Leitsatz (amtlich)
Die in einem gemeinschaftlichen Testament enthaltene Anordnung der durch einen früheren Erbvertrag bereits wechselseitig begünstigten Ehegatten, dass "nach dem Tode des Überlebenden ... der Nachlass zu gleichen Teilen an unsere Kinder... fallen" solle und "als Nachlass ... das zum Zeitpunkt des Erstverstorbenen vorhandene Gesamtvermögen" gelte, deutet auch mangels anderer, in diese Richtung weisender Umstände außerhalb des Testaments nicht darauf hin, dass damit die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft beabsichtigt und der Überlebende bezüglich des Nachlasses des zunächst Versterbenden nur als "Erbe auf Zeit sein" eingesetzt sein sollte.
Normenkette
BGB §§ 133, 2084, 2100
Verfahrensgang
AG Ottweiler/Saar (Beschluss vom 24.10.2022; Aktenzeichen 15 VI 223/23) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) und zu 4) vom 24. November 2023 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ottweiler vom 24. Oktober 2022 - 15 VI 223/23 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 85.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) beantragte mit notarieller Urkunde vom 30. März 2023 (UR xxx D Sch des Notars B., L., Bl. 2 ff. d.A.) unter Berufung auf eine entsprechende erbvertragliche Verfügung die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als alleinigen unbeschränkten Erben der am 28. Dezember 2022 verstorbenen Erblasserin, seiner Ehefrau, ausweisen sollte. Die weiteren Beteiligten sind die Kinder der Eheleute; allein die Beteiligten zu 3) und zu 4) sind dem Antrag des Beteiligten zu 1) entgegengetreten mit dem Hinweis auf ein - im Original nicht vorliegendes - handschriftliches Testament der Eheleute vom 22. März 2001, von dem sie die Ansicht vertreten, diese beinhalte die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft.
In dem - in zeitlicher Hinsicht maßgeblichen - Erbvertrag vom 24. April 1987 (UR Nr. xxx des Notars H., T., Bl. 8 ff. d.A. 15 IV 30/23) hatten die Eheleute sich gegenseitig, der Erstversterbende den Längstlebenden, zu alleinigen Erben eingesetzt, und zwar unabhängig davon, ob beim Tode des Erstversterbenden Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind oder nicht. Weiter heißt es:
"Der Längstlebende soll zur freien und unbeschränkten Verfügung über den Nachlass des Erstversterbenden berechtigt sein; der Längstlebende wird hierin auch nicht für den Fall einer Wiederheirat nach dem Tode des Erstversterbenden beschränkt".
Der Erbvertrag enthält den Zusatz, dass "die gegenseitige Erbeinsetzung... mit vertragsmäßiger Bindung" erfolgt. Unter dem Stichwort "Tod des Längstlebenden" findet sich außerdem folgende Regelung:
"Für den Fall des Todes des Längstlebenden wollen wir zunächst von einer Regelung absehen, so dass - falls der Längstlebende später keine Verfügung trifft - es bei der gesetzlichen Erbfolge nach dem Längstlebenden verbleibt".
Das von den Beteiligten zu 3) und zu 4) in Bezug genommene, derzeit nur als Fotokopie vorliegende - so überschriebene - "Testament" (Bl. 17 d.A. 15 IV 30/23), das von dem Beteiligten zu 1) ge- und unterschrieben wurde und dem die Erblasserin die Worte "Dies ist auch mein letzter Wille" sowie ihre Unterschrift hinzugesetzt hatte, enthält folgenden Wortlaut:
"Nach dem Tode des Überlebenden soll der Nachlass zu gleichen Teilen an unsere Kinder
A., geb...
D., geb...
T., geb...
fallen:
Als Nachlass gilt das zum Zeitpunkt des Erstverstorbenen vorhandene Gesamtvermögen."
Der Beteiligte zu 1) hat mit einem an das Nachlassgericht gerichteten Schreiben vom 9. März 2023 (Bl. 23 d.A. 15 IV 30/23) erklärt, dass er trotz mehrmaliger intensiver Suche kein Original habe finden können. Grund für die damalige Formulierung sei gewesen: "Sofern der Überlebende wieder heiratet, ist notariell festzulegen, dass weder der erneute Ehepartner noch deren Kinder einen Anspruch auf das Vermögen haben".
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 76 ff. d.A.) hat das Amtsgericht die zur Erteilung des beantragten Erbscheines erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Erlass eines entsprechenden - unbeschränkten - Erbscheines angekündigt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Für die Annahme einer beschränkten Vorerbschaft lägen keine Anhaltspunkte vor. Die wechselseitige Erbeinsetzung habe ausweislich des Erbvertrages aus dem Jahre 1987 nicht - noch nicht einmal für den Fall einer Wiederverheiratung - beschränkt erfolgen sollen. Auch dem gemeinschaftlichen Testament sei keine entsprechende Beschränkung zu entnehmen; vielmehr ergebe die Auslegung, dass dieses die erbvertragliche Regelung lediglich habe bestätigen und ergänzen sollen, indem die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben eingesetzt worden seien. Insbesondere der Zusatz, wonach als Nachlass das zum Zeitpunkt des Erstverstorbenen vorhandene Gesamtvermögen gelten solle, verweise - auch aus Laiensicht - auf die Einheitslösung, bei der sich die Ehegatten jeweils zu unbeschränkten Erben einsetzten.
Gegen diese ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 27. Oktober 2023 zugestellte...