Leitsatz (amtlich)

1. Der Streitwert einer Klage auf Zahlung einer monatlichen Entschädigung wegen Vorenthaltung eines dinglichen Wohnrechts ist nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bemessen. Im Rahmen der Schätzung kann es angezeigt sein, ein solches Begehren unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 41 GKG mit dem 12fachen Monatsbetrag zu bewerten.

2. Vereinbaren die Parteien in Erledigung eines solchen Rechtsstreits die einvernehmliche Aufhebung des dinglichen Wohnrechts, so rechtfertigt dies nicht die gesonderte Festsetzung eines Vergleichsüberhanges.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 O 432/17)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 25. Juli 2018 - 1 O 432/17 - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 4. September 2018 wird zurückgewiesen.

In Abänderung des vorgenannten Beschlusses wird der Streitwert für das Klageverfahren auf 12.000,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit seiner zum Landgericht erhobenen Klage hat der Kläger die Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung wegen Vorenthaltung eines dinglichen Wohnrechts in Anspruch genommen, das ihm mit notariellem Vertrag vom 26. April 1988 (Bl. 8 ff. GA) an Räumen des elterlichen Hausanwesens in Schmelz eingeräumt worden war, und von ihnen Beträge für die Vergangenheit in Höhe von 9.600,- Euro sowie ab Januar 2018 in Höhe von monatlich 200,- Euro gefordert. Die Beklagten sind der Klage entgegen getreten mit der Behauptung, der Kläger habe die Räume freiwillig verlassen und sei nie an deren Benutzung gehindert worden. In der Folgezeit schlossen die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits und des "streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses" einen Vergleich, der mit Beschluss vom 12. Juli 2018 (Bl. 162 ff. GA) festgestellt wurde und in dem der Kläger gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 7.500,- Euro auf sein dingliches Wohnrecht verzichtete und dessen Löschung im Grundbuch bewilligte.

Mit Beschluss vom 25. Juli 2018 (BI. 171 f. GA) hat das Landgericht den Streitwert auf 15.000,- Euro festgesetzt. Hiergegen richtet sich die am 3. August 2018 eingegangene Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, mit der diese beantragen, den Streitwert für das Klageverfahren auf 17.000,- Euro und darüber hinaus einen Vergleichsmehrwert von 15.000,- Euro festzusetzen. Das Landgericht hat der Streitwertbeschwerde mit Beschluss vom 4. September 2018 (Bl. 184 ff. GA) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt.

II. Das von den Prozessbevollmächtigten des Klägers zulässigerweise im eigenen Gebühreninteresse eingelegte, auf eine Heraufsetzung des Streitwertes gerichtete Rechtsmittel ist unbegründet. Vielmehr bestand Anlass, die erstinstanzliche Wertfestsetzung für das Klageverfahren von Amts wegen zu korrigieren, weil diese sich bei sachgerechter Betrachtung als zu hoch erweist.

1. Der Streitwert des Klageverfahrens ist auf 12.000,- Euro festzusetzen. Zu den bezifferten Rückständen in Höhe von 9.600,- Euro ist als Wert für den Klageantrag auf Zahlung von monatlich 200,- Euro, beginnend ab Januar 2018, abweichend von der landgerichtlichen Festsetzung ein Betrag von 2.400,- Euro anzusetzen.

a) Gegenstand dieses Begehrens war - unbeschadet der missverständlichen Bezeichnung als "Geldrente" - die Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung wegen Vorenthaltung eines dinglichen Wohnrechts für künftige Zeiträume. Der Senat teilt im Ausgangspunkt die Ansicht des Landgerichts, dass der Wert eines solchen Antrages gemäß § 3 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG) nach freiem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles ermittelt werden muss. Auf § 9 ZPO kann insoweit nicht - auch nicht mittelbar - zurückgegriffen werden. Diese Vorschrift betrifft nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Rechte auf wiederkehrende Leistungen, die ihrer Natur nach und erfahrungsgemäß eine Dauer von wenigstens 3 1/2 Jahren haben oder jedenfalls mit Rücksicht auf den Grad der Unbestimmtheit des Zeitpunkts, wann das den Wegfall des Rechts begründende Ereignis eintritt, eine solche Dauer haben können (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1961 - III ZR 143/60, BGHZ 36, 144; OLG Stuttgart, MDR 2011, 513; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO 15. Aufl., § 9 Rn. 3). Das trifft auf den hier geltend gemachten Zahlungsanspruch, der einen lediglich vorübergehenden, jederzeitigen Änderungen unterliegenden Zustand kompensieren soll, ersichtlich nicht zu. Deshalb kann im Rahmen der Schätzung nach § 3 ZPO weder auf den dreieinhalbfachen Wert der begehrten "Rente" abgestellt werden, wie dies die Beschwerde fordert, noch, wie es das Landgericht zuletzt getan hat, auf das dreieinhalbfache eines in der Beschwerdeschrift erwähnten "Jahreswertes" des Wohnrechts, zu dem der Streitgegenstand (vgl. § 40 GKG; § 253 Abs. 2 ZPO) der Klage keinerlei Bezug aufweist.

b) In Ausübung des durch § 3 ZPO gewährten Schätzungsermessens hält es der Senat für...

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