Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand, dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde explizit auf die Beitreibung der noch nicht verjährten Zinsansprüche beschränkt, nimmt der Vollstreckungsgegenklage, die sich gegen die bereits verjährten Zinsansprüche richtet, nicht das Rechtsschutzbedürfnis (Anschluss an OLG Zweibrücken, Urt. v. 21.12.2012 - 7 U 16/12; OLG Nürnberg, Beschl. v. 15.11.2012 - 16 U 1600/12).
2. Der auf der notariellen Urkunde angebrachte Vermerk des Gläubigers, dass "eine Zwangsvollstreckung wegen bestimmter Zinsen nicht betrieben werden kann", erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 775 Nr. 4 ZPO.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 22.03.2013; Aktenzeichen 1 O 90/12) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Saarbrücken vom 22.3.2013 - 1 O 90/12 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert für das Verfahren der sofortigen Beschwerde wird auf 11.891,36 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beklagte betrieb gegen die Kläger die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde des Notars pp. vom 14.4.1999, in der die Kläger die Eintragung einer Grundschuld über pp. DM nebst 15 % Zinsen bewilligten. Zugleich haben die Kläger für die Zahlung eines Geldbetrages, dessen Höhe der bewilligten Grundschuld entspricht, die persönliche Haftung übernommen und sich auch insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterworfen. Mit Schreiben vom 19.7.2011 beantragte die Beklagte beim AG pp. die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens auf der Grundlage des Grundschuldnominalbetrages nebst 15 % Zinsen seit dem 1.1.2008. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass die Zwangsvollstreckung deshalb unzulässig sei, weil die Urkunde auch verjährte Grundschuldzinsen enthalte, die sich im Zeitraum ab Bestellung der Grundschuld bis zum 31.1.2007 unstreitig auf pp. EUR beliefen.
Die Kläger haben beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldurkunde hinsichtlich der vor dem 1.1.2008 fällig gewordenen Zinsen für unzulässig zu erklären.
Am 7.5.2012 fand ein Versteigerungstermin statt, in dem der Grundbesitz auf das Meistgebot von pp. EUR zugeschlagen wurde.
Nach Abschluss des Zwangsversteigerungsverfahrens haben die Kläger im Termin vom 16.11.2012 den Antrag gestellt festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat. Demgegenüber hat die Beklagte zunächst auf Klageabweisung angetragen. Mit Urteil vom 21.12.2012 hat das LG festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist. Mit Schriftsatz vom 4.2.2013 (GA II Bl. 381 ff.) hat sich die Beklagte der von den Klägern erklärten Erledigung angeschlossen. Mit Beschluss vom 22.3.2013, der Beklagten zugestellt am 26.3.2013, hat das LG der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 5.4.2013 verfassten sofortigen Beschwerde, in der sie ihre Rechtsauffassung vertieft, wonach der Vollstreckungsgegenklage von vornherein das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dem sind die Kläger entgegen getreten.
II.A. Die gem. § 91a Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten, über die gem. § 568 Abs. 1 ZPO das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden hat, hat aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, keinen Erfolg.
1. Das LG hat den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt gewählt: Demnach fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsgegenklage erst dann, wenn eine Zwangsvollstreckung nach den Umständen des Einzelfalles unzweifelhaft nicht mehr droht (BGH, Urt. v. 16.6.1992 - VI ZR 166/91, NJW 1992, 2148; Urt. v. 19.9.1988 - II ZR 362/87, MDR 1989, 44; vgl. Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rz. 42; K. Schmidt in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 767 Rz. 43; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 767 Rz. 18).
2. Soweit das LG diese Voraussetzungen nicht bereits deshalb als gegeben erachtet hat, weil die Beklagte die Zwangsvollstreckung von vorneherein auf die nicht verjährten Zinsen beschränkte und durch Erklärungen gegenüber dem Vollstreckungsgericht zum Ausdruck brachte, dass sie auch in Zukunft nicht gegen die Kläger vorgehen wolle, steht die Entscheidung in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, von der abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht: Auch im Sachverhalt der Entscheidung vom 16.6.1992 hatte der dortige Gläubiger eine Teilverzichtserklärung abgegeben. Gleichwohl gelangte der BGH zu der Einschätzung, dass eine solche Erklärung allein nicht genüge, um den Kläger in einem hinreichend bestimmten Umfang und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise vor einer uneingeschränkten Vollstreckung aus dem Titel zu schützen, solange dieser sich unverändert in den Händen des Gläubigers befindet. Ergänzend blei...