Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss der weiteren Beschwerde nach § 310 Abs 2 StPO gilt auch, wenn die Kleine Strafkammer auf eine Beschwerde hin entschieden hat. § 76 GVG stellt keine zuständigkeitsbegründende Vorschrift, sondern eine die Besetzung der landgerichtlichen Spruchkörper betreffende Norm dar.
Normenkette
StPO § 310 Abs. 2; GVG § 76
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 09.12.2021; Aktenzeichen 12 Ns 156/21) |
AG Saarbrücken (Aktenzeichen 131 Ds 110/21) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 09.12.2021 wird kostenpflichtig als unzulässig v e r w o r f e n.
Gründe
I.
Durch Urteil vom 16. September 2021 (Bl. 170 d.A.) hatte das Amtsgericht Saarbrücken den Angeklagten wegen "vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer Schusswaffe in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Besitz eines Waffenteils" zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt und "die sichergestellte Waffe und das sichergestellte Waffenteil eingezogen". Hiergegen legten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte Berufung ein, letzterer mit über besonderes Anwaltspostfach an das Landgericht Saarbrücken adressiertem Schriftsatz vom 16.09.2021, der am 28.09.2021 beim Amtsgericht Saarbrücken einging. Nach vorausgegangenem entsprechendem Hinweis verwarf das Amtsgericht durch Beschluss vom 12. Oktober 2021 die Berufung des Angeklagten gem. § 319 Abs. 1 StPO als unzulässig, weil verfristet. Hiergegen wendete sich der Angeklagte mit einem an das Amtsgericht adressierten "Antrag gem. § 319 Abs. 2 StPO" vom 12.10.2021 sowie einer an das Landgericht Saarbrücken gerichteten, als solche bezeichneten "Beschwerde" vom selben Tage. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht - 12. Kleine Strafkammer, "den Antrag" - gemeint ist ersichtlich der Antrag nach § 319 Abs. 2 StPO - als unbegründet und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seinem mit "Sofortige Beschwerde" überschriebenen Schriftsatz vom 20.12.2021.
II.
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Soweit es sich gegen die Verwerfung der Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss richtet, ist es bereits unstatthaft. Nach § 310 StPO können Beschlüsse, die vom Landgericht auf eine Beschwerde erlassen worden sind - was hier ungeachtet der Tatsache, dass anstelle der zuständigen Großen Strafkammer das Berufungsgericht und mithin die Kleine Strafkammer (vgl. § 76 Abs. 1 GVG) entschieden hat, der Fall ist -, (nur) dann mit weiterer Beschwerde angefochten werden, wenn sie eine Verhaftung, eine einstweilige Unterbringung oder einen dinglichen Arrest über einen Betrag von mehr als 20.000,-- € betreffen. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.
Eine Ausnahme von der durch § 310 Abs. 2 StPO bedingten Einschränkung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG macht die obergerichtliche Rechtsprechung zwar in Fällen, in denen das Landgericht zur Beschwerdeentscheidung nicht befugt war - etwa weil das statthafte Rechtsmittel nicht die Beschwerde, sondern die Rechtsbeschwerde gem. § 79 OWiG gewesen wäre - oder wenn weder das Amtsgericht noch das Beschwerdegericht zuständig waren und mithin der Rechtsweg gerade nicht beschritten worden ist (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 26. Juni 2012 - 2 Ws 168/12 - juris; Beschluss des 1. Strafsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts v. 21. Juni 2017 - 1 Ws 104/17 - juris). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, zumal § 76 GVG darstellt.
Soweit das Rechtsmittel die Verwerfung des Antrags auf Entscheidung des Berufungsgerichts gem. § 319 Abs. 2 StPO angreift, ist es ebenfalls unstatthaft, weil diese Entscheidung nur in denjenigen Fällen angefochten werden kann, in denen das Amtsgericht zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung nicht befugt war, weil dann in der Sache das Landgericht eine Entscheidung nach § 322 Abs. 1 StPO getroffen hätte (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 319 Rn. 5 m.w.N.). Ein solcher Fall ist aber vorliegend nicht gegeben.
Die mithin insgesamt unstatthafte (weitere) Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.
Fundstellen
Dokument-Index HI15075364 |