Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung eines Zeugen hat der Verteidiger nach h.M. kein Anwesenheitsrecht. |
2. |
Anderen Personen kann aber ein Anwesenheitsrecht zustehen. |
3. |
Die staatsanwaltschaftliche Vernehmung von Zeugen ist in § 161a geregelt. |
4. |
Für die Verwertung der Vernehmung von Zeugen durch die StA im EV können sich BVV ergeben. |
5. |
Der Rechtsanwalt erhält für seine Teilnahme an einer Zeugenvernehmung durch die StA eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 Nr. 2 VV RVG. |
Rdn 4322
Literaturhinweise:
Siehe die Hinw. bei → Vernehmung von Zeugen, Allgemeines, Teil V Rdn 5043, bei → Beweisverwertungsverbote, Allgemeines, Teil B Rdn 1287, bei → Polizeiliche Vernehmung, Beschuldigter, Allgemeines, Teil P Rdn 3874, bei → Vernehmungen, Allgemeines, Teil V Rdn 4967, und bei → Videovernehmung im Ermittlungsverfahren, Teil V Rdn 5391, sowie bei den weiteren u.a. Stichworten.
Rdn 4323
1. Die staatsanwaltschaftliche Vernehmung von Zeugen im EV, für die § 161a gilt, hat nicht die praktische Bedeutung wie die polizeiliche Vernehmung von Zeugen (→ Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 4000). Sie wurde aber immer wieder von der StA angeordnet, wenn es darum ging, eine Erscheinenspflicht herbeizuführen. Nachdem nun allerdings durch das "Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" v. 17.8.2017 das Erscheinen des Zeugen bei polizeilichen Vernehmungen erzwungen werden kann, besteht für Vernehmungen der StA zur Herbeiführung der Erscheinenspflicht kein Anlass mehr.
Rdn 4324
Im Einzelnen gilt für die staatsanwaltschaftliche Vernehmung von Zeugen:
2. Bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung eines Zeugen steht dem Verteidiger ein Anwesenheitsrecht ebenso wie einer polizeilichen Vernehmung nicht zu (zur polizeilichen Vernehmung → Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 4003). Das folgt aus dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 161a im Vergleich zu § 163a Abs. 4 S. 2 mit dem Verweis auf § 168c Abs. 1, 5 ([zum alten Recht] LR-Erb [26. Aufl.], § 161a Rn 31; zur Kritik u.a. Dahs NJW 1985, 1118; LR-Erb, vor § 158 Rn 54 m.w.N.). Das bedeutet allerdings – ebenso wie bei der polizeilichen Vernehmung – nicht, dass die StA den Verteidiger nicht zur Vernehmung eines Zeugen zulassen darf (KK/Weingarten, § 161a Rn 6). Möglicherweise wird sich das im Interesse der Wahrheitsfindung sogar empfehlen.
☆ Benachrichtigt wird der Verteidiger vom Vernehmungstermin jedoch nicht. Es bietet sich deshalb an, ggf. schon im Bestellungsschreiben um Benachrichtigung zu bitten .Bestellungsschreiben um Benachrichtigung zu bitten.
Rdn 4325
3.a) Bei der Vernehmung des Zeugen durch die StA hat der Beschuldigte ebenfalls kein Anwesenheitsrecht (KK/Weingarten, § 161a Rn 6). Zwar kann auch dem Beschuldigten die Anwesenheit gestattet werden; i.d.R. wird das jedoch nicht zweckmäßig sein (LR-Erb, § 163a Rn 97, 93).
Rdn 4326
b) Ist abzusehen, dass die Mitwirkung eines Verteidigers im gerichtlichen Verfahren notwendig wird und soll ein zentraler Belastungszeuge vernommen werden, gilt auch für die staatsanwaltschaftliche Vernehmung, dass dem unverteidigten Beschuldigten vor der zum Zweck der Beweissicherung durchgeführten Zeugenvernehmung ggf. ein (Pflicht-)Verteidiger bestellt werden muss (Nachw. aus der Rspr. → Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 4006).
☆ Diese Problematik stellt sich unabhängig von der Frage der Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 10 . Denn die gilt nur im Fall der richterlichen Vernehmung (→ Richterliche Vernehmung, Zeugen , Teil R Rdn 4217 ; → Pflichtverteidiger, Beiordnung wegen richterlicher Vernehmung , Teil P Rdn 3594 ).unabhängig von der Frage der Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 10. Denn die gilt nur im Fall der richterlichen Vernehmung (→ Richterliche Vernehmung, Zeugen, Teil R Rdn 4217; → Pflichtverteidiger, Beiordnung wegen richterlicher Vernehmung, Teil P Rdn 3594).
Rdn 4327
4. Für das Anwesenheitsrecht anderer Personen als Verteidiger (Teil S Rdn 4324) und Beschuldigter (Teil S Rdn 4325 f.) bei der Vernehmung von Zeugen durch die StA gelten die Ausführungen zur polizeilichen Vernehmung (→ Polizeiliche Vernehmung, Zeugen, Teil P Rdn 4007) im Wesentlichen entsprechend.
Rdn 4328
Anwesenheitsrechte anderer Personen:
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Der Rechtsbeistand des nicht nebenklageberechtigten Verletzten und der → Verletztenbeistand/Opferanwalt, Teil V Rdn 4944, hat bei dessen Vernehmung nach §§ 406f Abs. 1 S. 2, 406h Abs. 2 ein Anwesenheitsrecht. |
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Der → Vernehmungsbeistand, Teil V Rdn 4990, hat ebenfalls ein – sich aus § 68b Abs. 2, Abs. 1 S. 1 u. 2 i.V.m. § 161a Abs. 1 S. 2 ergebendes – Anwesenheitsrecht (Rieß NJW 1998, 3242; Seitz JR 1998, 310). |
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Der Zeuge kann nach § 68b Abs. 1 S. 1 und 2 einen allgemeinen → Zeugenbeistand, Teil Z Rdn 5671, hinzuziehen (BVerfG NJW 1975, 103). |
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Nach § 406f Abs. 2 ist auch bei einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung des Verletzten auf Antrag einer Vertrauensperson die Anwesenheit zu gestatten. |