Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 16.06.2010; Aktenzeichen 6 O 34/10)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Saarbrücken vom 16.6.2010 - 6 O 34/10 - aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG Saarbrücken zurückverwiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde und mit dieser Maßgabe nach § 127 Abs. 2 ZPO zulässige "Beschwerde" der Antragstellerin hat einen vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das LG zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Der angefochtene Beschluss kann keinen Bestand haben; denn die Verweigerung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht ist von den Gründen der angefochtenen und der Nichtabhilfeentscheidung nicht mehr getragen, sondern verletzt die Antragstellerin in ihrem grundrechtlich verbrieften Anspruch auf rechtliches Gehör.

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG FamRZ 1992, 782). Dieses grundrechtsgleiche Recht ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung von Parteivorbringen nicht nachgekommen ist. Diese Grundsätze gelten auch im Abhilfeverfahren (§ 572 ZPO), in dem das Gericht darüber zu entscheiden hat, ob es die Beschwerde für begründet hält und ihr abhilft oder sie dem Beschwerdegericht vorlegt; denn es besteht die Amtspflicht, den Inhalt der Beschwerdeschrift daraufhin zu überprüfen, ob die angefochtene Entscheidung ohne Vorlage an das Beschwerdegericht zu ändern ist. Dabei sind mit Rücksicht auf § 571 ZPO vorgebrachte neue Tatsachen auch deshalb zu beachten und in die Prüfung einzubeziehen, weil mit dieser Vorschrift der Zweck verfolgt wird, die Kosten verursachende Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu vermeiden, wenn gebotene Korrekturen der Erstentscheidung unschwer durch das Erstgericht selbst vorgenommen werden können. Werden die maßgeblichen Ausführungen des Beschwerdeführers völlig oder jedenfalls im Kern (vgl. Senatsbeschluss vom 4.12.2009 - 6 WF 86/09) übergangen, liegt ein erheblicher Verfahrensmangel vor (vgl. Senatsbeschluss vom 12.5.2010 - 6 WF 52/10; OLG Jena MDR 2010, 832 m.w.N.).

An diesen Maßstäben gemessen, liegt eine das nachträgliche Vorbringen der Antragstellerin würdigende Entscheidung des LG, die der Nachprüfung des Senats in der Beschwerdeinstanz zugänglich wäre, nicht vor.

In ihrer Beschwerde hat die Antragstellerin jeden der drei - aus Sicht des LG - tragenden Gründe, aufgrund derer dieses im angefochtenen Beschluss vom 16.6.2010, der in Bezug genommen wird, die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung der Antragstellerin verneint hat, angegriffen.

Sie hat näher und substantiiert ausgeführt, weshalb entgegen der Auffassung des LG von einem Rechtsbindungswillen auszugehen sei; gerade die Tatsache, dass der Antragsgegner die entsprechende Erklärung unterzeichnet habe, ohne dass er der Antragstellerin zum Unterhalt verpflichtet gewesen sei, lege einen Rechtsbindungswillen nahe. Die Erklärung sei vor dem Hintergrund einer nahezu 14-jährigen Partnerschaft, während derer die Parteien zusammengelebt hätten und die sie im Sinne einer typischen Hausfrauenehe hätten führen wollen, unterzeichnet worden. Dies habe dazu geführt, dass die Antragstellerin während dieser Zeit keinerlei Rentenanwartschaften erworben habe. Dies alles habe den Antragsgegner zur Unterzeichnung der Erklärung bewogen.

Auch das vom LG - ohne nähere Begründung ("bei vernünftiger Interpretation") - dem Antragsgegner zugebilligte Kündigungsrecht, von dem dieser Gebrauch gemacht habe, hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde bekämpft und ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, weshalb der Antragsgegner nach nur einem Jahr ein Kündigungsrecht haben sollte, das nicht vereinbart worden sei.

Schließlich greift die Antragstellerin auch das vom LG auf der Grundlage von § 313 Abs. 3 BGB angenommene "Rücktrittsrecht" an; eine Analogie zu den Möglichkeiten der Abänderung eines Dauerleistungsverhältnisses schlage fehl, da sich die Verhältnisse seit der nach der Trennung erfolgten Unterzeichnung der Erklärung nicht geändert hätten, insbesondere sei das Einkommen des Antragsgegners seitdem nicht gesunken.

Betrachtet man die Beschwerdeangriffe im Lichte des Wortlauts der im Streit stehenden, mit Ort, Datum und Unterschrift versehenen Erklärung vom 28.6.2008 ("Hiermit verpflichte ich mich, D. K., monatlich 350 EUR an Frau U. N., [Straße, Nr.] in [PLZ, Ort] zu zahlen. Gezeichnet D. K."), so lässt der Nichtabhilfebeschluss vom 29.7.2010 - dessen Begründung sich darin erschöpft, dass die Beschwerdeschrift keine Aspekte enthalte, die im Beschluss vom 16.6.2010 nicht berücksichtigt worden seien - nicht ansatzweise erkennen, dass das LG sich in gebotenem Maße mit dem Beschwerdevorbrin...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge