Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht: Befristung der Anordnung begleiteten Umgangs. amtswegige Änderung einer Folgenankündigung für etwaige Zuwiderhandlungen im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Ordnet das Gericht begleiteten Umgang an, so ist dieser - vorbehaltlich einer im selben Beschluss enthaltenen unmittelbaren Anschlussregelung zum Umgang - nicht zu befristen, weil für diese ebenfalls an § 1684 Abs. 4 BGB zu messende Einschränkung des Umgangsrechts regelmäßig kein Grund besteht. Zukünftig entstehenden Anpassungserfordernissen ist gegebenenfalls durch ein Abänderungsverfahren nach § 166 FamFG i.V.m. § 1696 BGB Rechnung zu tragen.
2. In einer Umgangsregelung muss - von Amts wegen - Niederschlag finden, dass § 1684 Abs. 1 BGB zur Wahrnehmung des Umgangs nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Nach Maßgabe dessen ist die Folgenankündigung nach § 89 Abs. 2 FamFG auch auf den Umgangsberechtigten zu erstrecken. Solch amtswegiger Änderung steht im Beschwerdeverfahren das Verschlechterungsverbot nicht entgegen.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 1, 4, § 1696; FamFG §§ 166, 89 Abs. 2
Verfahrensgang
AG St. Wendel (Beschluss vom 13.09.2010; Aktenzeichen 6b F 160/09 UG) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Jugendamts wird der Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Wendel vom 13.9.2010 - 6b F 160/09 UG - in den Ziff. 1. bis 3. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Antragsteller ist verpflichtet und berechtigt, sein Kind, geboren am, zur Ausübung des Umgangs in begleiteter Form in den Räumen des Familienberatungszentrums, an jedem ersten Montag eines Monats von 10.00 bis 11.00 Uhr in Anwesenheit einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters der Lebenshilfe - Familienhilfestelle -, zu besuchen.
2. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, pünktlich zu Beginn eines jeden Umgangstermins in das Familienberatungszentrum zu bringen, das Kind dort einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter zu übergeben und pünktlich zum Ende eines jeden Umgangs wieder im Familienberatungszentrum entgegenzunehmen. Der Antragsteller ist verpflichtet, pünktlich zu Beginn eines jeden Umgangs in der Familienberatungsstelle zur Umgangsausübung zu erscheinen.
3. Beide Eltern werden darauf hingewiesen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung aus Ziff. 2. gegen den zuwiderhandelnden Elternteil ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten angeordnet werden kann; verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann Ordnungshaft angeordnet werden.
2. Die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens und die notwendi-gen Aufwendungen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren 6 UF 136/09 werden gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der erstinstanzlichen Entscheidung.
3. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
4. Der Antragsgegnerin wird mit Wirkung vom 12.11.2010 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den zweiten Rechtszug unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwältin, bewilligt.
5. Die vom Antragsteller für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe wird verweigert.
Gründe
I. In diesem am 25.9.2009 eingeleiteten Verfahren hatte der Senat mit Beschluss vom 25.3.2010 (6 UF 136/09, FamRZ 2010, 2085), der auch hinsichtlich der Feststellungen und Verfahrensgeschichte in Bezug genommen wird, den Beschluss des Familiengerichts vom 9.11.2009 aufgehoben, in dem näher geregelter begleiteter Umgang des Vaters mit angeordnet worden war, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.
Nach Zurückverweisung haben der dem Kind vom Familiengericht in der Nachfolge bestellte Verfahrensbeistand, das Jugendamt und - sinngemäß - der Vater die Einrichtung begleiteten Umgangs des Vaters mit befürwortet; die Mutter hat dies abgelehnt.
Durch den angefochtenen - mit Beschluss vom 21.9.2010 berichtigten - Beschluss vom 13.9.2010, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht dem Vater begleiteten Umgang mit an jedem ersten Montag eines Monats von 10.00 bis 11.00 Uhr in den Räumen des Jugendamts, beginnend mit dem 4.10.2010 für die Dauer von sechs Monaten eingeräumt (Ziff. 1. der Beschlussformel), die Mutter verpflichtet, das Kind pünktlich zu den Terminen zum Jugendamt zu bringen und dort an einen Mitarbeiter zu übergeben (Ziff. 2. des Beschlusstenors) und in Ziff. 3. der Entscheidungsformel die Mutter nach § 89 FamFG darauf hingewiesen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 2. des Beschlusses die Verhängung von Ordnungsgeld bis zu 25.000 EUR bzw. Ordnungshaft möglich ist.
Gegen diesen dem Jugendamt am 15.9.2010 zugestellten Beschluss richtet sich dessen am 8.10.2010 beim Familiengericht eingegangene Beschwerde, mit der das Jugendamt erstrebt, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses von den Verpflichtungen gemäß den Ziff. 1. und 2. des Entscheidungstenors befreit zu we...