1. Scheidung vor dem Standesamt
Rz. 54
Sofern die Ehegatten keine gemeinsamen minderjährigen Kinder haben, kann die einvernehmliche Scheidung vor dem Standesamt erfolgen (Art. 19 Abs. 1 FGB). Es ist ausreichend, wenn Einvernehmen lediglich hinsichtlich der Ehescheidung selbst besteht. Für die Beilegung eventueller Streitigkeiten hinsichtlich der Scheidungsfolgen, wie z.B. die Teilung des Vermögens oder die Zahlung von Unterhalt, kann nach der standesamtlichen Ehescheidung ein Gericht angerufen werden (Art. 20 FGB).
Rz. 55
Zuständig ist entweder das Standesamt am Wohnsitz der Ehegatten oder am Wohnsitz nur eines der Ehegatten oder das Standesamt am Ort der Eintragung der Eheschließung (Art. 32 PStG). Standesamtliche Ehescheidungen russischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Ausland werden von den russischen Konsulaten vorgenommen (Art. 160 Abs. 2 FGB, Art. 5 PStG, Art. 25 Nr. 1 Konsularstatut).
Rz. 56
Das Verfahren ist analog zu dem der Eheschließung geregelt (Art. 33 PStG): Die Ehegatten können einen gemeinsamen (Formular-)Antrag entweder persönlich stellen und im Beisein des Standesbeamten unterzeichnen oder sie können diesen Antrag in Form eines elektronischen Dokuments über das Einheitliche Portal der staatlichen und kommunalen Dienstleistungen oder über die entsprechenden regionalen Portale beim Standesamt einreichen. Ein in elektronischer Form eingereichter Antrag auf Ehescheidung ist mit einer verschärften qualifizierten elektronischen Unterschrift jedes Antragstellers zu unterzeichnen. Er kann auch über ein Mehrfunktionszentrum für die Gewährleistung staatlicher und kommunaler Dienstleistungen eingereicht werden. Ist eine Partei am Erscheinen vor dem Standesamt oder dem Mehrfunktionszentrum verhindert, können zwei gesonderte Anträge eingereicht werden. Die Unterschrift auf einem solchen Antrag der Ehegatten ist notariell zu beglaubigen. Davon ausgenommen sind Fälle, in denen der Antrag über das Einheitliche Portal der staatlichen und kommunalen Dienstleistungen oder über die entsprechenden regionalen Portale eingereicht wird (Art. 33 Abs. 3 PStG). Die Ehescheidung erfolgt mit Ablauf eines Monats nach Antragstellung im Beisein mindestens einer der Parteien (Art. 19 Abs. 3 FGB, Art. 33 Abs. 4 PStG). Zugleich wird die Scheidung in das Personenstandsregister eingetragen und die Scheidungsurkunde ausgestellt (Art. 19 Abs. 3, 4 FGB). Mit der Eintragung wird die Auflösung der Ehe wirksam (Art. 25 Abs. 1 FGB). In den Fällen des Art. 19 Abs. 2 FGB (Verschollenheit, gerichtliche Erklärung der Geschäftsunfähigkeit oder Verurteilung eines der Ehegatten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren) erfolgt die standesamtliche Scheidung ungeachtet des Vorhandenseins gemeinsamer minderjähriger Kinder auf Antrag des anderen Ehegatten (Art. 19 Abs. 2 FGB).
Rz. 57
Für die einvernehmliche Ehescheidung vor dem Standesamt, einschließlich der Eintragung in das Personenstandsregister und der Ausstellung der Scheidungsurkunde, wird von jeder Partei derzeit eine Gebühr in Höhe von 650 Rubel erhoben. Die standesamtliche Ehescheidung auf Antrag einer Partei kostet 350 Rubel (Art. 333.26 Abs. 1 Nr. 2 SteuerGB).
2. Gerichtliche Scheidung
Rz. 58
Die Gerichte sind für die Ehescheidung nur in den folgenden gesetzlich geregelten Fällen zuständig (Art. 21 FGB):
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wenn mindestens ein gemeinsames minderjähriges Kind vorhanden ist (mit Ausnahme der Fälle, in denen die Ehe entsprechend Art. 19 Abs. 2 FGB ungeachtet gemeinsamer Kinder standesamtlich geschieden werden kann, nämlich bei Verschollenheit, Geschäftsunfähigkeit oder Verurteilung eines Ehegatten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren); |
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wenn sich die Ehegatten zwar über die Scheidung einig sind, eine einvernehmliche Ehescheidung vor dem Standesamt jedoch daran scheitert, dass einer der Ehegatten sich der Abwicklung der Formalitäten entzieht (z.B. keinen Antrag auf Ehescheidung stellen will); |
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wenn ein Ehegatte nicht in die Ehescheidung einwilligt. |
Rz. 59
Bei einer einvernehmlichen Scheidung muss dem Gericht kein Scheidungsgrund angegeben werden (Art. 23 Abs. 1 S. 1 FGB). Das Gericht spricht die Scheidung frühestens nach Ablauf eines Monats seit der gemeinsamen Antragstellung aus (Art. 23 Abs. 2 FGB). Haben die Parteien keine Vereinbarung über den Wohnort und den Unterhalt der gemeinsamen minderjährigen Kinder getroffen oder widerspricht die vorgelegte Vereinbarung den Interessen der Kinder, hat das Gericht über Wohnort und Unterhalt der Kinder zu entscheiden (Art. 23 Abs. 1 S. 3 FGB).
Rz. 60
Auch bei einer Scheidung auf Antrag nur eines der Ehegatten können die Parteien dem Gericht eine Vereinbarung über die Scheidungsfolgen vorlegen (Art. 24 Abs. 1 FGB). Fehlt eine solche Vereinbarung od...