Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe: Selbst genutzte Eigentumswohnung als angemessener Wohnbedarf
Leitsatz (amtlich)
Zu der Frage, wann eine Eigentumswohnung, die selbst genutzt wird, keinen angemessenen Wohnraum mehr darstellt.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 8
Verfahrensgang
AG Saarbrücken (Beschluss vom 27.08.2010; Aktenzeichen 54 F 251/10 VKH 1) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Saarbrücken vom 27.8.2010 - 54 F 251/10 VKH 1 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. § 113 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die von dem Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss vom 27.8.2010 sowie in dem Nichtabhilfebeschluss vom 25.10.2010 vertretene Auffassung, dass die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten des Ehescheidungsverfahren aufzubringen.
Die Antragstellerin ist gehalten, sich die zur Verfahrensführung erforderlichen Mittel durch Verwertung/Belastung des in ihrem Alleineigentum stehenden und aus zwei Wohneinheiten bestehenden Hausanwesens zu verschaffen. Diese Immobilie ist - auch wenn eine Wohneinheit von der Antragstellerin selbst bewohnt wird - nicht als sog. Schonvermögen nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt. Die von ihr selbst bewohnte Wohnung übersteigt unter den gegebenen Umständen den angemessenen Wohnbedarf und kann bei der Verfahrenskostenhilfeentscheidung jedenfalls nicht unberücksichtigt bleiben. Anknüpfend an die Vorgängervorschrift des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG darf nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB die Gewährung von Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, welches von dem Hilfesuchenden allein oder mit einem Angehörigen bewohnt wird, abhängig gemacht werden. Die Angemessenheit bestimmt sich u.a. nach der Zahl der Bewohner, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 16.7.2008 - 17 UF 70/08). Das wichtigste objektivierbare Kriterium stellt dabei die Größe der Wohnfläche dar, wobei unter der Geltung des außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (§ 39 Abs. 2) der Grenzwert für ein "Familienheim" zur Unterbringung eines Vierpersonenhaushalts bei 130 qm lag und nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bei einer geringeren Personenzahl eine Reduzierung um jeweils 20 qm pro Person vorzunehmen war (vgl. OLG Celle, a.a.O., m. w. N; s. auch OLG Karlsruhe FuR 2001, 31, 32 = FamRZ 2001, 236), hingegen nach dem Außerkrafttreten des Zweiten Wohnbaugesetzes das nunmehr geltende Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) vom 13.9.2001 (BGBl. I, 2376), keine eigenen Bestimmungen über Grenzwerte enthält, sondern die Bundesländer in § 10 Abs. 1 WoFG verpflichtet hat, eigene Ausführungsbestimmungen über die Grenzen für Wohnungsgrößen zu treffen, was im Saarland durch die Verwaltungsvorschriften des Ministeriums der Finanzen über Zuwendungen zur Wohnraumförderung vom 14.4.2007 (ABl. S. 961) in der Fassung der Änderung vom 13.12.2007 (ABl. 2008, S. 29) umgesetzt worden ist.
Eine Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von mindestens 89 qm, wie sie von dem Familiengericht in Ansehung der in dem Mietvertrag für die vermietete Wohnung angegebenen Größe unbeanstandet zugrunde gelegt worden ist, für einen - wie hier - Einpersonenhaushalt stellt im Hinblick auf die Wohnfläche keinen angemessenen Wohnraum mehr dar. Der Senat orientiert sich bei dieser in Übereinstimmung mit dem Familiengericht stehenden Beurteilung an der in Literatur und Rechtsprechung (hier insbesondere auch zur Frage der Bedürftigkeit im Falle der Bewilligung staatlicher Hilfen) vertretenen Auffassung, dass mit Blick auf die in den jeweiligen landesrechtlichen Richtlinien vorgegebenen variierenden Größen die dortigen Richtwerte nicht grundsätzlich für alle Hauhalte von bis zu vier Personen - also z.B. auch für einen Einpersonenhaushalt - gelten, sondern für Eigentumswohnungen eine Größe von 120 qm als angemessen angesehen wird und in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 82 Abs. 3 S. 1 Zweites Wohnungsbaugesetz bei einem Haushalt mit weniger als vier Personen 20 m2 pro fehlender Person abzuziehen sind. Der maßgebliche Grund für diesen Abzug liegt in § 90 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 SGB XII selbst, wonach bei der Bestimmung der Angemessenheit des Hausgrundstücks die Zahl der Bewohner ausdrücklich zu berücksichtigen ist. Es besteht kein Anlass, von diesen herausgearbeiteten Grenzwerten und bei dem danach gebotenen Abzug je fehlendem Bewohner von dem in der Rechtsprechung eingebürgerten Wert von 20 m2 abzuweichen (vgl. statt aller: OLG Koblenz, JurBüro 2000, 656 = FamRZ 2000, 760; OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 236; BSG, Urt. v. 7.11.200...