Verfahrensgang
AG Neunkirchen (Beschluss vom 12.08.2014; Aktenzeichen 17 F 156/14 SO) |
Tenor
1. Die Beschwerde der der Mutter beigeordneten Rechtsanwältin pp. gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in Neunkirchen vom 12.8.2014 - 17 F 156/14 SO - wird zurückgewiesen.
2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 56, 33 Abs. 4 S. 1 Abs. 7, 8 RVG zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Familiengericht hat es zu Recht abgelehnt, eine Einigungsgebühr festzusetzen, weil ein solcher Anspruch gegen die Staatskasse im Hinblick auf die Beiordnung der Beschwerdeführerin im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe nicht besteht.
Nach Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 5 S. 3 VV-RVG entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, wobei dies in Kindschaftssachen für die Mitwirkung an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, entsprechend gilt. Es entspricht einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung, dass hiervon Vereinbarungen in Kindschaftssachen, die gerichtliche Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB zum Gegenstand haben, nicht umfasst sind (OLG Schleswig, FamRZ 2014, 237; OLG Hamm, Beschl. v. 7.6.2013 - 6 WF 173/12; OLG Stuttgart FamRZ 2011, 1814; KG FamRZ 2011, 245; OLG Celle FamRZ 2011, 246; OLG Koblenz FamRZ 2011, 245; OLG Karlsruhe OLGReport Karlsruhe 2007, 923). Der Senat schließt sich dem an. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Gegenansicht (Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., Nr. 1000 VV-RVG, Rz. 65) berücksichtigt die Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens nicht hinreichend.
Entscheidend ist, dass in Sorgerechtsverfahren nach §§ 1666, 1666a BGB den Beteiligten jegliche Dispositionsbefugnis fehlt und demzufolge ein Vertrag auch nicht den Streit oder die Ungewissheit über den Verfahrensgegenstand beseitigen kann. Indem hier die Eltern den Lebensmittelpunkt des Kindes einvernehmlich neu bestimmt hatten, sind lediglich neue Tatsachen geschaffen worden, die das Familiengericht zwar bei seiner Entscheidung über die Frage, ob zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung Maßnahmen zu ergreifen waren, zu berücksichtigen hatte, eine Änderung des rechtlichen Prüfungsmaßstabs war damit aber nicht verbunden. Hierin unterscheidet sich das Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB grundlegend von denjenigen Kindschaftssachen, in denen zwar die Eltern ebenfalls nicht über den Verfahrensgegenstand disponieren können, etwa weil die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil nur durch eine gerichtliche Entscheidung erfolgen kann und auch eine Umgangsregelung der gerichtlichen Billigung bedarf, damit sie verbindlich werden kann (vgl. dazu Zöller/Lorenz, ZPO, 30. Aufl., § 156 FamFG, Rz. 3). In solchen Verfahren sind jedoch Vereinbarungen möglich, die das Familiengericht binden und denen es grundsätzlich zu folgen hat, es sei denn, sie widersprechen dem Kindeswohl. Damit verändern diese Vereinbarungen aber auch rechtlich den Prüfungsmaßstab des Familiengerichts und sie führen daher - abgesehen von den Fällen, in denen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Vereinbarung dem Kindeswohl widerspricht - in aller Regel zu einer schnelleren und auch für das Familiengericht einfacheren Erledigung des Verfahrens. Demgegenüber hatte das Familiengericht in dem vorliegenden Verfahren auch nach Abschluss des Vergleichs weiterhin, wie bis dahin auch, umfassend und unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zu prüfen, ob Maßnahmen zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung zu treffen waren. Dass das Familiengericht in der mit dem Vergleich einhergehenden Änderung der Lebenssituation des Kindes zugleich eine Maßnahme gesehen hat, die es für geeignet gehalten hat, der Kindeswohlgefährdung zu begegnen, so dass es von gerichtlichen Anordnungen Abstand genommen hat, ändert daran nichts.
Auch kann die Beschwerdeführerin daraus, dass die Kindeseltern in dem Vergleich zugleich eine - vom Familiengericht gebilligte - Regelung nach § 1671 BGB getroffen haben, einen Anspruch auf die Einigungsgebühr nicht stützen; dabei kann dahinstehen, ob diese unter diesem Gesichtspunkt angefallen ist, denn Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war allein die Frage von Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB, und auch nur hierfür ist der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Demgegenüber fehlt es an einer Verfahrenskostenhilfebewilligung für eine gerichtliche Regelung des Sorgerechts der Eltern im Falle des Getrenntlebens, wofür im Übrigen auch keine Verfahrenskostenhilfe beantragt worden ist.
Nach alledem ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
Der Kostenausspruch beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG.
Fundstellen
Haufe-Index 7691761 |
ZAP 2015, 366 |
NZFam 2014, 1001 |