Verfahrensgang
AG Neunkirchen (Aktenzeichen 2 II 1153/18) |
LG Saarbrücken (Aktenzeichen 5 T 83/19) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 28. August 2019 - 5 T 83/19 - abgeändert. Die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neunkirchen vom 6. Februar 2019 - 2 II 1153/18 - wird zurückgewiesen.
Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das Amtsgericht Neunkirchen hat dem Rechtsuchenden A. M. G. am 18. September 2018 antragsgemäß einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe für einen Widerspruch gegen einen Bescheid des Jobcenters erteilt. Die Beratung wurde durch den Beschwerdeführer, einen Rechtsanwalt, durchgeführt, der mit am 8. November 2018 über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) bei dem Amtsgericht eingereichtem Antrag seinen Vergütungsanspruch gegenüber der Landeskasse geltend gemacht hat. Dem Antrag war als eingescanntes Dokument eine Abbildung des Berechtigungsscheins beigefügt. In der Abbildung ist der Berechtigungsschein mit einer Diagonallinie durchgestrichen und mit dem handschriftlichen Zusatz "entwertet" versehen, außerdem sind der Kanzleistempel sowie die Unterschrift des Beschwerdeführers aufgebracht.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat den Vergütungsfestsetzungsantrag durch Beschluss vom 14. November 2018 zurückgewiesen, weil der Berechtigungsschein nicht im Original vorgelegt worden sei. Der Richter des Amtsgerichts hat der Erinnerung des Beschwerdeführers entsprochen und mit Beschluss vom 6. Februar 2019 die diesem zustehenden Gebühren und Auslagen antragsgemäß auf 121,38 EUR festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete, durch das Amtsgericht zugelassene Beschwerde der Landeskasse hat das Landgericht - Zivilkammer - den Vergütungsfestsetzungsantrag zurückgewiesen.
Das Landgericht, dessen Entscheidung in RVGreport 2019, 478 veröffentlicht ist, vertritt die Ansicht, der Beschwerdeführer könne seine Vergütung nur gegen Vorlage des Berechtigungsscheins im Original verlangen. Dies folge aus § 371 BGB sowie aus § 1 Nr. 2 der Beratungshilfeformularverordnung (BerHFV) i.V.m. dem Antragsformular in Anlage 2 zur BerHFV und sei nicht zuletzt deshalb geboten, um eine missbräuchliche Verwendung des Berechtigungsscheins auszuschließen. Da der Gesetzgeber bislang keine Regelung dazu getroffen habe, wie im elektronischen Rechtsverkehr Originalurkunden zu übermitteln seien, bestehe die Pflicht zur Vorlage des Originals auch bei einer elektronischen Einreichung des Vergütungsfestsetzungsantrags.
Mit der durch das Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer, der meint, es sei ausreichend, den Berechtigungsschein einem über das beA eingereichten Vergütungsfestsetzungsantrag als elektronisches Dokument beizufügen, seinen Vergütungsanspruch weiter. Das Landgericht hat der weiteren Beschwerde durch Beschluss vom 25. September 2019 nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Landeskasse hat von einer Stellungnahme in dem Verfahren über die weitere Beschwerde abgesehen.
II. Die weitere Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet (arg. e § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 RVG; vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 11. Juni 2019 - 1 Ws 265/19, BeckRS 2019, 28054 Rn. 6), ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 Satz 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Beteiligte des Verfahrens über die weitere Beschwerde sind der Beschwerdeführer und die Landeskasse als Beschwerdegegnerin. Der Rechtsuchende als durch die Beratungshilfebewilligung Begünstigter ist an dem Verfahren zur Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung gemäß § 55 RVG nicht beteiligt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. März 2019 - 1 BvR 1903/18, BeckRS 2019, 5273 Rn. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. April 2018 - L 9 AL 223/16 B, BeckRS 2018, 9957 Rn. 19; Mayer/Kroiß/Kießling, RVG, 7. Aufl., § 56 Rn. 6; Lissner, AGS 2019, 445, 447 f.). Er war daher auch nicht im Rubrum aufzuführen.
Die weitere Beschwerde ist begründet und führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Erinnerungsrichters. Der Beschluss des Beschwerdegerichts beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 6 Satz 2 RVG, § 546 ZPO).
Wird einem Rechtsuchenden Beratungshilfe (§§ 1, 2 BerHG) gewährt, richtet sich die Vergütung der Beratungsperson gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BerHG nach den für die Beratungshilfe geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 RVG wird die Vergütung auf Antrag durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Abs. 1 BerHG bestimmten Gerichts festgesetzt.
Zu dem Inhalt des Antrags ist im RVG geregelt, dass dieser eine Erklärung über die von der Beratungsperson bis zum Tag der Antragstellung erhaltenen Zahlungen zu ...