A. Internationales Erbrecht
I. Erbfälle, die nach dem 16.8.2015 eingetreten sind
Rz. 1
Das Internationale Erbrecht wird in Rumänien seit dem 17.8.2015 auf der Basis der EuErbVO bestimmt. Für die Zeit davor ist zwischen zwei Zeiträumen zu unterscheiden, je nachdem, ob der Erbfall vor oder nach Inkrafttreten des neuen Zivilgesetzbuchs (Codul Civil Nou – CCN) vom 17.7.2009 (am 1.10.2011) eingetreten ist. Das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961 ist für Rumänien nicht in Kraft.
II. Erbfälle, die ab dem 1.10.2011 und vor dem 17.8.2015 eingetreten sind
Rz. 2
Für die Erbfälle, die vor dem Anwendungsstichtag für die EuErbVO und nach dem Inkrafttreten des CCN eingetreten sind, bestimmt sich das anwendbare Recht nach den Kollisionsnormen im letzten Buch des CCN: "Internationales Privatrecht". Diese Regelungen haben bereits in mehrfacher Hinsicht mit dem System von 1992 gebrochen und die damals noch im Entwurfsstadium befindliche EuErbVO vorweggenommen:
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Das objektive Erbstatut wird nicht mehr an die Staatsangehörigkeit, sondern an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers angeknüpft (Art. 2633 CCN). |
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Die Nachlassspaltung ist aufgegeben. Auch für die Vererbung der Immobilien gilt das Aufenthaltsrecht des Erblassers (Art. 2633 CCN). |
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Der Erblasser hatte die Möglichkeit einer beschränkten Rechtswahl. Er konnte die Erbfolge hinsichtlich des gesamten Nachlasses und hinsichtlich sämtlicher Aspekte der Erbfolge durch Erklärung in der für ein Testament erforderlichen Form dem Recht seines Heimatstaates unterstellen (Art. 2634 CCN). |
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Für die Formwirksamkeit eines Testaments gilt eine dem Haager Testamentsformübereinkommen angelehnte Regelung (Art. 2635 CCN). |
III. Erbfälle, die vor dem 1.10.2011 eingetreten sind
Rz. 3
Vor dem Inkrafttreten des neuen Codul Civil Nou wurde das IPR durch das Gesetz über die Verhältnisse des Internationalen Privatrechts (IPRG) vom 22.9.1992 geregelt. Die objektive Anknüpfung des Erbstatuts differenzierte danach, ob es sich um bewegliche oder unbewegliche Nachlassgegenstände handelte (Nachlassspaltung). Für Fahrnis wurde das Erbstatut an die Staatsangehörigkeit des Erblassers angeknüpft. Für Immobilien galt das Belegenheitsrecht, d.h. das Recht des Ortes, an dem sich die Sache befindet (Art. 66 IPRG). Zu den unbeweglichen Sachen zählte das IPRG auch das Geschäftsvermögen (fond comercial). Der Inhalt des Begriffs ähnelt dem Begriff des fonds de commerce des französischen Rechts und umfasst grundsätzlich die Gesamtheit der dem Geschäftsbetrieb dienenden beweglichen, unbeweglichen sowie materiellen Güter; hinzugezählt wird etwa auch der Kundenstamm.
Rz. 4
Es war auch eine erbrechtliche Rechtswahl möglich. Der Kreis der wählbaren Rechtsordnungen war nicht beschränkt (Art. 68 Abs. 1 IPRG). Die Rechtswahl durfte aber nicht die Geltung der zwingenden Vorschriften des objektiv bestimmten Rechts ausschließen. Als zwingendes Recht behandelte die rumänische Rechtsordnung beispielsweise die Vorschriften über die Vererbung unbeweglicher Gegenstände, so dass hinsichtlich der Immobilien eine Rechtswahl insgesamt wieder ausgeschlossen wurde.
Rz. 5
Hinsichtlich der Testamentsform enthielt Art. 68 Abs. 3 IPRG eine liberale Regelung, die sich an das Haager Testamentsformübereinkommen anlehnte.
B. Neuregelung des materiellen Erbrechts durch den Codul Civil Nou
Rz. 6
Das materielle Erbrecht ist in Rumänien durch den Codul Civil Nou vom 17.7.2009 (CCN) vollständig neu kodifiziert worden. Die neuen Regelungen gelten für alle ab dem 1.10.2011 eingetretenen Erbfälle. Der CCN hat die vormals verstreuten Regelungen zusammengeführt, so dass jetzt z.B. das Ehegattenerbrecht nicht mehr durch Sondergesetz geregelt ist. Es ist deutlich erkennbar, dass der CCN die Verbundenheit mit dem französischen Recht beibehalten und fortgeführt hat. So wurden vor allem auch einige der Reformen des französischen Rechts von 2006 übernommen.
C. Gesetzliche Erbfolge
I. Das gesetzliche Erbrecht der Verwandten
Rz. 7
Nach dem neuen CC bestehen weiterhin vier Erbordnungen (Art. 964 Abs. 1 CC). Angehörige niedrigerer Ordnungen werden durch solche höherer Ordnungen von der Erbfolge ausgeschlossen. Nach dem Vorversterben von Angehörigen nehmen deren Abkömmlinge ihre Position ein (Eintrittsrecht, Art. 966 CCN). Keine Repräsentation erfolgt dagegen für den ausschlagenden Erben, da dieser so behandelt wird, als sei er nie Erbe gewesen. Innerhalb der gleichen Ordnung schließen Angehörige mit einem näheren Verwandtschaftsgrad solche mit einem entfernteren aus.
Rz. 8
Die erste Erbordnung bilden die Abkömmlinge des Erblassers, d.h. dessen Kinder und Kindeskinder (Art. 964 Abs. 1 lit. a CCN). Nichteheliche Kinder erben gleichberechtigt, soweit diese anerkannt wurden oder aber ihre Abstammung durch Gerichtsurteil festgestellt wurde. Sie erben zu gleichen Teilen (Art. 964 Abs. 4 CC). Für adoptierte Kinder gelten keine Besonderheiten; diese werden wie leibliche Kinder behandelt.
Rz. 9
Die zweite Erbordnung bilden die Eltern des Erblassers sowie deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge (Art. 964 Abs. 1 lit. b CCN). Die Eltern des Erblassers erben g...