Leitsatz (amtlich)
1. Der Prüfungsmaßstab für die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung lebenslanger Freiheitsstrafe ist grundsätzlich derselbe wie derjenige, der bei der Aussetzung des Strafrestes der lebenslangen Freiheitsstrafe anzulegen ist. Daher können bei der Entscheidung über den Widerruf nur erneute Gewaltdelikte oder sonstige schwerwiegende Straftaten ähnlichen Charakters Berücksichtigung finden.
2. Der Widerruf der Strafaussetzung lebenslanger Freiheitsstrafe ist grundsätzlich nicht deshalb unzulässig, weil gegen den Verurteilten wegen der Anlasstat auch die Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 21.02.2013) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 13. März 2013 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer I des Landgerichts Saarbrücken vom 21. Februar 2013 wird kostenpflichtig als unbegründet
v e r w o r f e n.
Gründe
I.
Mit Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 18. Januar 1990 (Az.: ...) wurde der Beschwerdeführer wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Zuvor war er durch Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 8. August 1986 (Az.: ...) wegen fortgesetzten Betruges und Betruges unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 20 Monaten und durch Urteil des Landgerichts Mainz vom 11. März 1986 (Az.: ...) wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Die zunächst gewährte Aussetzung der Vollstreckung dieser zeitigen Freiheitsstrafen wurde mit Blick auf das Tötungsdelikt widerrufen.
Der Verurteilung wegen Mordes lag zugrunde, dass der Verurteilte die von einer früheren Lebensgefährtin ausgehende Trennung nicht verwinden konnte und diese, nachdem er zunächst versucht hatte, sie durch Ausübung psychischen Drucks und durch Bedrohungen zur Rückkehr zu bewegen, aus Rache, zur Verhinderung, dass sie sich einem anderen Mann zuwende, und zur Bestrafung für die Trennung durch einen Schuss in den Kopf tötete. Auch die mit Urteil des Landgerichts Mainz vom 11. März 1986 abgeurteilten Taten zum Nachteil einer früheren Freundin beging er, weil er die von ihr ausgehende Auflösung des Verhältnisses nicht hinzunehmen bereit war.
Nachdem die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 9. August 2004 festgestellt hatte, dass die besondere Schwere der Schuld die Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe bis zur Verbüßung von 18 Jahren gebiete, setzte sie mit Beschluss vom 27. Juli 2010, rechtskräftig seit dem 5. August 2010, die Vollstreckung des Restes der genannten drei Freiheitsstrafen für die Dauer von fünf Jahren zur Bewährung aus, unterstellte den Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit einem Bewährungshelfer und erteilte ihm mehrere Weisungen, u.a. die Weisung, die bereits begonnene Therapie bei seinem Bezugstherapeuten fortzuführen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer die Strafrestaussetzungen widerrufen, weil der Verurteilte erneut mit einem Gewaltdelikt straffällig geworden war. Durch Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 16. April 2012, rechtskräftig seit dem 24. Oktober 2012, wurde er wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Freiheitsberaubung und wegen Nachstellung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten (Einzelstrafe bzgl. der erstgenannten Tat: 5 Jahre) verurteilt; zugleich ordnete das Gericht seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.
Nach den in dem Urteil getroffenen Feststellungen lernte der Verurteilte wenige Monate nach der Haftentlassung eine fast 40 Jahre jüngere Frau kennen, zu der sich eine engere Freundschaft entwickelte. Als die junge Frau, die an einer intimen Beziehung nicht interessiert war, erkannt hatte, dass der Verurteilte mehr als nur freundschaftliche Gefühle für sie hegte, und sie ihm daraufhin bereits im November 2010 erklärt hatte, die Freundschaft beenden zu wollen, ignorierte der Verurteilte, der - wie bereits in der Vergangenheit - nicht gewillt war, die Zurückweisung durch eine Frau zu akzeptieren, ihren Willen und suchte in der Folgezeit verstärkt Kontakt zu ihr mittels Telefonaten, Kurznachrichten auf ihr Mobiltelefon sowie dadurch, dass er Briefe und Blumen an ihre Arbeitsstätte sandte. Dabei gelang es ihm auch u.a. durch Suiziddrohungen, dass sie auf Gespräche und Kontaktversuche mit ihm einging. Der Verurteilte ließ von der jungen Frau auch nicht ab, nachdem diese ihm Mitte Februar 2011 definitiv erklärt hatte, er solle sie in Ruhe lassen, sie im März 2011 Strafanzeige gegen ihn wegen Nachstellung erstattet hatte, ihm mit Beschluss des Amtsgerichts Homburg vom 15. März 2011 im Wege einstweiligen Rechtsschutzes nach dem Gewaltschutzgesetz untersagt wurde, sie an ihrem Arbeitsplatz aufzusuchen und sie telefonisch zu kontaktieren, die Strafvollstreckungskammer ihn in einem Anhörungsterm...