Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Substantiierungslast; Beweisantritt "ins Blaue"
Leitsatz (amtlich)
1. Die Partei genügt ihrer Erklärungslast nach § 138 Abs. 1 ZPO im Regelfall noch nicht, wenn sie die relevanten Tatsachen in die Form einer Schlussfolgerung kleidet und den diese Schlussfolgerung tragenden Lebenssachverhalt nicht offen legt.
2. Auch dann, wenn die Gesamtschau des relevanten Sachvortrags den Keim des Zweifels in sich trägt, ist der Darlegungspflichtige zwecks Vermeidung prozessualer Nachteile zu ergänzendem Vortrag gehalten.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 21.11.2006; Aktenzeichen 7-III O 47/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 21.11.2006 - 7 III O 47/06 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin beabsichtigt, die Antragsgegnerin aus abgetretenem Recht des Zeugen H.-J. J. auf Zahlung einer Provision in Anspruch zu nehmen.
Der Zeuge J. hat mit der Antragsgegnerin eine Vertriebspartner-Vereinbarung abgeschlossen, die zugleich eine Provisionsabrede enthält. Auf den Inhalt der Anlage K 2 (Bl. 5 ff. d.A.) wird Bezug genommen. In der als "Abtretungserklärung" überschriebenen Vereinbarung vom 20.2.2004 (Bl. 4 d.A.) trat der Zeuge J. Provisionsansprüche für die "Vermittlung des Abschlusses über den Kauf eines Niedrigenergiehauses und dessen Finanzierung der Familie S. in [Ort]" an die Antragstellerin ab.
Die Antragstellerin hat behauptet, der Zeuge J. habe die Familie S. an die Beklagte als Kunde vermittelt. Familie S. habe über die Beklagte eine Finanzierung für den Kauf beziehungsweise den Bau eines Hauses in [Ort] über 220.000 EUR vermittelt bekommen beziehungsweise abgeschlossen. Der Zeuge J. habe ggü. der Antragstellerin erklärt, dass die Antragsgegnerin ihm für diese Vermittlung 3,5 % der Finanzierungssumme schulde. Zwischen dem Zeugen J. und der Antragstellerin sei vereinbart worden, dass der Zeuge J. für diese Vermittlung als Provision 3,5 % der Finanzierungssumme erhalten solle.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Klageverfahrens, in dem sie die Antragsgegnerin auf Zahlung von 7.700 EUR nebst Zinsen in Anspruch nehmen will.
Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten und hat insbesondere die Einrede der Verjährung erhoben.
Im angefochtenen Beschluss hat das LG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die Angaben der Antragstellerin zur Höhe des angeblichen Provisionsanspruches und zur Vermittlung der Familie S. ersichtlich "ins Blaue" hinein aufgestellt worden seien.
Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe weiter. Sie vertritt die Auffassung, sie habe eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch schlüssig dargelegt und ordnungsgemäß durch Zeugnis des Zeugen J. unter Beweis gestellt. Der entsprechende Sachvortrag sei nicht "ins Blaue" hinein aufgestellt, da der Zeuge J. der Antragsgegnerin versichert habe, einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin zu haben. Da die Antragstellerin aus eigener Anschauung keine Kenntnisse über den Inhalt der Gespräche und Vereinbarungen zwischen dem Zeugen J. und der Antragsgegnerin besäße, sei sie insoweit auf die Angaben des Zeugen J. angewiesen. Sei eine Partei für eine Tatsache darlegungspflichtig, von der sie keine gesicherte Kenntnis haben könne, so läge in der Behauptung dieser lediglich vermuteten Tatsache keine unzulässige Ausforschung. An die Darlegungslast seien nämlich keine übersteigerten Anforderungen zu stellen.
Die Antragsgegnerin hat zur Beschwerde der Antragstellerin keine weitergehende Stellungnahme abgegeben und auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen.
Das LG hat mit Beschluss vom 9.1.2007 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II.A. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Prozesskostenhilfe war der Antragstellerin nicht zu gewähren, da die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besitzt (§ 114 Satz 1 ZPO). Es ist der Antragstellerin nicht gelungen, den Klagegrund der beabsichtigten Klage in einer den Anforderungen des § 138 Abs. 1 ZPO entsprechenden Weise hinreichend substantiiert darzulegen.
1. Es kann im Ergebnis offen bleiben, ob die Antragstellerin die Behauptung zur Finanzierung beziehungsweise Vermittlung der Finanzierung des Bauvorhabens S. und zum Inhalt der Provisionsabsprache zwischen dem Zeugen J. und der Antragsgegnerin "ins Blaue hinein" vorgetragen hat. Der Vorwurf, die Prozesspartei habe aufs Geratewohl ins Blaue hinein vorgetragen, betrifft im Schwerpunkt beweisrechtliche Grundsätze: Nach richtiger Auffassung ist ein Beweisantritt nicht beachtlich, wenn der Beweisführer da...