Leitsatz (amtlich)
Liegen zwischen der ersten öffentlichen Ankündigung des "Squeeze-out" und der Beschlussfassung der Hauptversammlung sechseinhalb Monate, handelt es sich nicht um einen längeren Zeitraum, der nach den in der "Stollwerk"-Entscheidung des BGH vom 19.7.2010 - II ZB 18/09, aufgestellten Grundsätzen eine Anpassung des Börsenkurswertes an die allgemeine oder branchentypische weitere Kursentwicklung der Aktien bis zur Beschlussfassung erforderlich macht.
Normenkette
SpruchG § 12
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 01.03.2013; Aktenzeichen 8 KfH O 28/08) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 21. und Beschwerdeführerin gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen II des LG Saarbrücken vom 1.3.2013 (Az.: 8 KfH O 28/08) wird zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten beider Instanzen und die Auslagen und die Vergütung des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre hat die Antragsgegnerin zu tragen. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten hat die Antragstellerin zu 21. und Beschwerdeführerin selbst zu tragen. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Antragstellerin zu 21. und Beschwerdeführerin (im Folgenden Beschwerdeführerin) ist der Ansicht, als Minderheitsaktionärin der K. AG bei der aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses vom 18.12.2003 erfolgten Übertragung der Aktien nach § 327a AktG ("Squeeze-out") auf die Antrags- und Beschwerdegegnerin als Hauptaktionärin keine angemessene Barabfindung erhalten zu haben. Sie hat deshalb - neben anderen, am Beschwerdeverfahren nicht (mehr) beteiligten Antragstellern - die gerichtliche Bestimmung einer angemessen Barabfindung beantragt. Diese sollte sich nach den im Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 28.10.2010 entwickelten Vorstellungen auf mindestens 159 EUR belaufen (GA 1266, 1267).
Das Grundkapital der K. AG beträgt 71.680.000 EUR. Es ist in 2.800.000 Stückaktien aufgeteilt. Bis zur Übertragung auf die Antragsgegnerin wurden die Aktien im amtlichen Markt an den Wertpapierbörsen in Berlin-Bremen, Düsseldorf, Frankfurt/M., Hamburg und München sowie im Freiverkehr der Wertpapierbörse Stuttgart gehandelt.
Im Jahr 1998 hatte die K. AG unter dem Eindruck rückläufiger Umsatzerlöse ihr operatives an die K. W. AG veräußert. Dadurch wurde die K. AG zur reinen Immobiliengesellschaft. Sie befasste sich seither mit dem Erwerb und der Veräußerung, der Verwaltung, Projektierung, Entwicklung sowie der An- und Vermietung von Immobilien. Zum Bewertungsstichtag im Jahr 2003 verfügte die K. AG über insgesamt 65 Einzelhandelsimmobilien (inklusive der Immobilie einer Tochtergesellschaft). Davon standen 36 im Voll- und Teileigentum der K. AG. 25 Immobilien hatte sie angemietet und 4 geleast. Hauptmieterin der K. AG war seit dem 1.1.2001 die O. GmbH, die insgesamt 49 Immobilien angemietet hatte, wovon die Mehrzahl im Voll- oder Teileigentum der K. AG standen und der Rest angemietet oder geleast waren (wegen der Einzelheiten vgl. das Gutachten des Sachverständigen W. vom 2.2.2009; S. 18,19 und die Übersicht Anlage 1; GA 502, 503, 593).
Am 24.10.2003 schlossen (u.a.) die K. AG und die O. GmbH einen Mietaufhebungsvertrag. Danach sollte die O. GmbH zum 31.1.2004 gegen eine Entschädigungszahlung aus allen Mietverträgen entlassen werden. Der Vertrag stand bis zum 2.12.2003 unter diversen aufschiebenden Bedingungen, die in der Folge sämtlich eingetreten sind.
Bis zum 15.4.2003 erwarben die Antragsgegnerin und die A. GmbH über 95 % der Aktien der K. AG; am 4.11.2003 hielt die Antragsgegnerin 93,039 % der Aktien und die A., an der die Antragsgegnerin zu 94 % beteiligt ist bzw. war, 5,595 %. Die restlichen Aktien befanden sich in Streubesitz.
Am 17.4.2003 wurde die Erlangung der Kontrolle über die K. AG in der Börsenzeitung veröffentlicht.
Am 2.6.2003 unterbreitete die Antragsgegnerin den Minderheitsaktionären der K. AG ein Pflichtangebot gemäß den §§ 35 f. WpÜG zum Erwerb aller auf den Inhaber lautenden Stückaktien zu einem Preis von 133,45 EUR je Aktie und kündigte ihre Absicht an, ein "Squeeze-out"-Verfahren durchzuführen. Das Angebot wurde am 3.6.2003 veröffentlicht. Mit Schreiben vom 23.9.2003 forderte die Antragsgegnerin die K. AG auf, ihre Hauptversammlung möge die Übertragung aller übrigen Aktien auf sie beschließen. Die Hauptversammlung der K. AG fasste daraufhin am 18.12.2003 den Beschluss, dass die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin übertragen werden und dass die Minderheitsaktionäre dafür eine Barabfindung i.H.v. 133,45 EUR je Stückaktie erhalten.
Gegen den Übertragungsbeschluss haben 2 Minderheitsaktionäre Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erhoben, der mehrere Aktionäre beigetreten waren. Am 22.11.2005 schlossen die Kläger jenes Verfahrens, die K. AG als Beklagte und die Antragsgegnerin einen Vergleich. In dem Vergleich - wegen weiterer Einzelheiten wird auf die in der Gerichtsakte befindliche Urkunde (GA...