Rz. 33
Gesetzliche Vorschriften über den Abschluss von Eheverträgen enthalten die Art. 40–44 FGB. Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen vor oder nach der Eheschließung können nur vermögensrechtliche Beziehungen der Ehegatten untereinander sein (Art. 40 FGB). Eheverträge werden mit der Registrierung der Eheschließung wirksam (Art. 41 Abs. 1 Unterabs. 2 FGB). Sie bedürfen der Schriftform und der notariellen Beurkundung (Art. 41 Abs. 2 FGB). Auch Änderungen oder die Aufhebung des Vertrags bedürfen dieser Form (Art. 43 Abs. 1 FGB). Im Übrigen richtet sich die Wirksamkeit nach den zivilrechtlichen Bestimmungen für Rechtsgeschäfte (Art. 44 Abs. 1 FGB i.V.m. Art. 166–181 ZGB). Eheverträge können für eine bestimmte oder unbestimmte Dauer geschlossen werden. Eine einseitige Verweigerung der Erfüllung des Ehevertrags ist unzulässig (Art. 43 Abs. 1 Unterabs. 2 FGB). Dennoch kann der Ehevertrag auf Verlangen eines der Ehegatten nach den Regeln des Zivilgesetzbuchs über die Änderung und Aufhebung von Verträgen geändert oder aufgehoben werden (Art. 43 Abs. 2 FGB). Aufgrund dieser ausdrücklich geregelten Anwendbarkeit des allgemeinen Vertragsrechts kann eine Vertragsaufhebung wegen einer bedeutsamen Vertragsverletzung durch den anderen Ehegatten oder wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage durch gerichtliche Entscheidung erfolgen (Art. 450 Abs. 2, 451 ZGB).
Rz. 34
Der Gesetzgeber hat in Art. 42 FGB inhaltliche Schranken für ehevertragliche Vereinbarungen normiert. Er hat einen offenen Positivkatalog möglicher Regelungen (Abs. 1) und einen geschlossenen, mit einer Generalklausel versehenen Negativkatalog unzulässiger Vereinbarungen (Abs. 3) aufgestellt.
Rz. 35
Unzulässig sind nach Art. 42 Abs. 3 FGB:
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die Beschränkung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit eines der Ehegatten (und praktisch wohl auch der Testierfreiheit); |
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der Ausschluss des Rechtswegs; |
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Vereinbarungen bezüglich der persönlichen Beziehungen der Ehegatten; |
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Vereinbarungen über Rechte und Pflichten der Ehegatten gegenüber den Kindern, einschließlich der Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder; |
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Beschränkungen des Unterhaltsanspruchs eines der Ehegatten im Fall der Erwerbsunfähigkeit und Bedürftigkeit; |
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sonstige Bedingungen, die einen Ehegatten einseitig unangemessen benachteiligen (wörtlich: "in eine äußerst schlechte Lage versetzen") oder den grundlegenden Prinzipien des Familienrechts widersprechen. Eine einseitige unangemessene Benachteiligung wird u.a. bejaht, wenn ein Ehegatte vollständig von dem während der Ehe erworbenen Vermögen ausgeschlossen wird. Auch eine Aufteilung der Anteile 9/10 zu 1/10 dürfte aus diesen Gründen auf Antrag vom Gericht ohne Weiteres für unwirksam erklärt werden. In allen anderen Fällen kann eine einseitige unangemessene Benachteiligung nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls angenommen werden. |
Enthält ein Ehevertrag eine Bedingung, die einen der Ehegatten einseitig unangemessen benachteiligt, kann dieser vom Gericht auf Antrag dieses Ehegatten vollständig oder teilweise für unwirksam erklärt werden (Art. 44 Abs. 2 S. 1 FGB). Bedingungen eines Ehevertrags, die gegen die sonstigen Anforderungen des Art. 42 Abs. 3 FGB verstoßen, sind nach Art. 44 Abs. 2 S. 2 FGB nichtig, ohne dass dies gerichtlich festgestellt werden muss.
Rz. 36
Im Rahmen dieser Einschränkungen sind beliebige Vereinbarungen über die Vermögensbeziehungen zulässig, insbesondere bezüglich
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des ehelichen Güterstands, |
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des Ehegattenunterhalts und |
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der Einkommens- und Ausgabenbeteiligung. |
Rz. 37
Als vertragliche Regelung des Güterstands kommt die Gütertrennung oder die Eigentumsgemeinschaft nach Bruchteilen entsprechend Art. 245–252 ZGB in Betracht (Art. 42 Abs. 1 FGB). Unterschiedliche Güterstände für verschiedene Arten von Vermögensgegenständen (z.B. Immobilien, Sparguthaben, Wertpapiere), auch in Kombination mit dem gesetzlichen Güterstand (Gemeinschaftseigentum zur gesamten Hand), sind zulässig. Die Regelungen können sowohl vorhandenes als auch künftiges Vermögen betreffen. Im Vertrag muss daher angegeben sein, auf welches Vermögen sich der vereinbarte Güterstand bezieht. In Bezug auf Vermögen, das von den vertraglichen Regelungen nicht erfasst ist, bleibt es beim gesetzlichen Güterstand. Die Vereinbarung eines der deutschen Zugewinngemeinschaft gleichkommenden Güterstands ist im Grunde auch dann möglich, wenn der Ehevertrag russischem Recht unterworfen ist, nur müssen in diesem Fall die Charakteristika einer Zugewinngemeinschaft im Vertrag mit Hilfe der Institute des russischen Güterrechts – Gütertrennung mit nachehelichem Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns – ausformuliert werden. Anderenfalls bestehen erhebliche Zweifel, dass ein mit der Ehesache befasstes russisches Gericht den Güterstand der Zugewinngemeinschaft anerkennt. Nicht auszuschließen ist, dass es eine entsprechende Klausel mit der formalen Begründung, dass das russische Recht den Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht regelt, für unwirksam ...