Rz. 72
Das eheliche Gemeinschaftsvermögen wird grundsätzlich zu gleichen Anteilen aufgeteilt (Art. 39 Abs. 1 FGB). Das angerufene Gericht kann von diesem Grundsatz zugunsten einer Partei abweichen, wenn die Interessen minderjähriger Kinder oder beachtliche Interessen eines der Ehegatten dies erfordern. So kommt die Begünstigung eines der Ehegatten u.a. dann in Frage, wenn der andere Ehegatte ohne triftigen Grund keine Einkünfte erzielt oder das Gemeinschaftsvermögen entgegen den familiären Interessen verbraucht hat (Art. 39 Abs. 2 FGB). Aber auch die mangelnde Erwerbsfähigkeit einer Partei aus gesundheitlichen oder anderen nicht verschuldeten Gründen kann zu einer Begünstigung der anderen Partei führen. Die gemeinschaftlichen Schulden werden im Verhältnis der Anteile der Ehegatten am Gemeinschaftsvermögen aufgeteilt (Art. 39 Abs. 3 FGB). Ungeachtet ihrer Wirksamkeit gegenüber Dritten haben ohne Zustimmung des anderen Ehegatten getätigte Veräußerungsgeschäfte ebenso wie eigenmächtige Ausgaben, die nicht im Interesse der Familie liegen, oder das Beiseiteschaffen von Gegenständen des Gesamthandseigentums durch einen der Ehegatten Auswirkungen auf die Vermögensteilung. Die betreffenden Gegenstände oder ihr Geldwert sind bei der Teilung zu berücksichtigen, sodass sich der Gesamtanteil des eigenmächtig handelnden Ehegatten entsprechend verringert.
Rz. 73
Nicht der Teilung unterliegen:
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während der Zeit des Getrenntlebens bei Beendigung der familiären Verhältnisse von jedem der Ehegatten erworbenes Vermögen, wenn das Gericht es dem persönlichen Eigentum des betreffenden Ehegatten zuordnet (Art. 38 Abs. 4 FGB); |
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Gegenstände, die ausschließlich für die minderjährigen Kinder angeschafft wurden. Sie verbleiben bei dem Ehegatten, bei dem die Kinder leben, ohne dass der andere Ehegatte einen Ausgleichsanspruch erwirbt (Art. 38 Abs. 5 FGB); |
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Sparguthaben, die aus dem ehelichen Gemeinschaftsvermögen auf die Namen der gemeinsamen minderjährigen Kinder angelegt wurden (Art. 38 Abs. 5 FGB). |
Rz. 74
Das Gericht legt zunächst die Anteile der Ehegatten am Gemeinschaftsvermögen fest und entscheidet ferner, wie die einzelnen Vermögensgegenstände aufgeteilt werden. Dabei sind die persönlichen und beruflichen Interessen der Parteien zu berücksichtigen. Ist eine Teilung in natura wegen der Art des Gegenstands nicht möglich, verbleibt dieser bei einer Partei, die andere Partei erhält eine Ausgleichszahlung (Art. 254 Abs. 3 i.V.m. Art. 252 Abs. 3 Unterabs. 2 ZGB). Auch Wohnraum unterliegt grundsätzlich der Naturalteilung, soweit er sich in eigenständig bewohnbare Hälften aufteilen lässt. Bei Unteilbarkeit des zum Gesamthandseigentum gehörenden Wohnraums ist die Abfindung einer Partei durch eine Ausgleichszahlung entgegen ihren Willen grundsätzlich nur dann zulässig, wenn sie anderweitigen Wohnraum besitzt. Ist dies nicht der Fall, entsteht Bruchteilseigentum am Wohnraum oder dieser wird veräußert und der Erlös zwischen den Ehegatten im Verhältnis ihrer Anteile am Gemeinschaftsvermögen aufgeteilt. Besonderheiten gelten u.a. auch für die Teilung von Gesellschaftsbeteiligungen. Problematisch ist eine Teilung in natura insbesondere dann, wenn die Satzung der Gesellschaft ein Verbot oder eine Beschränkung der Aufnahme eines neuen Gesellschafters ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter vorsieht und die entsprechende Zustimmung nicht erteilt wurde. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, entweder dem anderen Ehegatten, der nicht Gesellschafter ist, den Marktwert der Gesellschaftsbeteiligung im Verhältnis zu seinem Anteil am ehelichen Gemeinschaftsvermögen auszuzahlen oder die Gesellschaftsbeteiligung gemäß dem vorgesehenen Verfahren zu verkaufen und den Erlös zwischen den Ehegatten entsprechend aufzuteilen.
Rz. 75
Das Recht, Teilungsklage zu erheben, verjährt innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem der geschiedene Ehegatte von der Verletzung seines Rechts am Gesamthandseigentum sowie dem richtigen Beklagten einer entsprechenden Klage zum Schutz dieses Rechts Kenntnis hatte oder hätte haben müssen (Art. 38 Abs. 7 i.V.m. Art. 9 Abs. 2 FGB, Art. 200 Abs. 1 ZGB). Sofern die geschiedenen Ehegatten nach Ehescheidung das eheliche Gemeinschaftsvermögen gemeinsam weiter nutzen, beginnt die Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem einer der geschiedenen Ehegatten Handlungen vornimmt, die den anderen daran hindern, seine Rechte in Bezug auf dieses Vermögen auszuüben. Dies ist z.B. der Fall, wenn gemeinschaftliches Vermögen veräußert wurde oder es an einen Ort verbracht wurde, zu dem der andere geschiedene Ehegatte keinen Zutritt hat. Eine Verletzung des Rechts am Gemeinschaftsvermögen liegt u.a. auch dann vor, wenn einem der geschiedenen Ehegatten dessen Nutzung durch den anderen geschiedenen Ehegatten behindert wird oder dieses Vermögen durch einen der geschiedenen Ehegatten belastet wird. Die Rechtsverletzung kann sowohl mit der Ehescheidung als auch noch mehrere Jahre danach eintreten. Entsc...