Leitsatz

Bei 50/50-Beteiligungen drohen Patt-Situationen bis hin zum Entscheidungsstillstand. Für solche "Dead-Lock-Situationen" gibt es recht drakonische Regelungen, darunter "Russian Roulette" und "Texan Shoot Out". Das OLG Nürnberg hat die Wirksamkeit solcher Regelungen bestätigt.

 

Sachverhalt

Kläger und Beklagter waren vormals Gesellschafter einer Zwei-Personen-Gesellschaft. Die Satzung enthielt eine "Chinesische Klausel", besser bekannt als "Russian-Roulette-Klausel". Danach ist jeder Gesellschafter berechtigt, dem anderen Gesellschafter seine Geschäftsanteile zu einem bestimmten Preis anzubieten. Der andere Gesellschafter erhält sodann ein Wahlrecht: Er kann entweder das Angebot innerhalb einer bestimmten Frist annehmen und durch den Anteilserwerb Alleingesellschafter werden. Alternativ kann er seine Geschäftsanteile dem anderen Gesellschafter zu dem in dem Angebot genannten Preis verkaufen und aus der Gesellschaft ausscheiden. Ergänzend regelte die Satzung, dass mit Zahlung des Kaufpreises etwaige Anstellungsverhältnisse mit der Gesellschaft beendet werden und der ausscheidende Gesellschafter verpflichtet sei, alle Ämter niederzulegen.

Der Beklagte unterbreitete 2011 dem Kläger ein solches Kaufangebot und schied nach dessen Annahme aus der Gesellschaft aus. Sein Vorstandsamt legte er nieder. Allerdings bestellte ihn 2012 der Aufsichtsrat erneut zum Vorstand der Gesellschaft. Der Kläger begehrte die Verpflichtung des Beklagten, auch dieses Amt niederzulegen. Das LG Regensburg gab der Klage statt.

Die Berufung des Beklagten war erfolgreich. Das OLG Nürnberg urteilte, dass die Klauseln dem Beklagten nicht untersagten, nach seinem Ausscheiden eine erneute Berufung zum Vorstand anzunehmen. Mit dem OLG Nürnberg beschäftigte sich erstmals ein Gericht mit der Wirksamkeit von Russian-Roulette-Klauseln. Das Gericht erachtete diese in der Satzung einer zweigliedrigen Kapitalgesellschaft als grundsätzlich wirksam. Zwar werden sog. Hinauskündigungsklauseln, die einem Gesellschafter ohne Vorliegen besonderer Umstände ein freies Kündigungsrecht einräumen, vom BFH als sittenwidrig und deshalb nichtig eingestuft. Der mit einer Russian-Roulette-Klausel verfolgte Zweck, die Auflösung einer möglichen Selbstblockade herbeizuführen, sei aber zumindest bei einer Gesellschaft mit zwei gleich hoch beteiligten Gesellschaftern sachlich gerechtfertigt. Dies gelte auch für die ergänzende Regelung, dass mit dem Ausstieg auch der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag des ausscheidenden Gesellschafters beendet wird und dieser zur Niederlegung seiner Ämter verpflichtet ist.

Nach Ansicht des OLG Nürnberg kann eine Russian-Roulette-Klausel aber dann unwirksam sein, wenn einer der beiden Gesellschafter von Anfang an finanziell gar nicht in der Lage ist, dem anderen Gesellschafter ein Erwerbsangebot zu machen. Nicht auszuschließen ist auch, dass eine Klausel nachträglich unwirksam wird, wenn sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschafter unterschiedlich entwickelt.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Urteil v. 20.12.2013, 12 U 49/13.

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