Entscheidungsstichwort (Thema)

Umfang der Erwerbsobliegenheit eines arbeitslosen Unterhaltspflichtigen

 

Leitsatz (amtlich)

Einem arbeitslosen Unterhaltspflichtigen ist es anzusinnen, sich um jede Art von Tätigkeit zu bemühen und auch Arbeiten für ungelernte Kräfte, Arbeiten zu ungünstigen Zeiten oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen anzunehmen. Hierbei hat er für die Suche nach Arbeit selbst die Zeit aufzuwenden, die dem Zeitaufwand eines vollschichtigen Erwerbstätigen entspricht.

 

Normenkette

ZPO § 127 Abs. 2; BGB § 1603

 

Verfahrensgang

AG St. Ingbert (Beschluss vom 01.08.2008; Aktenzeichen 11 F 70/08 UK)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des AG - FamG - St. Ingbert vom 1.8.2008 - 11 F 70/08 UK - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist das minderjährige Kind des Beklagten. In dem Verfahren 11 F 62/07 UK des AG - FamG - St. Ingbert wurde der Beklagte mit rechtskräftigem Urteil vom 19.10.2007 zur Zahlung von Kindesunterhalt an die Klägerin i.H.v. monatlich 257 EUR verurteilt. Aus der Ehe mit der gesetzlichen Vertreterin der Klägerin ist weiter das minderjährige Kind J. hervorgegangen, das im Haushalt des Beklagten, der wieder verheiratet ist, lebt.

Mit vorprozessualem Schreiben vom 14.2.2008 begehrte die Klägerin im Hinblick darauf, dass sie inzwischen das 12. Lebensjahr vollendet habe, von dem Beklagten einen Kindesunterhalt ab dem Monat Februar i.H.v. monatlich 288 EUR (Bl. 4 d.A.).

Mit einer am 12.3.2008 eingereichten und mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbundenen Klageschrift hat die Klägerin eine Abänderung des Urteils des AG - FamG - St. Ingbert vom 19.10.2007 - 11 F 62/07 UK - dahingehend begehrt, an sie beginnend mit dem 1.3.2008 Unterhalt i.H.v. 288 EUR monatlich im Voraus bis spätestens am dritten Werktag des jeweiligen Monats und rückständigen Kindesunterhalt für den Monat Februar i.H.v. 31 EUR zu zahlen.

Mit am 31.3.2008 eingegangenem Schriftsatz vom 24.3.2008 ist der Beklagte dem Klagevorbringen vollumfänglich entgegen getreten und hat im Wege der Widerklage beantragt, das Urteil des AG - FamG - St. Ingbert dahingehend abzuändern, dass er mit Wirkung ab Rechtshängigkeit an die Klägerin bis auf weiteres keinen Unterhalt zu zahlen habe. Zugleich hat er um Prozesskostenhilfe für sein Verteidigungsvorbringen und die Widerklage nachgesucht. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, nicht leistungsfähig zu sein. Im Oktober 2007 sei er arbeitslos geworden. Ab dem 11.2.2008 habe er einen befristeten Arbeitsvertrag mit der Fa. "... GmbH", [Ort], abgeschlossen. Für die Zeit vom 1.2.2008 bis 10.2.2008 habe er Arbeitslosengeld i.H.v. 322,50 EUR netto bezogen. An Arbeitsentgelt habe er für die Zeit vom 11.2. bis 29.2.2008 einen Betrag i.H.v. 778,46 EUR netto erhalten. Für die Monate März, April und Mai sei von einem Nettoverdienst i.H.v. 1.552,45 EUR auszugehen (Fix-Gehalt 750 EUR brutto, garantierte Fix-Umsatzprovision 1.100 EUR brutto, pro Urlaubstag Fixum von 60 EUR = 170 EUR/Monat). Ob und in welcher Höhe ab Juni 2008 Umsatzprovision gezahlt werde sei unklar, so dass nur ein belastbares Nettogehalt von 726,34 EUR einsetzbar sei. Dem gegenüber stünden berufsbedingte Fahrtkosten i.H.v. monatlich mindestens 445,50 EUR sowie Miete und Nebenkosten zzgl. Heizkosten i.H.v. 1114,55 EUR, so dass unter Berücksichtigung eines Selbstbehalts i.H.v. 900 EUR kein Unterhalt zu zahlen sei. Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 24.3.2008 nebst Anlagen Bezug genommen (Bl. 9 ff. d.A.).

Mit Schriftsatz vom 4.4.2008 hat der Beklagte darauf verwiesen, zum 15.4.2008 ordentlich und mit Schreiben vom 3.4.2008 außerordentlich gekündigt worden zu sein. Ferner habe er für März 2008 nur ein Gehalt i.H.v. 630,49 EUR ausgezahlt erhalten. Für die Zeit ab April 2008 erhalte er voraussichtlich Arbeitslosengeld, so dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht bestehe.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird (Bl. 45 ff. d.A.), hat das AG - FamG - dem Beklagten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht verweigert. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass grundsätzlich von einem belastbaren Nettoeinkommen des Beklagten i.H.v. monatlich 1500 EUR auszugehen sei. Dies gelte für den Monat März 2008, da eine Gehaltssumme in der behaupteten Höhe nicht nachvollziehbar sei. Im Übrigen sei für die Zeit ab April 2008 ein fiktives Einkommen i.H.v. 1.500 EUR netto zugrunde zu legen, weil der Beklagte nichts zu seinen Bewerbungsbemühungen oder der Erfolglosigkeit eines Vorgehens gegen die außerordentliche Kündigung vorgetragen habe. Fahrtkosten seien in Form der geltend gemachten Kilometerpauschale nicht abzugsfähig, auch sei eine Erhöhung des Selbstbehalts wegen der Mietkosten für die Anmietung eines Einfamilienhauses nicht gerechtfertigt. Ebenso wenig seien die Prozesskosten aus vorhergehenden Unterhaltsverfahren abzugsfähig.

Weiterhin hat das AG - FamG - der Klägerin ...

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