Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, ob im Rahmen des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags betreffend die Finanzierung eines Fahrzeugs das Leistungsverweigerungsrecht der Bank wegen Unmöglichkeit der Herausgabe des Fahrzeugs in Folge der Veräußerung an einen Dritten entfällt (Anschluss an BGH, Entscheidungen vom 14.02.2023 (XI ZR 537/21 und XI ZR 152/22) und vom 23.05.2023 (XI ZR 272/22).
2. Zum Einwand des Verstoßes gegen Treu und Glauben (Rechtsmissbrauchs) in derartigen Fällen.
Normenkette
BGB §§ 242, 275, 355 Abs. 1 S. 2, § 356b Abs. 2, § 357 Abs. 4, § 358 Abs. 4, § 492 Abs. 2; EGBGB Art. 247 § 3 Nr. 11, § 6 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 03.02.2023; Aktenzeichen 1 O 354/21) |
Tenor
Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 03.02.2023 - Az. 1 O 354/21 - gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs der auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Willenserklärung des Klägers.
Der Kläger erwarb im März 2018 einen Vorführwagen M.- B. GLC 300 4Matik zu einem Kaufpreis von 54.800 EUR. Zur Finanzierung des über die geleistete Anzahlung von 15.000 EUR hinausgehenden Kaufpreises schlossen die Parteien gemäß Antrag vom 08.03.2018 einen Darlehensvertrag über 40.015 EUR. Das mit einem gebundenen Sollzinssatz von 2,46 % p.a. verzinsliche Darlehen sollte in 36 Monatsraten zu je 302, 67 EUR und einer Schlussrate von 31.784 EUR zurückgezahlt werden.
Seite 1 des Darlehensvertrags enthält unter der Überschrift "Ausbleibende Zahlungen" folgende Angabe über die Verzugsfolgen:
"Ausbleibende Zahlungen können schwerwiegende Folgen für Sie haben (z.B. Zwangsverkauf) und die Erlangung eines Kredits erschweren. Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz."
Als "Darlehensvermittler" war die A. A.- V.-GmbH in R. bezeichnet.
Eine dem Vertrag hinzugefügte "Zusatzvereinbarung über die Rückkaufbedingungen eines PKW im Rahmen der Plus 3 Finanzierung - Verbraucher" enthielt u. a. folgende Regelungen:
"1. Der Absatzmittler verpflichtet sich, das o.g. Fahrzeug auf Wunsch des Kunden zum Zeitpunkt der Fälligkeit der letzten Darlehensrate zurückzukaufen. Die Parteien dieser Zusatzvereinbarung sind sich darüber einig, dass eine eigene Rückkaufverpflichtung der Bank durch diese Zusatzvereinbarung nicht begründet wird.
2. Die Höhe des Rückkaufpreises wird auf EUR 31.784,00 festgelegt.
[...]
7. Nach erfolgtem Rückkauf wird der Absatzmittler den zur Zahlung kommenden Rückkaufpreis am Tage der Fälligkeit der letzten Darlehensrate für den Kunden an die Bank auf deren offene Forderung aus dem Darlehensvertrag zahlen. Der Kunde tritt hiermit die Rückkaufpreisforderung an die Bank ab, die Bank nimmt die Abtretung an. [...] Mit Zahlung des Kaufpreises an die Bank geht das Eigentum an dem Fahrzeug von der Bank auf den Absatzmittler über."
Der Kläger zahlte 15.000 EUR an sowie 36 Raten zu 302,67 EUR, mithin einen Gesamtbetrag von 25.896,12 EUR.
Mit Schreiben vom 30.03.2021 erklärte der Kläger den Widerruf seiner auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung. Die "Abgabe und endgültige Übereignung des finanzierten Fahrzeuges" bot er ausdrücklich an und bat um Mitteilung bis zum 13.04.2021, wohin das Fahrzeug wann gebracht werden dürfe. Weitere Zahlungen stellte er unter den Vorbehalt der Rückforderung.
Die Beklagte wies den Widerruf mit Schreiben vom 09.04.2021 als verfristet zurück.
Gemäß "Ankaufschein" der A. A.-V.-GmbH vom 19.04.2021 machte der Kläger von seinem vertraglichen Rückgaberecht Gebrauch und veräußerte das Fahrzeug für 31.373 EUR an die Händlerin. Diese zahlte die noch ausstehende Schlussrate an die Beklagte, die den Anspruch aus dem Darlehensvertrag als seitdem erfüllt betrachtet (S. 4 der Berufungsbegründung, Bl. 388 d.A.).
Der Kläger hat im Wege der - zunächst beim LG Traunstein erhobenen und sodann an das LG Saarbrücken verwiesenen - Teilklage Rückzahlung von 25.593,45 EUR verlangt (entsprechend 35 Raten) zuzüglich der geleisteten Anzahlung.
Die Beklagte hat sich auf ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht wegen Unmöglichkeit der Herausgabe des Fahrzeugs berufen und den Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben.
Hilfsweise hat sie mit einem Anspruch auf Zahlung der Soll-Zinsen aufgerechnet (2.665,12 EUR), sodann mit einem Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 23.016 EUR (Kaufpreis 54.800 EUR abzüglich Rücknahmewert 31.784 EUR) und an dritter Stelle mit einem Anspruch auf Zahlung des Veräußerungserlöses (31.784 EUR).
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 03.02.2023 unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 2.577,45 EUR nebst Zinsen verurteilt. Der Widerruf sei mangels ordnungsgemäßer Vertragsangaben zum Verzugszins fristgerecht erfolgt und auch nicht rechtsmissbräuchlich. Ein Leistungsve...