Leitsatz (amtlich)
1. Der - ernsthaft und auf subjektive beachtliche oder verständliche Gründe gestützte - Wille eines auf das 14. Lebensjahr zugehenden Kindes, mit dem umgangsberechtigten Elternteil auch keinen begleiteten Umgang mehr zu pflegen, hat erhebliches Gewicht und kann im Einzelfall einen längerfristigen Umgangsausschluss (vier für zwei Jahre) rechtfertigen.
2. Das Beschwerdegericht hat eine vom Familiengericht unterlassene Folgenankündigung nach § 89 Abs. 2 FamFG - der auch negative Umgangsregelungen wie einen Umgangsausschluss erfasst - im Beschwerdeverfahren nachzuholen.
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Entscheidung vom 17.03.2010; Aktenzeichen 23 F 52/10 UG) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarlouis vom 17. März 2010 - 23 F 52/10 UG - wird mit der Maßgabe auf ihre Kosten zurückgewiesen, dass der Mutter für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 1. dieses Beschlusses, Umgang mit M. bis zum 17. März 2012 zu unterlassen, die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angekündigt wird.
2. Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
3. Der Mutter wird die von ihr für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.
4. Dem Vater wird mit Wirkung vom 18. Mai 2010 ratenfreie Verfahrens-kostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt.
Gründe
I.
Aus der Beziehung der Eltern, die nicht miteinander verheiratet waren oder sind, ist der betroffene Sohn M., geboren am . Februar 1997, hervorgegangen. Die Eltern haben keine Sorgeerklärungen für M. abgegeben. Mit Beschluss vom 26. April 1999 - 23 F 401/98 - hatte das Familiengericht der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M. entzogen und dieses auf das Kreisjugendamt als Pfleger übertragen, weil die Mutter unter einer paranoiden Schizophrenie leide und eine Behandlungsnotwendigkeit mangels Krankheitseinsicht nicht erkenne. M. lebt mit Zustimmung des Jugendamtes seit Dezember 1998 beim Vater; eine Erziehungsbeistandschaft ist eingerichtet. Die Kindesmutter versucht seit Jahren erfolglos, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M. zurückzuerhalten; es waren auch mehrere Verfahren wegen des Umgangs der Mutter mit M. anhängig. Wegen der Einzelheiten der vorangegangenen Verfahren wird auf den angefochtenen Beschluss des Familiengerichts Bezug genommen.
Im vorliegenden Verfahren hat der Vater mit am 8. Februar 2010 eingegangenem Schreiben beantragt, die Umgangskontakte des Kindes mit seiner Mutter auszusetzen.
Die Mutter hat um Zurückweisung dieses Antrags gebeten.
Der Verfahrensbeistand und das Kreisjugendamt haben beantragt, das Umgangsrecht der Mutter mit dem Sohn für mindestens zwei Jahre auszuschließen.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 17. März 2010, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht das Umgangsrecht der Mutter mit M. für die Dauer von zwei Jahren ausgeschlossen.
Gegen diesen der Mutter am 22. März 2010 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 31. März 2010 beim Familiengericht eingegangene Beschwerde, mit der sie nicht den Umgangsausschluss in Frage stellt, aber beantragt, den Umgang lediglich für die Dauer von sechs Monaten auszuschließen.
Der Vater, das Kreisjugendamt und der Verfahrensbeistand des Kindes tragen unter Verteidigung des angefochtenen Beschlusses auf Zurückweisung der Beschwerde an.
Beide Eltern suchen um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach.
Dem Senat haben die Akten des Familiengerichts 20/23 F 401/98, 20 F 282/07 SO, 20 F 183/08 UG, 23 F 93/09 UG, 23 F 125/09 SO und 23 F 312/09 UG vorgelegen.
II.
Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Das Umgangsrecht eines Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Das Umgangsrecht ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt. Die Gerichte müssen sich im Einzelfall um eine Konko...