1. Notariell beurkundete Testamente (Grundform)
Rz. 32
Gemäß Art. 1124 Abs. 1, 1125 Abs. 1 ZGB wird ein Testament grundsätzlich schriftlich ausgefertigt – gegebenenfalls mittels technischer Mittel (PC, Schreibmaschine etc.) –, vom Erblasser unterzeichnet und notariell beurkundet. Weiterhin muss gem. Art. 1124 Abs. 4 ZGB das Testament einen Vermerk über das Datum und den Ort der Beurkundung enthalten (Ausnahme: geschlossene Testamente gem. Art. 1126 ZGB). Im Ausland sind Konsularbeamte der Russischen Föderation gem. Art. 1125 Abs. 7 ZGB i.V.m. Art. 35–38 der Gesetzesgrundlagen über das Notariat befugt, die Beurkundung durchzuführen. Grundsätzlich sind gem. Art. 1125 Abs. 7 ZGB auch Beamte der Selbstverwaltungsorgane berechtigt, Testamente zu beurkunden, wenn an einem Ort in der Russischen Föderation Notare nicht verfügbar sind.
2. Geschlossene Testamente
Rz. 33
Gemäß Art. 1126 ZGB kann der Erblasser ein Testament aufsetzen, ohne dass irgendeine weitere Person Kenntnis von dem Inhalt erhält. Ein solches geschlossenes Testament muss vom Erblasser handschriftlich aufgesetzt und unterzeichnet werden. Werden diese Voraussetzungen nicht eingehalten, ist es unwirksam. Dieses Testament muss der Erblasser in einem verschlossenen Umschlag unter Anwesenheit von zwei Zeugen, die auf dem Umschlag unterzeichnen müssen, einem Notar übergeben. Der Notar muss den Umschlag in einen weiteren Umschlag legen, der von dem Notar mit einem Siegelabdruck versehen wird. Weiterhin muss der Notar auf dem zweiten Umschlag vermerken, von wem er den Umschlag erhalten hat, und den Ort und das Datum des Erhalts und die Namen und Anschriften der Zeugen notieren. Der Notar ist dabei verpflichtet, dem Erblasser zu erklären, dass das Testament von ihm zwingend handschriftlich errichtet und unterzeichnet sein muss, und ihn über die Pflichtteilsrechte seiner Angehörigen zu informieren. Hierüber muss ebenfalls ein Vermerk auf dem zweiten Umschlag gemacht werden. Das Testament wird bei dem Notar aufbewahrt und nach dem Tod des Erblassers vom Notar in Anwesenheit von zwei Zeugen geöffnet. Auch nach der Eröffnung des geschlossenen Testaments verbleibt das Schriftstück zur Aufbewahrung beim Notar. Lediglich ein Protokoll über die Testamentseröffnung wird an den Erben übergeben.
3. Gleichgestellte Testamente
Rz. 34
Gemäß Art. 1127 ZGB stehen notariell beurkundeten Testamenten gleich:
▪ |
Testamente von Bürgern, die sich in medizinischer Behandlung in Krankenhäusern und anderen stationären medizinischen Einrichtungen, Altenheimen und Behindertenheimen befinden. Diese Testamente können von dem leitenden Arzt, seinem Vertreter, dem diensthabenden Arzt oder dem Leiter der Einrichtung beurkundet werden. |
▪ |
Testamente von Bürgern, die sich auf einem Schiff auf hoher See befinden. Sofern das Schiff unter der Flagge der Russischen Föderation fährt, ist der Kapitän berechtigt, das Testament zu beurkunden. |
▪ |
Testamente von Teilnehmern von Forschungs-, Arktis-, Antarktis- und ähnlichen Expeditionen können von dem Leiter der Expedition bzw. des Stationsleiters beurkundet werden. |
▪ |
Testamente von Militärangehörigen und Zivilisten, die beim Militär angestellt sind, und deren Familienmitglieder können, sofern an dem jeweiligen Ort kein Notar verfügbar ist, von dem Kommandeur der Militäreinheit beurkundet werden. |
▪ |
Gefängnisinsassen können Testamente beim Gefängnisleiter beglaubigen lassen. |
Rz. 35
Diese Testamente müssen vom Erblasser unter Anwesenheit eines Zeugen und der zur Beurkundung berufenen Person unterzeichnet werden. Dabei – wie auch in allen anderen Fällen, in denen das russische Erbrecht die Anwesenheit von Zeugen vorschreibt – scheiden als Zeuge gem. Art. 1127 Abs. 2, 1124 Abs. 2 ZGB folgende Personen aus: die im Testament benannten Erben, der Ehegatte, Kinder und Eltern des Erblassers, nicht unbeschränkt geschäftsfähige Personen, Analphabeten und Personen, die unter Behinderungen leiden oder der Sprache, in der das Testament verfasst ist, nicht mächtig sind, so dass sie den Inhalt des Testaments nicht verstehen.
Rz. 36
Das errichtete Testament muss gem. Art. 1127 Abs. 3 ZGB unverzüglich von der beurkundenden Person über die Vertretung des Justizministeriums an einen Notar am Wohnort des Erblassers weitergeleitet werden.
4. Nottestamente
Rz. 37
Gemäß Art. 1129 ZGB kann ein Bürger in einer offensichtlich lebensbedrohenden Situation, aufgrund der es ihm nicht möglich ist, ein ordnungsgemäßes Testament zu errichten, ein Testament in einfacher schriftlicher Form errichten. Hierbei ist als Formvoraussetzung zu beachten, dass der letzte Wille handschriftlich unter Anwesenheit von zwei Zeugen verfasst werden muss. Ein solches Nottestament wird unwirksam, sofern der Erblasser nicht innerhalb eines Monats nach dem Ende der lebensbedrohenden Situation ein ordentliches Testament errichtet hat. Weiterhin ist ein solches Nottestament nur dann wirksam, wenn ein Gericht das Bestehen der Notsituation bestätigt hat.
5. Testamentarische Verfügungen über Bankeinlagen
Rz. 38
Neben der Möglichkeit, in den oben genannten Testamentsformen zu verfügen, sieht Art. 1128 ZGB vor, dass letztwillige Verfügungen über Bankeinlagen auch direkt bei der zuständigen ...