die Erben eine Zahl von treuhändigen Inhabern (titulari) zu bezeichnen, so dass die gesetzlich zulässige Höchstzahl von Gesellschaftern eingehalten wird (Art. 202 Abs. 4 GesG).