Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehescheidung. Beschwerde gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfe
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 02.08.2000; Aktenzeichen 54 F 275/00) |
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Die Parteien, die am 28. Juni 1988 die Ehe geschlossen haben, leben nach Angaben der Antragstellerin seit dem 29. September 1999 räumlich getrennt voneinander. Die Antragstellerin hat um Prozesskostenhilfe für einen im Juli 2000 im Entwurf eingegangenen Scheidungsantrag nachgesucht. Hierzu hat sie vorgetragen, die Ehe der Parteien sei endgültig gescheitert, nachdem das gesetzlich vorgesehene Trennungsjahr abgelaufen sei und die Antragstellerin eindeutig klargestellt habe, dass sie nicht länger an der Ehe festhalte und geschieden werden wolle. Sie nehme bewusst davon Abstand, den gesamten Zerrüttungsprozess der ehelichen Lebensgemeinschaft der Parteien darzulegen, da sie den Antragsgegner nicht mehr als erforderlich belasten wolle. Der im Jahr 1999 erlittene Schlaganfall des Antragsgegners sei nicht ausschlaggebend für den Scheidungsentschluss der Antragstellerin gewesen.
Das Familiengericht hat der Antragstellerin durch den angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, der Scheidungsantrag verspreche keine Aussicht auf Erfolg, da die Parteien nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin noch nicht ein Jahr getrennt leben und die Krankheit des Antragsgegners keinen Grund im Sinne des § 1565 Abs. 2 BGB darstelle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, dass er keine Einwände gegen die Durchführung des Scheidungsverfahrens erhebe, nachdem das Trennungsjahr abgelaufen sei und eine Aussicht auf Versöhnung nicht bestehe.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Familiengericht hat der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht Prozesskostenhilfe verweigert. Das Scheidungsbegehren der Antragstellerin bietet derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), da sie die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Scheidung nicht hinreichend dargetan hat.
Gemäß § 1565 Abs. 1 BGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen.
Zwar wird gemäß §§ 1566 Abs. 1 BGB unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. Außer dem einjährigen Getrenntleben und dem beiderseitigen Scheidungsantrag oder der Zustimmung des Antragsgegners zum Scheidungsantrag müssen jedoch auch die Anforderungen des § 630 ZPO erfüllt werden, damit die Zerrüttungsvermutung eingreift (vgl. MünchKomm/Wolf, BGB, 4. Aufl., § 1566, Rz. 10; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1566 BGB, Rz. 6 m.w.N.). Da die Antragstellerin zu der in § 630 ZPO vorgeschriebenen Einigung nicht vorgetragen hat, bleibt ihr nur der Weg des § 1565 BGB, um ihr Scheidungsbegehren durchsetzen zu können (vgl. Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O.).
Die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 1 BGB hat die Antragstellerin jedoch nicht schlüssig dargetan. Die Antragstellerin muss dartun und beweisen, dass die Ehegatten seit einem Jahr gemäß § 1567 BGB getrennt leben und die Merkmale des Scheiterns vorliegen. Allein der Umstand, dass die Parteien länger als ein Jahr getrennt leben, begründet noch keine tatsächliche Vermutung für das Scheitern der Ehe im Sinne des § 1565 Abs. 1 BGB (BGH, NJW 1995, 1082). Dazu ist vielmehr ein Sachvortrag erforderlich, der dem Gericht die Analyse der ehelichen Lebensgemeinschaft sowie die für die Entscheidung notwendige Prognose ermöglicht. Dafür reichen Rechtsbehauptungen, die Ehe sei gescheitert oder unheilbar zerrüttet, nicht aus (vgl. MünchKomm/Wolf, a.a.O., § 1565, Rz. 72; Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O., § 1565 BGB, Rz. 33; Ermann/Dieckmann, BGB, 10. Aufl., § 1565, Rz. 20). Nach der Systematik der Scheidungstatbestände ist es nicht gerechtfertigt, geringere Anforderungen an Vortrag und Beweis zu stellen, wenn beide Ehegatten das Scheitern der Ehe behaupten (vgl. MünchKomm/Wolf, a.a.O., § 1565, Rz. 52, m.w.N.).
Die Antragstellerin hat vorliegend lediglich dargelegt, dass die Parteien ein Jahr getrennt leben und sie nicht länger an der Ehe festhalten wolle. Hiermit hat sie den dargelegten strengen Anforderungen an die Schlüssigkeit ihres Antrags nicht genügt. Sie muss vielmehr zu den ehelichen Lebensverhältnissen, zu Ursachen und Anlass der Trennung sowie zu den etwaigen weiteren Ursachen für die von ihr empfundene unheilbare Zerrüttung Tatsachen in so umfassender Weise vortragen, dass der Richter selbst den Schluss auf den endgültigen Verlust der ehelichen Gesinnung nachvollziehen kann (vgl. Jo...