Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Wer den Beschuldigten vernimmt, ist Sache der Strafverfolgungsbehörden. |
2. |
Für die staatsanwaltschaftliche Vernehmung des Beschuldigten ist in § 163a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 168c Abs. 1 ausdrücklich ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers vorgesehen. |
3. |
Die Erlaubnis zur Teilnahme anderer Personen als der des Verteidigers und der des Beschuldigten steht im Ermessen der StA. |
4. |
Nach § 163a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 133 Abs. 1 ist der Beschuldigte zur Vernehmung grds. schriftlich zu laden (s. Nr. 44 RiStBV). |
5. |
Der vernehmende StA muss den Beschuldigten vor Beginn der Vernehmung gem. § 136 Abs. 1 über die ihm zustehenden Rechte belehren. |
6. |
Für die Verwertbarkeit der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung gelten im Wesentlichen die Ausführungen zur Verwertbarkeit von polizeilichen Vernehmungen des Beschuldigten entsprechend. |
7. |
Für die Teilnahme des Verteidigers an einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung des Mandanten entsteht die Vernehmungsterminsgebühr der Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG. |
Rdn 4312
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Beweisverwertungsverbote, Allgemeines, Teil B Rdn 1287, → Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Allgemeines, Teil P Rdn 3874, und bei → Vernehmungen, Allgemeines, Teil V Rdn 4967.
Rdn 4313
1. Wer den Beschuldigten vernimmt, ist Sache der Strafverfolgungsbehörden (zum Begriff → Beschuldigter, Begriff, Teil B Rdn 1150; zur Vernehmung durch die StA BGH NJW 1997, 1591). I.d.R. wird der Beschuldigte von der Polizei gem. § 163a im Rahmen des ersten Zugriffs vernommen (→ Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Allgemeines, Teil P Rdn 3873, m.w.N.). Er kann aber auch nur/zunächst von der StA vernommen werden. Entscheidend ist, dass er spätestens bis zum → Abschluss der Ermittlungen, Teil A Rdn 120, überhaupt vernommen worden ist (§ 163a Abs. 1 S. 1). In einfachen Sachen kann allerdings von einer mündlichen Vernehmung abgesehen und dem Beschuldigten stattdessen gem. § 163a Abs. 1 S. 3 Gelegenheit gegeben werden, sich schriftlich zu äußern (→ Einlassung des Beschuldigten, Teil E Rdn 2058; Einzelh. Meyer-Goßner/Schmitt, § 163a Rn 11; KK/Weingarten, § 163a Rn 10).
Rdn 4314
2. Für die staatsanwaltschaftliche Vernehmung des Beschuldigten ist in § 163a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 168c Abs. 1 ausdrücklich ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers vorgesehen; die Regelung entspricht den Regelungen für die polizeiliche und die richterliche Vernehmung (→ Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Anwesenheitsrechte, Teil P Rdn 3878 ff., und für die → Richterliche Vernehmung, Beschuldigter, Teil R Rdn 4186 ff.). Dazu ist im Einzelnen auf Folgendes hinzuweisen:
Rdn 4315
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Für die Benachrichtigung des Verteidigers gilt gem. § 163a Abs. 3 S. 2 die Vorschrift des § 168c Abs. 5. Der Verteidiger muss also, wenn er den Ermittlungsbehörden (schon) bekannt ist, von dem Vernehmungstermin vorher benachrichtigt werden. Davon kann nach den 2021 erfolgten Änderungen in § 168c Abs. 5 S. 2 nicht mehr abgesehen werden (dazu BT-Drucks. 19/27654, S. 93 f.). |
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Die Benachrichtigung kann formlos, also mündlich oder fernmündlich, erfolgen (KK/Weingarten, § 163a Rn 21). |
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Nach § 168c Abs. 5 S. 3 hat der Verteidiger keinen Anspruch auf Terminsverlegung. Diese Regelung kann bei einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung ebenso viel Ärger machen wie bei einer → Polizeilichen Vernehmung, Beschuldigter, Anwesenheitsrechte, Teil P Rdn 3887 ff., oder einer → Richterlichen Vernehmung, Beschuldigter, Teil R Rdn 4190; auf die dort gemachten Ausführungen wird verwiesen. |
Rdn 4316
3. Die Erlaubnis zur Teilnahme anderer Personen als der des Verteidigers und der des Beschuldigten steht im Ermessen der StA (KK/Weingarten, § 163a Rn 22; zu staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen unter Beteiligung von Federal Agents des U.S Department of Justice Grözinger StraFo 2019, 485). Jedenfalls ist aus § 168c Abs. 1 ein Verbot der Teilnahme anderer Personen als Verteidiger und Beschuldigter nicht zu entnehmen. Es gelten die Ausführungen zum Anwesenheitsrecht anderer Personen bei der Weingartenpolizeilichen Vernehmung des Beschuldigten entsprechend (→ Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Anwesenheitsrechte, Teil P Rdn 3893).
Rdn 4317
4. Nach § 163a Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 133 Abs. 1 ist der Beschuldigte zur Vernehmung grds. schriftlich zu laden (s. Nr. 44 RiStBV). Es kann aber auch eine formlose Aufforderung genügen, wenn die Annahme berechtigt ist, dass der Beschuldigte erscheinen wird. Allerdings ist dann ein → Vorführungsbefehl, Teil V Rdn 5507, unzulässig, wenn der Beschuldigte nicht erscheint (zu Rechtsmitteln, wenn in der Ladung die Vorführung gem. § 133 Abs. 2 angedroht wird → Vorführungsbefehl, Teil V Rdn 5512).
☆ Nach § 163a Abs. 3 S. 1 ist der Beschuldigte verpflichtet , einer Ladung der StA Folge zu leisten . Die StA kann das Erscheinen im Wege der Vorführung mit einem → Vorführungsbefehl , Teil V Rdn 5507 , erzwingen. Eine polizeiliche Vernehmung ist/bleibt allerdings auch dann eine polizeiliche Vernehmung, wenn die Staatsanwaltschaft daran...